Corona-Kehrtwende: Finanzverbände wollen Finanztransaktionssteuer „endgültig begraben“

"Das Projekt schien nach dem Widerstand etlicher EU-Länder ohnehin zum Scheitern verurteilt, die Coronakrise würde nun den Anlass bieten, es abzuräumen", sagte Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des deutschen Fondsverbands BVI. Er hält eine Einführung der Finanztransaktionssteuer derzeit für "Gift" für die Aktienkultur in Deutschland.
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Der Streit um die Finanztransaktionssteuer geht in eine neue Runde.Foto: iStock
Epoch Times18. April 2020

Das Bundesfinanzministerium hält trotz der Coronakrise am Zeitplan für die geplante europäische Finanztransaktionssteuer fest. Die Arbeiten an der Einführung der Finanztransaktionssteuer liefen, und das Finanzministerium halte auch am Zeitplan fest, sagte eine Ministeriumssprecherin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstagausgaben). Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte im vergangenen Dezember einen Gesetzentwurf für eine solche Steuer vorgelegt, die in zehn Mitgliedsstaaten der EU im kommenden Jahr in Kraft treten soll.

Finanzverbände sehen in der Krise die Gelegenheit, die Steuer abzuräumen. „Die geplante Finanztransaktionssteuer sollte endgültig begraben werden“, sagte Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des deutschen Fondsverbands BVI, den Funke-Zeitungen. „Die Sparer sollten jetzt entlastet und nicht zusätzlich belastet werden“, so Richter. Jürgen Kurz, Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) sagte den Funke-Zeitungen: „Das Projekt schien nach dem Widerstand etlicher EU-Länder ohnehin zum Scheitern verurteilt, die Coronakrise würde nun den Anlass bieten, es abzuräumen.“ Er hält eine Einführung der Finanztransaktionssteuer derzeit für „Gift“ für die Aktienkultur in Deutschland. „Nach Krisen investieren ohnehin weniger Menschen, die bisher noch keine Aktien haben, an den Börsen. Mit einer Steuer würde man sie zusätzlich abschrecken.“

Auch die FDP dringt angesichts der Coronakrise darauf, die Steuer zu kippen. „Die Wirtschaft leidet im Moment unter einer Kernschmelze“, sagte Volker Wissing, FDP-Präsidiumsmitglied und rheinland-pfälzischer Wirtschaftsminister, den Funke-Zeitungen (Samstagausgaben). Märkte brächen weg, Lieferketten funktionierten nicht mehr, Geschäftsmodelle stünden auf dem Prüfstand.

„In diesem Moment maximaler wirtschaftspolitischer Verunsicherung eine neue Steuer etablieren zu wollen, wäre maximaler politischer Leichtsinn.“ Man müsse Wirtschaft und Märkte stabilisieren und dürfe sie nicht mit einer zusätzlichen Steuer weiter destabilisieren. „Deutschland braucht Zusammenhalt und Zuversicht, aber keine neue Steuer.“ Sven Giegold, Sprecher der Grünen-Fraktion im Europaparlament, hält die Finanztransaktionssteuer dagegen grundsätzlich für ein denkbares Instrument.

Finanzierung der Corona-Krise

„Noch können wir nicht abschätzen, wie teuer die Krise werden wird. Aber natürlich wird irgendwann die Frage kommen, wer das eigentlich alles bezahlt.“ Dann werde man über mögliche Instrumentarien sprechen müssen. „Eine Finanztransaktionssteuer kann ein solches Instrument sein“, sagte Giegold den Funke-Zeitungen. Allerdings müsse sie richtig gemacht sein. „Der bisherige Gesetzesentwurf von Olaf Scholz ist das nicht, im Gegenteil.“ Er sei grundfalsch. „Er trifft die Falschen und lässt diejenigen, die es treffen sollte, die mit riskanten Derivaten und im Hochfrequenzhandel spekulieren, außen vor. Dieser Gesetzesentwurf war unverschämt gegenüber Millionen von europäischen Bürgern, die sich für die Steuer eingesetzt haben“, kritisierte Giegold.

Zurückhaltend zeigte sich die Union: „Jede Diskussion über zusätzliche Steuern im Zusammenhang mit der Bewältigung der Coronakrise halte ich für nicht zielführend. Die damalige Finanzmarktkrise hat gezeigt, dass es sinnvoller ist und schneller geht, die Wirtschaft über Steuerentlastungen wieder anzukurbeln“, sagte Antje Tillmann, finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, den Funke-Zeitungen. Zur Verabredung zur Finanztransaktionssteuer stehe man. „Wir haben als Kompromiss eine FTT im Rahmen der verstärkten europäischen Zusammenarbeit zugestanden, die Kleinsparer und Altersvorsorgeprodukte nicht belastet“, sagte Tillmann.  (dts)



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