Bruch des Westens mit Russland macht China den Weg frei – Kredite fast vervierfacht

Der Bruch des Westens mit Russland hat bereits ein Jahr nach Beginn des Ukraine-Krieges Chinas Einfluss im Nachbarland gestärkt. Die Ausweitung der Kreditsumme chinesischer Banken in Yuan drängt auch den US-Dollar zurück.
Russland hat zuletzt deutlich mehr Öl nach China exportiert.
Russland hat zuletzt deutlich mehr Öl nach China exportiert.Foto: Igor Russak/dpa
Von 7. September 2023

Der Krieg in der Ukraine hat für die meisten westlichen Staaten eine Begründung für den endgültigen Bruch mit Russland geschaffen. Mit Sanktionen wollte man Moskau zu einem Ende der Kampfhandlungen zu westlichen Bedingungen zwingen. Tatsächlich hat man auf diese Weise vor allem China einen Markt überlassen, den das KP-Regime bereitwillig besetzt. Und der wirtschaftliche Einfluss Pekings im Nachbarland wird stetig größer – auf Kosten westlicher Akteure.

Kreditvolumina belegen Ausweitung der Beziehungen zwischen China und Russland

Einem Bericht der „Financial Times“ zufolge haben die vier größten chinesischen Banken ihre Kreditsumme in Russland fast vervierfacht. Belief sich diese zu Beginn des Jahres 2022 noch auf umgerechnet 2,2 Milliarden US-Dollar, lag sie bereits im März des laufenden Jahres bei 9,7 Milliarden.

Den Löwenanteil daran hatten die Industrial and Commercial Bank of China (ICBC) und die Bank of China. Beide zusammen haben allein den Gegenwert von umgerechnet 8,8 Milliarden US-Dollar in Yuan in die russische Wirtschaft gepumpt. Die übrigen Mittel kamen von der China Construction Bank und der Agricultural Bank of China.

Die „Kyiv School of Economics“ aus deren Analyse diese Zahlen hervorgehen, feiert die Entwicklung als „Erfolg der westlichen Sanktionen“. Kritische Stimmen hingegen verweisen darauf, dass China damit gleichsam ohne größere Anstrengungen seinen Einfluss im eurasischen Raum ausweiten kann. Darüber hinaus gewinnt der Yuan als Reservewährung dort immer mehr an Bedeutung – auf Kosten des US-Dollars und erst recht des Euros.

KP-Regime will Yuan zur global führenden Währung machen

Vor dem Ukraine-Krieg 2022 erfolgte die Bezahlung von Russlands Exporten zu mehr als 60 Prozent in US-Dollar oder Euro. Der chinesische Yuan hatte hingegen nur eine untergeordnete Bedeutung. Mittlerweile ist sein Anteil auf 16 Prozent gestiegen – mit stark steigender Tendenz. Demgegenüber ist der Anteil westlicher Währungen um mehr als die Hälfte geschrumpft.

Dem KP-Regime in China kommt die Entwicklung zupass. Dort strebt man ohnehin an, die Landeswährung als weltweite Alternative zum US-Dollar zu verankern. Eine mögliche BRICS-Währung ist noch weitgehend Zukunftsmusik, die US-Währung hingegen würde auch durch einen Bedeutungszuwachs des Yuan an Einfluss einbüßen.

Bereits im Frühjahr wies die Nachrichtenagentur „MercoPress“ darauf hin, dass der Anteil der Tauschgeschäfte, in die Rubel und Yuan involviert waren, stetig steige. Einem Bericht der russischen Zentralbank zufolge hatte dieses Paar auf dem Devisenmarkt des Landes im März 39 Prozent der Transaktionen ausgemacht. Das sei ein neuer Höchstwert.

Hingegen machten Transaktionen zwischen US-Dollar und Rubel nur noch 34 Prozent aus – was einen Minusrekord markierte. Auch beim Handelsvolumen an der russischen Börse hatte der Yuan den US-Dollar bereits im Februar übertroffen. Mittlerweile setzt unter anderem der russische Einzelhandelsriese „Ozon Holding“ auf den Yuan für Transaktionen mit Auslandsbezug.

Starke Dynamik im bilateralen Handel mit China

Die Bedeutung des Yuan und die Ausweitung des chinesischen Einflusses in Russland spiegeln sich auch in den bilateralen Handelsdaten wider. Bereits im ersten Quartal hatte das bilaterale Handelsvolumen zwischen beiden Nachbarstaaten ein Plus von 38,7 Prozent gegenüber 2022 zu verzeichnen.

Verbunden war dies mit einer starken Dynamik – und das Wachstum des bilateralen Handels mit Russland übertraf jenes des Außenhandels Chinas insgesamt. Vor allem der Energiesektor spielte dabei eine bedeutende Rolle. Auf diesen entfielen mehr als 40 Prozent des bilateralen Warenhandels.

Im März erreichte der bilaterale Handel zwischen Russland und China ein Gesamtvolumen von umgerechnet 20,07 Milliarden US-Dollar. Das war auf der Grundlage des Vergleichs chinesischer Zolldaten ein Plus von 77 Prozent im Jahresvergleich.

Zusammenarbeit zwischen Moskau und Peking über reinen Rohstoffhandel hinaus

Der Präsident des Contemporary China-Russia Regional Economy Research Institute, Song Kui, spricht von einer „pragmatischen wirtschaftlichen Zusammenarbeit“. Diese habe sich zu einem „unaufhaltsamen Trend“ entwickelt. Er rechnet mit einer Überschreitung der 200-Milliarden-US-Dollar-Schwelle im bilateralen Handel zwischen Russland und China noch in diesem Jahr.

Bereits im Vorjahr hatte dieser einen Rekordwert von umgerechnet 190,27 Milliarden US-Dollar erreicht. Neben dem Energiesektor hatten dabei Chinas Exporte von mechanischen und elektrischen Produkten, Automobilen und Autoteilen einen wesentlichen Anteil. Bereits seit 13 Jahren ist China Russlands größter Handelspartner.

Die Russische Föderation ist zudem einer der wichtigsten Energielieferant Chinas. Zu Beginn waren die bilateralen Geschäfte in diesem Bereich früher auf den reinen Rohstoffhandel mit Öl und Erdgas beschränkt. Mittlerweile geht es vermehrt auch um eine industrielle Zusammenarbeit in der Exploration und Raffination von Öl und Gas.

Österreichs Raiffeisen als eine der letzten westlichen Banken in Russland

Offiziellen Daten zufolge bezog China im Jahr 2022 mehr als 6,5 Millionen Tonnen Flüssigerdgas und 86,25 Millionen Tonnen Rohöl aus Russland. Bereits seit 2015 arbeiten beide Länder auch an der Errichtung der Amur-Erdgasaufbereitungsanlage. Diese soll perspektivisch bis zu 42 Kubikmeter jährlich nach China liefern. Geplant ist auch eine Intensivierung der Zusammenarbeit beim Ausbau erneuerbarer Energien, der Kernkraft und der Wasserstofftechnologie.

Zu den letzten verbliebenen westlichen Bankinstituten, die in Russland vertreten sind, gehört die österreichische Raiffeisen Gruppe. Im März des Jahres hat sie ihr Geschäftsvolumen in der Russischen Föderation sogar um mehr als 40 Prozent auf 29,2 Milliarden US-Dollar erhöht. In der Zwischenzeit ist dieser Wert allerdings wieder auf etwa 25,5 Milliarden US-Dollar abgesunken, wie die Untersuchung der „Kyiv School of Economics“ erkennen lässt.



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