EZB-Geldschwemme vertreibt Konjunktursorgen
Die ersten vier Wochen liefen weitgehend nach Plan: Bis zum 3. April erwarb die EZB öffentliche Anleihen im Wert von 52,52 Milliarden Euro. Zudem stieg das Volumen gekaufter Pfandbriefe sowie von forderungsbesicherten Wertpapieren (ABS) wie erwartet an.
Welche Ziele verfolgt die EZB mit ihren umfangreiche Anleihenkäufen?
In erster Linie wollen die Notenbanker die Preisauftrieb im Euroraum anheizen. Es gilt, eine Deflation – also einen anhaltenden Preisrückgang quer durch die Warengruppen – zu verhindern. Denn das könnte dazu führen, dass Verbraucher und Unternehmen Anschaffungen in Erwartung weiterer Preissenkungen verschieben und die Wirtschaft erlahmt. Dies will die EZB mit den Käufen verhindern.
Wie soll das Kaufprogramm funktionieren?
Die EZB kauft Wertpapiere bei Banken oder Versicherern, nicht direkt bei Staaten. So wird Geld ins Finanzsystem geschleust. Die EZB erwartet, dass das Programm Unternehmen und Verbrauchern in ganz Europa helfen wird, leichter Zugang zu Krediten zu erhalten. Das soll die Investitionstätigkeit steigern, Arbeitsplätze schaffen und das Wirtschaftswachstum insgesamt stützen.
Wirkt die Geldflut bereits?
EZB-Präsident Mario Draghi betont, dass sich die Konjunkturaussichten unter anderem dank der expansiven Geldpolitik – aber auch wegen des billigen Öls und der steigenden Nachfrage aus dem Ausland – bereits aufgehellt hätten. Auch die Inflationsrate werde zum Jahresende hin wieder allmählich steigen. Zudem würden die niedrigen Zinsen nun zunehmend von den Banken an Kreditnehmer weitergereicht. Draghi ist überzeugt: „Der Stimulus durch das erweiterte Wertpapier-Kaufprogramm ist ein wesentlicher Faktor für eine komplette Erholung der Wirtschaft im Euroraum und eine nicht zu niedrige Inflation.“
Wie haben sich die Verbraucherpreise zuletzt entwickelt?
Im März sanken die Verbraucherpreise zwar erneut, aber langsamer als zuletzt: Die jährliche Inflationsrate im Euroraum lag bei minus 0,1 Prozent nach minus 0,3 Prozent im Februar. Das ist weit entfernt vom Ziel der EZB, die eine Teuerungsrate von knapp zwei Prozent anstrebt.
Wohin fließt das viele Geld?
Bislang vor allem an die Börsen. Da andere Geldanlagen wegen der niedrigen Zinsen kaum noch etwas abwerfen, stecken Investoren ihr Geld in Aktien. Experten warnen, dass an Aktien-, aber auch an Immobilienmärkten Blasen entstehen könnten. Die deutsche EZB-Direktorin Sabine Lautenschläger sagt: „Bei niedrigen Zinsen steigt die Gefahr von zu riskantem Anlageverhalten, es können sich leicht Überhitzungen oder Preisblasen … bilden.“
Wie reagiert der Euro?
Der Euro hat zum Dollar an Wert verloren. Dadurch werden Produkte „Made in Germany“ in Dollar auf den Weltmärkten billiger. Das kann die Konjunktur anschieben. Nach einer Studie von Euler Hermes ist der Effekt aber überschaubar: „Da sich die Margen der Unternehmen auf einem Zehnjahrestief befinden, erhöhen viele Firmen vermutlich eher die Verkaufspreise, als den verbilligenden Effekt des Euro zu nutzen“, sagt Euler-Hermes-Chefökonom Ludovic Subran. Für Verbraucher begrenzt der schwache Euro jedoch die Effekte gesunkener Ölpreise, weil Rohöl und Benzin international in Dollar gehandelt werden. Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise warnt: „Es geht Einkommen verloren. Mit der Zeit merken das alle, indem die ganze Palette der Importgüter teurer werden, von Smartphones bis zur Energie.“
Was sagen Kritiker?
Lautenschläger bezweifelt, dass die konjunkturellen Effekte des Kaufprogramms die gewünschte Größenordnung erreichen können: „Die Erfahrungen der USA zeigen …, dass Käufe von Staatsanleihen umso stärker wirken, je höher die betreffenden Renditen sind.“ Doch auf dem Anleihemarkt im Euroraum seien die langfristigen Renditen schon vor Beginn des Kaufprogramms sehr niedrig gewesen. Zudem sieht Lautenschläger einen Nachteil des Kaufprogramms darin, dass sich die Finanzminister billig verschulden können: „Ich sehe durchaus die Gefahr, dass die niedrigen Finanzierungskosten den Druck auf die Regierungen mindern, die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren und die nötigen Strukturreformen anzupacken.“
Welche Vermögenswerte kauft die EZB?
Die EZB erwirbt unter anderem Papiere von Euroländern – aber nur bei guter Bonität. Staatsanleihen, die von Ratingagenturen als Ramsch gewertet werden, sind außen vor – es sei denn, das Land befindet sich in einem EU-Sanierungsprogramm und erfüllt alle Sparauflagen. Deshalb kann die EZB derzeit keine Anleihen Griechenlands kaufen.
Müssen sich Sparer auf noch niedrigere Zinsen einstellen?
Auf die Zinsen auf Sparbuch und Co. wirken sich die Anleihekäufe nicht aus. Die Renditen auf Staatsbonds wie Bundesanleihen dürften durch die Käufe allerdings weiter nach unten gedrückt werden. Das trifft Besitzer von Anleihen oder Anleger, die Geld in Anleihenfonds investiert haben. Auch das Geld der Lebensversicherer steckt vor allem in Staatsanleihen. Gewinner sind Aktionäre, aber auch der Staat: Weil die EZB die Nachfrage nach Schuldpapieren erhöht, kann sich auch Deutschland noch günstiger Geld am Kapitalmarkt besorgen.
(dpa)
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