Europa will eigene Solarindustrie wiederbeleben – scheitert aber an hohen Kosten

Die EU will bis 2030 ihre eigene Solarindustrie wiederaufbauen. Dabei scheitert sie jedoch an hausgemachten Kostennachteilen – und US-amerikanischer Anreizpolitik.
Ein Arbeiter montiert Photovoltaikmodule auf dem Dach eines Wohnhauses.
Ein Arbeiter montiert Photovoltaikmodule auf dem Dach eines Wohnhauses.Foto: Marijan Murat/dpa
Von 23. Juni 2023

Derzeit stammen etwa drei Viertel aller weltweit produzierten Solarmodule aus China. Für die EU, die nach dem Bruch mit Energiepartner Russland noch stärker auf erneuerbare Energien setzen will, droht damit eine neue Abhängigkeit. Dies will man in Brüssel nun ändern und seine eigene Solarindustrie wieder aufbauen.

Diese war erst vor wenigen Jahren weitgehend nach China abgewandert. Das sogenannte Solar Valley in Sachsen-Anhalt wurde dabei zum Symbol für einen verlorenen Subventionswettstreit. Mittlerweile schätzt das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE den europäischen Anteil an der weltweiten Solarproduktion auf ein Prozent. Deren jährlich produzierte Module schaffen es gerade einmal auf eine Produktionskapazität von etwa acht Gigawatt.

Weltmarktanteil europäischer Solarindustrie bei einem Prozent

Dennoch glaubt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft, an eine Chance, wieder an Bedeutung zu gewinnen. Gegenüber „n-tv“ fordert er einen „energie- und industriepolitischen Doppelwumms“. Nur so sei es möglich, gegenüber China und den USA wieder an Boden zu gewinnen.

Zu den wesentlichen Wettbewerbsvorteilen Chinas gehören die Skalierungsvorteile. Die Solarfabriken sind so groß, dass sie in der Lage sind, schon aus der Masse der Produktionskapazitäten Kostenvorteile zu erzielen. In den USA profitieren Unternehmen, die in erneuerbare Energien investieren, demgegenüber vom „Inflation Reduction Act“ (IRA).

Dieser schafft enorme Steuervorteile für Unternehmen, die in den USA, Kanada oder Mexiko produzieren. Auch für europäische Hersteller von Solarmodulen war dies Grund genug, ihre Produktion nach Nordamerika zu verlagern.

Produktionskosten doppelt so hoch

Die EU möchte es bis 2030 schaffen, zumindest wieder Module im Leistungsumfang von 30 Gigawatt selbst zu produzieren. Zum Vergleich: Allein der größte chinesische Hersteller Jinko liegt jetzt bereits bei 45 Gigawatt und möchte diese Kapazität bis Jahresende verdoppeln.

Der Internationalen Energieagentur (IEA) zufolge hat das KP-Regime in China seit 2011 mehr als 50 Milliarden US-Dollar in Photovoltaik-Kapazitäten investiert. Das sei das Zehnfache dessen, was in Europa in dieses Vorhaben geflossen sei.

Was die Produktionskosten in Cent pro Watt der elektrischen Leistung anbelangt, liegen diese in der chinesischen Solarindustrie bei etwa 17 bis 18 US-Cent. In Europa betragen sie etwa das Doppelte. Bis 2025 will China die Kosten sogar auf 15 Prozent senken.

Europäische Solarindustrie ohne Industriestrompreis nicht lebensfähig

Schon bei der Herstellung vom Solarmodul-Grundstoff Polysilizium aus Quarzsand und dessen Formung für den weiteren Prozess steht Europa auf verlorenem Posten. Beide Schritte sind energieintensiv – und das bedeutet in der EU einen uneinholbaren Kostennachteil.

Auch Körnig räumt ein, dass eine Wiedergeburt der europäischen Solarindustrie ohne einen subventionierten Industriestrompreis illusorisch sei. Einen solchen fordert zwar Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Die FDP lehnt ihn hingegen ab, da eine solche Lösung auf Kosten des Steuerzahlers das Grundproblem zu hoher Energiepreise nicht beseitige.

Ohne konkurrenzfähige Produktionsbedingungen helfe jedoch auch kein Technologievorteil, wie ihn die Europäer zum Teil noch hätten, so der Verbandschef. Er fordert ein Förderprogramm, das mit dem US-amerikanischen IRA vergleichbar wäre.

