Digitaler Euro soll das Bargeld ergänzen – Wie lassen sich die Nutzer überzeugen?

Ein Problem des digitalen Euro ist bei den deutschen Bargeldliebhabern die Akzeptanz des Geldes. Die EZB ist sich dessen bewusst. Heute beginnt die nächste Phase der Währungseinführung - die konkrete Ausgestaltung der Währung. Debattiert wird eine Grenze für Digitaleuros für Verbraucher von 3.000 Euro.
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Anonymes Einkaufen ist mit einem digitalen Euro kaum noch möglich.Foto: iStock
Epoch Times15. Juli 2021

Am 14. Juli beschloss der Rat der EZB den offiziellen Start eines Pilotprojekts, mit dem die Einführung eines digitalen Euro vorbereitet wird.

„Konkret bedeutet das, dass wir die erforderlichen Ressourcen bereitstellen, um ein marktfähiges Produkt zu entwerfen“, erklärte die Zentralbank. „Wir werden jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden, ob ein digitaler Euro eingeführt wird oder nicht“. Die Währungshüter betonen: „In jedem Fall würde ein digitaler Euro das Bargeld nur ergänzen und nicht ersetzen.“

Die Bundesbank, die zunächst dem digitalen Euro skeptisch gegenüberstand, unterstützt nun ebenso wie führende Politiker und die Verantwortlichen der Zentralbank eine Einführung des digitalen Euro.

„Es geht um nichts Geringeres als um die digitale Souveränität der Europäer“, sagt der Bundestagsabgeordnete, Digitalexperte und Befürworter des digitalen Euros, Thomas Heilmann.

Zentralbank als Konkurrenz zu Paypal und Visa

Der digitale Euro, manchmal auch E-Euro genannt, soll im Prinzip eine elektronische Version von Euroscheinen und Centmünzen sein. Geworben wird damit, dass alltägliche Zahlungen „schnell, einfach und sicher“ sein sollten.

Die Einführung würde auch bedeuten, dass Bürger und Unternehmen erstmals ein Guthaben direkt bei der EZB haben.

Der Zugang soll kostenlos sein, Zahlungen könnten beispielsweise via Smartphone oder Karte erfolgen. Damit könnte die in Frankfurt am Main ansässige Zentralbank auch mit ausländischen Zahlungsdienstleisters wie Visa oder Mastercard und Diensten wie Paypal konkurrieren – in diesem Segment sind bislang keine starken europäischen Akteure präsent.

Zugleich hebt die EZB hervor, dass der digitale Euro das Bargeld ergänzen und keinesfalls ersetzen soll. Wie genau die technische Umsetzung aussehen soll, lotet die EZB noch aus.

Die Kundendaten sollen der EZB nicht bekannt sein, statt dessen soll sich der Kunde durch einen fälschungssicheren EU-Identitätsnachweis ausweisen. Dieser anonymisierte Ausweis, der zudem den Datenschutzregeln entsprechen sollen, existiert noch nicht.

Einlagensicherung bis 3.000 Euro?

Wenn viele Bürgerinnen und Bürger statt auf klassische Konten verstärkt auf den digitalen Euro setzen, könnte das die Privatkundenbanken in der Eurozone schwächen. In Krisenzeiten könnte dieses Risiko nochmals ansteigen, wenn Sparer einen möglichst sicheren Hafen für ihr Geld suchen.

Um dieses Risiko oder einen „Bank Run“ – also einen Kundenansturm auf die Banken – zu vermeiden, gilt es als wahrscheinlich, dass die EZB die Menge an Digitaleuros begrenzt, die Verbraucherinnen und Verbrauchern in ihren virtuellen Geldbörsen halten können. EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta hat eine Grenze von rund 3.000 Euro ins Spiel gebracht.

In Betracht ziehen wird die EZB überdies, welche Anforderungen an den Datenschutz nötig sind und wie sich Geldwäsche verhindern lässt. Die womöglich größte Herausforderung könnte nach Einschätzung von Deutsche-Bank-Analystin Heike Mai sein, wie sich Nutzer davon überzeugen lassen, zu einer neuen Bezahlmethode zu wechseln, die sich von den existierenden kaum unterscheidet.

Ein Problem: Akzeptanz

Der digitale Euro führt zu komplexen rechtlichen Anpassungen, die Details notwendiger Gesetzesänderungen sind noch offen. Ein Problem ist, dass der digitale Euro kein anonymes Zahlungsmittel ist. Transaktionen sind – im Gegensatz zum Bargeld – einfach nachvollziehbar. Bei vielen Bürgern hat Digitalgeld daher ein Akzeptanzproblem.

Die EZB ist sich des Themas bewusst. In welchem Umfang die Nutzung eines digitalen Euros für Dritte nachvollziehbar sein soll oder muss, wird debattiert.

Im Paper „Report on a digital euro“ wird erwogen, ob und dass Transaktionen abhängig vom Typ der Überweisungen gegenüber staatlichen Stellen anonym beziehungsweise pseudonym erfolgen könnten. Bei Transaktionen wie dem täglichen Einkauf könnte das relevant sein. Bei anderen Transaktionen (large-value-transactions) könnte es weiterhin eine Pflicht zur Identifizierung geben.

Digitaler Euro soll geringere Kosten bringen

Zugleich hob EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta in einem Blogeintrag die Vorteile eines digitalen Euro hervor: „Wir stehen am Beginn der Ära des digitalen Geldes.“ Digitalisierung dringe „in alle Bereiche unseres Lebens vor“; Einkäufe würden zunehmend digital und online erledigt, die Bedeutung von Bargeld als Zahlungsmittel lasse nach.

Private Lösungen für digitale und Online-Zahlungen böten zwar wichtige Vorteile wie Komfort und Geschwindigkeit – zugleich seien sie aber auch mit Risiken verbunden, was Datenschutz, Sicherheit und Zugänglichkeit betreffe. „Und für manche Nutzer sind sie unter Umständen teuer“, fügte Panetta hinzu. Noch immer würden digitale Zahlungen eher von Verbrauchern mit höherem Einkommen vorgenommen.

Für die Verbraucherinnen und Verbraucher würden mit einem digitalen Euro geringere Transaktionskosten anfallen, erklärte die EZB. Zudem würde er für Sicherheit sorgen: „Genau wie Bargeld wäre ein digitaler Euro Zentralbankgeld und daher mit keinerlei Risiken verbunden – es gäbe kein Liquiditätsrisiko, kein Kreditrisiko, kein Marktrisiko“.

Außerdem würde der digitale Euro demnach „von der Zentralbank ausgegeben, die kein Interesse an der kommerziellen Verwertung von Nutzerdaten hat“.

Die zweite Phase beginnt – Geldeinführung 2026?

Darüber hinaus verwies die EZB darauf, dass Zentralbankgeld mit Einführung eines digitalen Euro „weiterhin das Herzstück des Zahlungssystems“ wäre. Dies würde auch „die Autonomie Europas im Zeitalter des digitalen Geldes untermauern“.

Erste Vorbereitungen zur potenziellen Einführung sind bereits abgeschlossen. Die nächste Phase, bei der die konkrete Ausgestaltung im Fokus steht, dauert nun vermutlich rund zwei Jahre.

„Nach Ablauf dieser zwei Jahre möchten wir bereit sein, mit der Entwicklung eines digitalen Euro zu beginnen“, erklärt Panetta. Dies könnte demnach rund drei Jahre dauern. Das heißt: Vor 2026 würde ein digitaler Euro wohl nicht kommen.

„Smart contracts“

Laut IBM werden allein beim Transport von Obst etwa 200 Papiere und Formulare ausgefüllt – Lade- und Lieferscheine, Zollunterlagen, Rechnungen, Quittungen bei den Zwischenhändlern und andere, die auf jeder Zwischenstufe anfallen. Das kann entfallen, wenn die entsprechenden IT-Systeme alle die digitale Währung verstehen und akzeptieren.

Die gesamte Lieferkette würde als ein „Smart Contract“ auf einer Art digitalem Vertrag basieren. Die Bedingungen der Vereinbarung zwischen „Käufer“ und „Verkäufer“ werden dabei direkt in Codezeilen geschrieben. Bei zuvor festgelegten Ereignissen (beispielsweise eine Lokalisierung über GPS) veranlasst der Algorithmus automatisch eine Transaktion, die keiner menschlichen Überwachung bedarf. Ausgeführt werden im Prinzip Wenn-Dann-Regeln.

Derartige Verträge gelten als „intelligente Verträge“, wobei die Programmierung dem gesetzlichen Vertragsabschluss entspricht.

Europa sollte nicht den Anschluss verlieren

Der Bundesverband deutscher Banken begrüßte die EZB-Entscheidung, das Projekt nun voranzutreiben. „Europa darf beim digitalen Geld nicht den Anschluss an die USA oder China verlieren“, erklärte Hauptgeschäftsführer Andreas Krautscheid. „Unsere Industriekunden brauchen neue digitale Bezahlverfahren, um international wettbewerbsfähig zu bleiben.“

Nach Angaben des Digitalverbands Bitkom wollen mehr als drei Viertel (78 Prozent) aller Unternehmen ab 50 Beschäftigten, dass die EZB einen digitalen Euro einführt.

Die NGO Attac sprach sich dagegen aus, die Verfügung über digitale Euros auf eine bestimmte Summe zu begrenzen, wie es die EZB derzeit in Erwägung zieht. Damit wären Bürgerinnen und Bürger „weiterhin auf das unsichere Bankengeld angewiesen“, erklärte Attac.

Wie zuletzt aber unter anderem der Fall der Greensill Bank gezeigt habe, gerieten Banken immer wieder so in Schieflage, dass das Geld mit staatlichen Mitteln oder aus Sicherungsfonds ersetzt werden müsse. Letztere kämen „schnell an ihre Grenzen, sobald große oder mehrere Banken ins Straucheln geraten“. (afp/ks)



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