EU strebt „Gaspreisdeckel light“ an – BASF sieht langfristige Wettbewerbsnachteile

Kommende Woche will die EU einen eigenen Gaspreisdeckel beschließen. Dieser soll einer Exzesskontrolle im Bereich der Preisausschläge dienen.
Die steigenden Gaspreise machen den Menschen in Europa zu schaffen. Die EU-Kommission berät über einen möglichen Gaspreisdeckel.
Die steigenden Gaspreise machen den Menschen in Europa zu schaffen. Die EU-Kommission berät über einen möglichen Gaspreisdeckel.Foto: Frank Rumpenhorst/dpa
Von 17. November 2022


In der kommenden Woche will die EU-Kommission ihre Fassung einer Gaspreisbremse beschließen. Gegenüber dem deutschen „Abwehrschirm“ hatte es unter einigen Mitgliedstaaten Vorbehalte gegeben. Man befürchtete, Deutschland würde sich selbst durch den 200-Milliarden-Euro-Schirm auf Kosten anderer einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Deshalb favorisierten viele EU-Länder ursprünglich einen Gaspreisdeckel, der auf die Preise selbst zielt.

Gaspreisdeckel soll nur bei extremen Entwicklungen greifen

Nun ist davon eine Light-Version geblieben. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ schreibt, hat die EU ihre Idee eines harten Markteingriffs in Form verbindlicher Höchstpreise aufgegeben. Die Kommission präsentierte den Botschaftern der 27 Mitgliedstaaten ein fünfseitiges Konzeptpapier. In diesem ist nur noch von einem „Marktkorrektur-Mechanismus“ die Rede.

Demzufolge dient der geplante EU-Gaspreisdeckel vor allem der Exzesskontrolle. Er soll nur dann zum Tragen kommen, wenn es um „vorübergehende“ oder „exzessive“ Preisbewegungen oder preistreibende Spekulationen geht. Als Beispiel nennt das Papier die Megawattstundenpreise von 350 Euro, die im August auf dem TTF-Terminmarkt zu verzeichnen waren.

Mittlerweile ist der dortige Preis, der als Bezugsgröße für viele Lieferverträge gilt, auf unter 150 Euro gefallen. Allerdings ist auch dieser noch deutlich über dem Niveau vor dem Krieg in der Ukraine.

Bei „schädlichen Folgen“ wird der Gaspreisdeckel zurückgenommen

Details zur gesetzlichen Obergrenze will man erst klären. Im Kern soll diese greifen, sobald zwei Bedingungen erfüllt seien. Zum einen muss der TTF-Preis für einmonatige Terminkontrakte über mehrere Wochen ein noch zu bestimmendes Niveau überschreiten. Zum anderen muss sich die Entwicklung auf dem europäischen Markt signifikant von jener auf den Weltmärkten unterscheiden.

Sollten schädliche Wirkungen auftreten, würde der Gaspreisdeckel wieder weggenommen. Damit trägt die EU-Kommission offenbar den Bedenken von Kritikern Rechnung. Diese befürchten, ein gesetzlich festgelegter Höchstpreis würde einerseits eine Nachfrage-Rally in Europa auslösen, andererseits aber Anbieter vergraulen. Für eine dauerhafte gesetzliche Höchstpreispolitik hatten 15 Länder der EU plädiert, darunter Italien und Frankreich.

BASF-CEO Brudermüller: Energiepreise dreimal so hoch wie in den USA

Unterdessen warnt BASF-CEO Martin Brudermüller in einem Interview mit dem „Handelsblatt“ vor einem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit Europas. Die Energiekosten in Europa, so der Spitzenmanager, könnten in der EU bald das Dreifache jener in den USA erreichen. Auch im Mittleren Osten seien die Konditionen deutlich günstiger.

Vor allem für die Chemiebranche könnte dies zum Signal werden, ihre Zelte anderswo aufzuschlagen. Bei der Herstellung von Ammoniak entfielen beispielsweise rund 80 Prozent der Kosten auf Energie. Aber auch Projekte wie der „Green Deal“ beeinträchtigten die Zukunftsaussichten der chemischen Industrie in Europa. Hier gebe es allein für diesen Zweig schon jetzt eine 7.100 Seiten umfassende Regulierung.

Der BASF-CEO weist zwar Gerüchte zurück, der Konzern könne zentrale europäische Standorte wie Ludwigshafen schließen. Dennoch mahnt Brudermüller:
„Wir müssen einfach viel intensiver über die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie nachdenken. Es ist eine Illusion zu hoffen, mit Staatsgeld durch die Energiekrise zu kommen und dann in den alten Strukturen weiterzumachen.“



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