Uiguren-Schutzgesetz führte zu Beschlagnahmung von Solarmodulen

In den USA sind mittlerweile etwa 149,5 Gigawatt (GW) an Solarkapazität installiert. Allein im ersten Quartal des Jahres seien 6,1 GW neu hinzugekommen. Dies berichtet die englischsprachige Epoch Times unter Berufung auf das Forschungsunternehmen Wood Mackenzie. Dort erwartet man, dass die gesamte installierte Solarkapazität in den USA bis 2028 nicht weniger als 378 GW erreichen wird.

Kritiker werfen jedoch zunehmend Fragen wie jene nach dem Preis für diese Entwicklung auf, die immer noch zu einem erheblichen Teil auf Abhängigkeiten von China beruht. Ein Problembereich ist dabei die Sklavenarbeit.

Im Vorjahr hatte die US-Zollbehörde CBP (Customs and Border Protection) 1.642 Elektroniksendungen im Wert von 841 Millionen Dollar zurückgehalten. Unter diesen befanden sich auch Solarmodule aus China. Grundlage war das Gesetz, das dem Einsatz von uigurischen Zwangsarbeitern bei der Beschaffung aus China entgegenwirken soll. Im März gab die CBP 552 Geräte im Wert von 345 Mio. US-Dollar wieder frei. Die dadurch bedingte Verzögerung hemmte auch den Fortgang von Solarprojekten.

Keine Recyclingperspektive für die Bauteile in Sicht

Eine weitere ungeklärte Frage bleibt jene nach den ökologischen Folgekosten. Die meisten Solarmodule haben eine Lebensdauer von etwa 25 bis 30 Jahren. Bereits bis 2030 werden, so die Yale School of the Environment, Solarpaneele im Umfang von 3.000 Footballfeldern ausgemustert.

In einem Interview mit CNBC am 13. Mai erklärte Suvi Sharma, CEO des Herstellers Solarcycle, die Solarenergie werde in den USA „zur dominierenden Form der Stromerzeugung“. Einem EIA-Bericht zufolge werden in diesem Jahr 54 Prozent der neuen Stromerzeugungskapazitäten in den Vereinigten Staaten aus der Solarenergie stammen.

Allerdings, so Sharma, gebe es kaum Schritte, um die Solarindustrie „zirkulär“, also einem Recyclingprozess zugänglich zu machen. Derzeit gebe es in den USA mehr als 500 Millionen Solarmodule, und in den kommenden Jahren würden voraussichtlich weitere zehn Millionen hinzukommen. Eine 2019 in der Zeitschrift „Renewable Energy“ veröffentlichte Studie geht von etwa 9,8 Millionen Tonnen Abfällen aus Solarpaneelen zwischen 2030 und 2060 aus.

Derzeit etwa 90 Prozent der ausrangierten Solarmodule auf Deponien entsorgt

China, das die Produktion in die Höhe getrieben hatte, ohne technologische Standards zu optimieren, steht vor einem ähnlichen Problem. Dort wird die jährliche Verschrottungsrate von Solarmodulen auf etwa 30 Prozent geschätzt. Dies erklärte Fang Qi, ein im Vereinigten Königreich lebender Investitionsberater, gegenüber der Epoch Times.

Der Abfall von Solarmodulen stellt ein erhebliches Problem für die Umwelt dar. Die Module bestehen aus zahlreichen giftigen Chemikalien wie Cadmiumtellurid, Blei, Hexafluorethan und weiteren. Eine weitere Chemikalie, die bei der Herstellung von Solarmodulen als Nebenprodukt entsteht, ist Siliziumtetrachlorid. Dieses kann zu Verbrennungen auf der Haut führen.

Die Deponierung von Solarmodulabfällen stellt ein langfristiges Risiko für die Umwelt dar, da die giftigen Mineralien und Metalle in den Boden versickern können. Gegenwärtig werden jedoch etwa 90 Prozent der defekten oder ausgedienten Solarmodule auf Deponien entsorgt. Der Grund dafür ist, dass die Kosten für das Recycling von Solarmodulen weitaus höher sind als für ihre Entsorgung.



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