BER-Eröffnung mitten in einer Krise – Personalabbau und Investitionsstreichungen geplant

Die Baukatastrophe am neuen Hauptstadtflughafen scheint bewältigt, nach vielen Jahren rückt die Eröffnung näher. Nun wollten Verantwortliche und Mitarbeiter aufatmen. Doch es kommt anders.
Titelbild
«Wir werden in den nächsten Jahren etwa 400 Arbeitsplätze abbauen», kündigte Geschäftsführer Engelbert Lütke Daldrup an.Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/ZB/dpa
Epoch Times29. August 2020

Die Berliner-Brandenburger Flughafengesellschaft wird nach dem Start des neuen Hauptstadtflughafens BER noch länger Finanzhilfe brauchen als bislang geplant. Die schwere Krise der Luftfahrt lässt die bisherigen Annahmen zu Makulatur werden.

Der Staatsbetrieb schwenkt auf einen Sparkurs ein und setzt auf weitere Millionen-Zuschüsse Berlins, Brandenburgs und des Bundes.

Bisherige Businesspläne seien völlig irrelevant, sagte Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider am Freitag nach einer Sitzung des Kontrollgremiums neun Wochen vor der geplanten Inbetriebnahme des neuen Hauptstadtflughafens. Bretschneider: „Wir haben eine völlig neue Situation.“

BER-Krisenplan: Personalabbau, Verschiebung und Streichung von Investitionen

Und die stellt sich den Angaben zufolge so dar: Ein beispielloser Einbruch der Passagierzahlen in der schwersten Krise der Luftfahrt seit dem Zweiten Weltkrieg, keine Aussicht auf eine baldige Erholung und weiterhin Kosten durch den BER, weil es noch Jahre dauern wird, bis alle Rechnungen beglichen sind. Dazu geringe Chancen, dass Banken dem Flughafen jetzt Kredite zu annehmbaren Konditionen bieten. Die Gegenmaßnahmen: Personalabbau, Verschiebung und Streichung von Investitionen, staatliche Zuschüsse.

„Wir werden in den nächsten Jahren etwa 400 Arbeitsplätze abbauen“, kündigte Geschäftsführer Engelbert Lütke Daldrup an. Dies solle sozialverträglich und ohne betriebsbedingte Kündigungen geschehen – etwa indem Stellen von Kollegen nicht mehr besetzt werden, die gekündigt haben, die in Rente gehen oder deren Vertrag nicht verlängert wird. Schon in diesem Jahr fallen nach einem Einstellungsstopp 124 Stellen weg.

Bei dem staatlichen Unternehmen werden in einigen Jahren noch 1.700 bis 1.800 Menschen arbeiten, so die Planung. Dabei war schon vor der Corona-Krise klar gewesen, dass die Gesellschaft Personal abbauen würde, wenn erst der BER in Betrieb ist. Denn mit Tegel wird im November einer der beiden Flughafen-Standorte aufgegeben.

BER will 200 Millionen Euro in den nächsten Jahren einsparen

Nun wird der Sparkurs verschärft. Schon in diesem Jahr sinke die Mitarbeiterzahl um 124, sagte Lütke Daldrup. Zwischen 50 und 60 Millionen Euro würden im Unternehmen eingespart. 250 bis 260 Millionen Euro benötige man von den Eigentümern, sagte Lütke Daldrup. Das sind die Länder Berlin und Brandenburg sowie der Bund.

Für das nächste Jahr sieht die Rechnung so aus: Mehr als 200 Millionen Euro an Einsparungen im Unternehmen, 375 Millionen Euro von den Eigentümern – mindestens, denn der Wirtschaftsplan unterliegt Szenarien zum Verlauf der Corona-Pandemie. Dies ist das günstige Szenario unter der Annahme, dass es schon im Winter einen Impfstoff gibt.

Wahrscheinlicher sei das mittlere der drei Szenarien, sagte Lütke Daldrup. Dann würde Berlin im Jahresverlauf etwa die Hälfte der Passagierzahl von 2019 erreichen, als es knapp 35,6 Millionen waren. Bislang dachten die Verantwortlichen, dass der Flughafen von 2024 oder 2025 an seine Kosten einspielt. Davon redet nun niemand mehr. Näher wollen die Flughafenkontrolleure das am 9. Oktober besprechen, außerdem in einer Klausurtagung im Januar.

Pläne für Terminal 3 werden zurückgestellt

Dann dürfte auch klarer werden, welche Investitionen verschoben werden. Weil in den vergangenen Jahren immer mehr Menschen von und nach Berlin geflogen waren, wurde für die 2020er Jahre ein weiteres Terminal in Schönefeld geplant. Die Pläne für dieses Terminal 3 könnten nun möglicherweise erstmal in die Schublade gelegt werden.

Derzeit fliegen an den Flughäfen Tegel und Schönefeld etwa 30.000 Passagiere am Tag, das sind etwa 25 bis 30 Prozent der Vorjahreszahl. „Wir erwarten zum Herbst eher wieder leicht rückläufige Zahlen“, sagte Lütke Daldrup. Grund seien zunehmende Reisewarnungen und die Entscheidung von Bund und Ländern zu verschärften Quarantäne-Regeln und zum Ende von kostenlosen Corona-Tests an den Flughäfen.

Am 31. Oktober werden Lufthansa und EasyJet die ersten Passagiere bringen

Damit eröffnet der neue Hauptstadtflughafen – wenn nichts mehr dazwischen kommt – am 31. Oktober mitten in der Krise. Wegen der wenig schmeichelhaften Geschichte von Baumängeln und abgesagten Eröffnungsterminen ist keine große Feier vorgesehen. „Es wird eine kleine Veranstaltung sein“, sagte Lütke Daldrup. Erwartet würden „die Spitzen der Gesellschafter, der Aufsichtsrat und einige weitere Prozesspartner“. Auch der Abschied vom Flughafen Tegel am 8. November werde kleiner ausfallen als gedacht, sagte Lütke Daldrup.

Lufthansa und EasyJet werden die ersten sein, die Passagiere zum neuen Hauptstadtflughafen BER bringen. Maschinen der beiden Fluggesellschaften sollen am 31. Oktober gleichzeitig auf den beiden Landebahnen aufsetzen und am neuen Terminal in Schönefeld andocken, wie die Flughafengesellschaft ankündigte. Die ersten Starts solle es am nächsten Tag durch Easyjet geben. Ob das Zusatzterminal T2 dann im November schon ans Netz gehen kann, soll im September feststehen. (dpa)



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion