Die Qual mit der Moral

Verbraucher lösen Dilemmata, indem sie sich geistig „loslösen“, wenn sie Produkte kaufen, die in Ausbeutungsbetrieben hergestellt werden oder von Firmen verkauft werden, die Lücken in den Arbeitsgesetzen ausnutzen.
Titelbild
Eine Fabrikarbeiterin in einem „Sweatshop“, einem Ausbeutungsbetrieb, in Kambodscha. (Tang Chhin Sothy/Getty images)
Von 18. März 2009

In einer kürzlich von der Harvard-Universität veröffentlichten Studie stellen Forscher fest, dass das Verlangen nach dem Besitz von Waren über ethisches und moralisches Verhalten gestellt wird, was auf Dauer zur Normalität wird.

Dieser Studie zufolge stehen Preisnachlässe über dem Wissen, dass Schuhe, elektronische Geräte, Spielwaren, Jeans und andere Waren in Ausbeutungsbetrieben hergestellt wurden.

„Ethische Entscheidungen werden dadurch verzerrt, dass sich die Menschen selbst als moralisch, kompetent und verdienstvoll ansehen und meinen, nicht anfällig für Interessenskonflikte zu sein“, vermuteten die Forscher in einer weiteren Studie der Harvard-Universität mit dem Titel „Die ethische Fata Morgana: eine provisorische Erklärung, warum wir nicht so ethisch sind wie wir zu sein glauben.“

Die Entschuldigung „jeder tut es“ und andere moralisch irreführende Überlegungen „setzen eine Abwärtsspirale für zukünftiges schlechtes Verhalten und noch dehnbarere Moralstandards in Gang … .und wenn schlechtes Verhalten über Fragen der Moral gestellt wird, beugen die Menschen ihre moralischen Glaubenshaltungen, damit sie zum vorangegangenen Verhalten passt,“ behaupteten die Forscher kürzlich in einer dritten Harvard-Studie zum Themenkreis Konsumverhalten und Moral.

Laut Studie mangelt es der Wall Street an Moral

Wall Street-Makler, Investoren, Ratgeber, Berater und andere, die an Investitionen beteiligt sind, „würden das Gesetz brechen, wenn sie glauben, dass sie viel Geld machen und damit verschwinden können“ sagten 71 Prozent der Teilnehmer der Harris Poll-Umfrage „American Attitudes to Wall Street” (Die Einstellung der Amerikaner zur Wall Street) vom Februar.

Dies ist das höchste Umfrageergebnis zu diesem Thema, das jemals erfasst wurde. Das zweithöchste Umfrageergebnis von 64 Prozent wurde 1996 ausgewiesen.

Im Jahr 2009 stimmten 26 Prozent der befragten Menschen mit der Feststellung überein, dass „die Menschen an der Wall Street im allgemeinen so ehrlich und moralisch sind wie andere Menschen“. Dies zeigt einen Rückgang von 15 Prozent gegenüber 2008 auf. Alle anderen Befragten haben eine negative Sicht auf die Wall Street-Unternehmer.

Die Ergebnisse sind jedoch weder schwarz noch weiß. Mehr als 50 Prozent der Amerikaner glauben, dass die Wall Street ein notwendiges Übel ist und mehr als 60 Prozent glauben, dass Banken, Finanzinstitute und die Wall Street lebensnotwendig für das Florieren der amerikanischen Wirtschaft sind, nehmen aber diejenigen davon aus, die diese Institutionen führen.

„Sie neigen zu der Sichtweise, dass notwendige und wertvolle Institutionen von unehrlichen und unmoralischen Menschen geführt werden“, sagte  einer der Befragten. Nur 29 Prozent der im Februar Befragten glauben, dass die SEC (U.S. Security and Exchange Commission – US-Wertpapieraufsichtsbehörde) dem öffentlichen Interesse dient, was einem Rückgang von 42 Prozent gegenüber 2007 entspricht. Manche Analysten meinen, dass die SEC es nicht schaffte einige der kürzlich entdeckten Multimillionen-Dollar-Schneeballsysteme aufzudecken.

Vernichtender Bericht über die Tätigkeiten von Ausbeutungsbetrieben

Ein neuer Bericht deckte auf, dass manche Elektronikprodukte, die für den Verkauf in den USA bestimmt sind und für die
Lenovo Group Ltd., Hewlett-Packard Co. (HP), International Business Machines Corp., Dell Inc., und Microsoft Corp. produziert werden, in der Umgebung von Ausbeutungsbetrieben (sogenannten „Sweatshops“) von der in taiwanesischem Besitz befindlichen Mae Tay Plastic Co., Ltd. in der Stadt Dongguan in der Provinz Guangdong hergestellt werden.

Ein bissiger Bericht mit dem Titel „High Tech Misery in China” über Ausbeutungsbetriebe in der chinesischen Fabrik Mae Tay wurde im Februar vom Nationalen Arbeitskomittee der USA veröffentlicht.

Laut Bericht werden die Mae Tay-Arbeiter vier Tage pro Woche im Fabrikgebäude eingesperrt. Sie werden um einen großen Teil ihrer Bezahlung betrogen, wenn sie zwei Minuten zu spät kommen, wenn die Fingernägel nicht genau so lang geschnitten sind, wie es die Fabrik vorschreibt, wenn sie beim Hineingehen in die Fabrik auf dem Gras laufen, wenn sie es wagen, am Sonntag nicht zu arbeiten, wenn sie nicht 74 Stunden pro Woche arbeiten wollen und bei allen anderen Verstößen, die von der Firmenleitung als solche aufgefasst werden.

Die in dem Bericht genannten US-Firmen behaupteten, dass Mae Tay ein indirekter Lieferant ist und sie daher keine Kontrolle oder Kenntnisse von den Unternehmungen in diesen Fabriken haben.

„Mae Tay [wird Mei Tai ausgesprochen] ist kein direkter Lieferant von Dell, aber diese Firma ist Teil unserer Versorgungskette,“ sagte Tod Arbogast, eine Führungskraft bei Dell, in einem Brief an das NLC. „Wir haben festgestellt, dass Mae Tay kein direkter Lieferant von HP ist, aber ein Lieferant von zwei unserer Lieferanten,“ stand in einem Brief von HP. Diese Firmen rechtfertigten ihr Verhalten als ehrlich, moralisch und ethisch, weil sie zur EICC (Electronic Industry Citizenship Coalition) zählen, einer Vereinigung, die einen Verhaltenskodex erstellt und von ihren Mitgliedern verlangt sich danach zu richten.

Lieferanten müssen sich dementsprechend verhalten und werden regelmäßig auf Einhaltung überprüft. Der einzige Vorbehalt besteht darin, dass nur direkte und nicht indirekte Lieferanten überprüft werden.

Erschienen in The Epoch Times Deutschland Nr. 11/09

Eine Fabrikarbeiterin in einem „Sweatshop“, einem Ausbeutungsbetrieb, in Kambodscha. (Tang Chhin Sothy/Getty images)
Eine Fabrikarbeiterin in einem „Sweatshop“, einem Ausbeutungsbetrieb, in Kambodscha. (Tang Chhin Sothy/Getty images)


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