Brüssels E-Fuels-Forderung: Verband warnt vor Verbrenner-Verbot durch die Hintertür
Noch im vergangenen März hatte sich Bundesverkehrsminister Volker Wissing dafür gerühmt, auf EU-Ebene ein vollständiges Verbrenner-Verbot ab 2035 verhindert zu haben. Demnach sollten Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, die ausschließlich CO₂-neutrale Kraftstoffe tanken, weiterhin zugelassen werden dürfen. Damit sollte der Weg frei sein für sogenannte E-Fuels – klimaneutrale künstliche Kraftstoffe, die mit Ökostrom erzeugt werden.
Schon damals gab es Anzeichen dafür, dass möglicherweise beide Seiten nicht die gleiche Interpretation des Kompromisses teilen könnten. So ging man in der EU-Kommission davon aus, dass vor allem Einsatzfahrzeuge von der Einigung erfasst sein sollen. Wissing hingegen geht davon aus, dass alle Fahrzeuge von der E-Fuel-Ausnahme profitieren können sollten.
Zulassung von E-Fuels könnte an Details scheitern
Bis Herbst sollte die EU-Kommission einen Vorschlag für ein Regelwerk erarbeiten, wie nach 2035 eine Zulassung für mit E-Fuels betriebene Fahrzeuge möglich werden kann. Das hat Brüssel jetzt getan – und nach Auffassung von Beobachtern hat das Ergebnis wenig mit dem Ansinnen Wissings gemein.
Wie die „Welt“ berichtet, schlägt der Verband „E-Fuels-Alliance“ Alarm. Der Entwurf aus Brüssel für eine Regelung der Ergänzung zur einschlägigen Zulassungsrichtlinie 2017/1151 sei höchst tückisch formuliert. In seinen Feinheiten versteckten sich Vorgaben, die im Ergebnis den von Wissing erkämpften Kompromiss zum Verbrennerverbot zur Makulatur erklärten.
Konkret geht es um die Definition von „CO₂-neutralen Kraftstoffen“, die sich in dem Entwurf finde. Bezug nimmt die Kommission dabei auf die Direktive (EU) 2018/2001 und die darin beschriebene Methodik. Im Einklang mit dieser wären „erneuerbare flüssige und gasförmige Kraftstoffe nicht-biologischen Ursprungs“ allerdings nur bei einer „Treibhausgas-Ersparnis von mindestens 100 Prozent“ CO₂-neutral.
Für Elektroautos sollen großzügigere Regeln gelten als für E-Fuels
Der Teufel steckt aus Sicht des Verbandes im Detail. Zwar würde bei der Verbrennung von E-Fuels nicht mehr CO₂ freigesetzt, als im Wege der Produktion der Atmosphäre entnommen worden wäre. In diesem Sinne wären die künstlichen Treibstoffe zweifellos CO₂-neutral.
Die auf der bezeichneten EU-Direktive beruhende Methodik würde jedoch noch weiteres anfallendes CO₂ einrechnen. Vor allem Transport, Lagerung und Verteilung der E-Fuels wären mit dessen Freisetzung verbunden. Bezüglich dieser Bereiche könne man jedoch eine vollständige Abwicklung mithilfe erneuerbarer Energien nicht gewährleisten. Ralf Diemer, Geschäftsführer der E-Fuel Alliance, äußert dazu:
Eine hundertprozentige Emissionsreduktion ist daher so gut wie unmöglich. Das gilt für alle Technologien, auch für die Elektromobilität.“
Für diese verlange die Kommission jedoch keine entsprechend umfassende Klimaneutralität. Von daher entstehe der Eindruck, als ob Brüssel das Verbrennerverbot nun auf Umwegen anstrebe.
BMW-Chef warnte vor übereiltem Verbrennerverbot
Der Verband fordert die Festschreibung einer CO₂-Reduktion um 70 Prozent als ausreichend für die Zulassung klimaneutraler künstlicher Kraftstoffe. Zudem wäre es sinnvoller, den Kohlenstoffdioxidausstoß über den gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeugs als Kriterium heranzuziehen.
In der derzeitigen Form sei der Vorschlag der Kommission jedoch so formuliert, dass ein Ende des Verbrennermotors im Jahr 2035 nicht zu verhindern wäre. Erst zu Beginn des Monats hatte BMW-Chef Oliver Zipse in mehreren Interviews vor einem EU-weiten Verbrennerverbot mit der Brechstange gewarnt.
Der BMW-Chef hält zum einen die Ziele bezüglich der angestrebten Anzahl an Zulassungen für E-Autos nicht für realistisch. Zum anderen sei es nicht absehbar, dass bis 2035 eine ausreichende Ladeinfrastruktur für eine so hohe Zahl an Elektroautos bestehen würde. Die EU hat im Juli eine Verordnung erlassen, der zufolge mindestens alle 60 Kilometer eine Ladestation für E-Autos stehen müsse.
Zipse wies außerdem darauf hin, dass nicht ausreichend Rohstoffe für die Produktion der E-Autos und ihrer Batterien vorhanden seien. Dies berge das Potenzial für Abhängigkeit in sich. Es sei „brandgefährlich“, einen Exit aus dem Verbrenner vorantreiben zu wollen, ohne eine anderweitige Entry-Strategie zu haben.
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