Culture Action Europe: „Versuchen Sie, sich ein Land ohne Kultur vorzustellen – was bliebe da noch übrig?“

Die Kulturbranche in Europa leidet unter der Corona-Krise. Künstler, Performer und kulturelle Einrichtungen erhoffen sich zusätzliche Finanzhilfe, um die Kulturszene am Leben zu erhalten.
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Das Grand Rex, Pariser Wahrzeichen des Art Déco, das während des Zweiten Weltkriegs mit 2.800 Sitzplätzen geöffnet blieb, schließt vorübergehend wegen der anhaltenden Corona-Pandemie und des Mangels an Blockbuster-Filmen.Foto: Kiran Ridley/Getty Images
Von 13. August 2020

In der sogenannten „neuen Normalität“ fehlen nicht nur sonnige Tage in Spanien oder Italien, sondern auch gemeinsam erlebte Kultur – oder wie Ocke Banixen vom „NDR“ in einem Podcast verlauten ließ: „Mir fehlt das Klatschen“. Unsere „Ausgeh-Kultur“ wurde beschädigt.

Ein Fünkchen Hoffnung auf volle Veranstaltungssäle und gegenseitigen Kulturaustausch kam bei Banixen auf, als die Lockerungen der Corona-Maßnahmen angekündigt wurden. Wenn man plötzlich zu Ikea darf, könnte man sich doch bald im Museum treffen oder zusammen ein Musical anschauen? Doch dem war nicht so, wie die Künstler feststellten.

Unsicherheit in der Kunstbranche

Theater, Kinos, Kulturvereine und Museen leiden immer stärker unter der Krise und sind verunsichert, wie es überhaupt weitergeht. Selbst wenn eine deutsche Stadt sich für eine Großveranstaltung einsetzt – wie im Falle von Düsseldorf – gibt es heftige Kritik für „falsche Signale“. Das verunsichert die Branche.

Und auch, wenn einige kleinere Veranstaltungen wieder erlaubt sind, ist es für die Veranstalter mit noch mehr Kosten verbunden, da sie für die Sicherheitsmaßnahmen sorgen müssen. 

„Ich höre von Unternehmen, die normalerweise 80 Prozent ihrer Einnahmen mit Tourneen erzielen – oft das meiste davon zwischen Mai und August – dass sie wirklich Probleme haben“, sagte Stéphane Segreto-Aguilar „Politico“. Er leitet Circostrada, ein europäisches Netzwerk von Zirkus- und Straßenkünstlerinnen und -künstlern.

Akrobaten und Tänzer dürfen seit Monaten nicht in ihren Proberäumen und Studios trainieren. Daher sind kurzfristig organisierte Aufführungen schwer – die Performer sind einfach nicht fit genug. Die Furcht vor möglichen weiteren Infektionswellen macht es laut Segreto-Aguilar fast unmöglich, im Voraus zu planen.

Wir sehen bereits, dass in Teilen Europas die Sperren wieder aufgehoben werden und Ereignisse, die wieder auf dem richtigen Weg waren, wieder abgesagt werden, wie in Katalonien.“

Die finanzielle Hilfe fällt in den europäischen Ländern unterschiedlich aus

In den meisten europäischen Ländern ist die Politik auf die Nöte der Künstler und Veranstalter eingegangen. Die Unterstützung fiel sehr unterschiedlich aus. Manche Länder haben nur „bescheidene Zuschüsse und Darlehen“ versprechen können, in anderen wurden wiederum „milliardenschwere Programme“ beschlossen.

Als positives Beispiel hat „Politico“ Deutschland genannt, mit seinem Paket über eine Milliarde Euro für die Künste. Deutschland hat langfristig in Kultur investiert, weil „es ein Land ist, das es sich leisten kann und will“, sagte Katharina Schmitt gegenüber „Politico“. Sie ist Regisseurin und Dramatikerin und arbeitet in Deutschland und in der Tschechischen Republik. Die öffentlichen Subventionen hätten in beiden Ländern viele Veranstaltungsorte vor dem Ruin bewahrt, sagte sie.

In Großbritannien hingegen sieht es nicht so rosig aus. Die staatliche Unterstützung ist „traditionell wenig“ und die Veranstalter sind vom Kartenverkauf abhängig. Die gut laufenden Shows in London wie „Hamilton“ oder „Les Miserables“ sind bis 2021 abgesagt.

Im Juli hat nun die britische Regierung ein Rettungspaket in Höhe von 1,57 Milliarden Pfund für die Künste beschlossen. Die Zuschüsse unterstützen Kosten, die zwischen dem 1. Oktober 2020 und dem 31. März 2021 anfallen und es einem Veranstaltungsort ermöglichen, geöffnet zu bleiben. Zu den erstattungsfähigen Kosten gehören vor allem „Entlassungsabfindungen, wenn Entscheidungen zum Personalabbau getroffen wurden“ sowie „Schulden, die als direkte Folge der Corona-Pandemie entstanden sind“, heißt es in dem Leitfaden des Rettungspakets. 

Rettungspaket der EU beträgt 1,64 Milliarden Euro

Die Europäische Union beschloss eine Erhöhung der Summe eines Rettungspakets für die Künste und zwar auf 1,64 Milliarden Euro. Diese liegt nun bei Creative Action Europe, einer Organisation der Europäischen Union. 

Kritiker argumentieren, dass Kultur in Zeiten wie diesen ein Luxus sei, und doch schätzen die EU-Bürger sie ganz klar, sagt Tere Badia, Generalsekretär von Culture Action Europe. Sie hätten das Lockdown mit Fernsehsendungen und Online-Angeboten verbracht, so Badia.

„Kultur ist ein grundlegender Teil des europäischen Projekts“, sagte Badia. „Sie ist nicht irgendein Bereich, sie bindet uns zusammen. Versuchen Sie, sich ein Land ohne Kultur vorzustellen – was bliebe da noch übrig?“



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