Ökonom Stelter: Die schwarze Null ist eine Lüge und eine große Dummheit

Heute, Freitag der 13., findet die sogenannte Schlussrunde der Bundesregierung zum Entwurf des Haushaltsgesetzes 2020 statt. Opposition und Fachexperten kritisieren das Festhalten an der schwarzen Null. Deutschland brauche Investitionen, um den Wohlstand künftig zu sichern, sagt Dr. Daniel Stelter, Gründer des Blogs „Think Beyond the obvious“ und Partner von Goetzpartners.
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Der Haushaltsplan enthält Lücken. Außerdem wird das Festhalten an der schwarzen Null von Opposition und Experten kritisiert .Foto: Michael Kappeler/dpa
Epoch Times13. September 2019

Heute, am Freitag dem 13., findet um 12:30 Uhr die sogenannte Schlussrunde der Bundesregierung zum Entwurf des Haushaltsgesetzes 2020 (Bundestag-Drucksache 19/11800) statt. 90 Minuten soll die Debatte dauern. Dabei wird auch über die Finanzplanung des Bundes für 2019 bis 2023 debattiert (Bundestag-Drucksache 19/18801). Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte den Haushaltsentwurf am 10. September vorgestellt.

SPD und CDU/CSU befürworteten die Etat-Planungen grundsätzlich. FDP, AfD, Die Linke sowie Bündnis 90/Die Grünen kritisieren die Planung jedoch teils erheblich. Die Kritikpunkte waren sehr unterschiedlich. Auch Kritiker bezweifeln das Festhalten an der schwarzen Null erheblich.

Finanzplanung des Bundes bis 2023 in Kürze

Die Finanzplanung des Bundes geht bis 2023. Die Ausgaben sollen bis dahin auf 375,7 Milliarden Euro gesteigert werden. Investitionen sollen mit rund 40 Milliarden Euro je Jahr in etwa gleich bleiben. Gleichzeitig erwartet der Bund steigende Steuereinnahmen bis 356,1 Milliarden Euro im Jahr 2023. Zum Vergleich: Im Jahr 2018 betrugen die Steuereinnahmen 322,4 Milliarden Euro.

Die Rentenversicherungsleistungen sollen erheblich steigen. Endwert 2023: 113,66 Milliarden Euro. Zum Vergleich: In 2018: 93,86 Milliarden Euro. 2020 sollen es 101,76 Milliarden Euro sein.

Wirtschaftliche schwierige Zeiten entgegen Scholz Prognosen zu erwarten

Wirtschaftlich schwierige Zeiten und eine Krise fürchtet Scholz nicht. Aber Deutschland sei für den Fall der Krise „mit vielen Milliarden“ gut aufgestellt. FDP (Otto Fricke) kritisiert, dass Scholz sich in seiner Rede nicht an den Haushalt richte, sondern an seine SPD-Regionalwählerschaft. Die Bundesregierung missachte die künftigen konjunkturellen Entwicklungen. AfD (Peter Boehringer) hält die Planung für unseriös, unrealistisch und unvollständig. Er beanstandet, dass konjunkturelle Abkühlung und Risiken einer Eurorettung nicht ausreichend berücksichtigt seien.

Anders als Scholz sehen dies auch Fachexperten der Forschungsinstitute. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) warnt laut Manager-Magazin: „Deutschlands wirtschaftliches Fundament bröckelt bedenklich.“

Und weiter:

Es mehren sich die Anzeichen, dass die Schwächephase anhält und die Konjunktur in Deutschland in einen Abschwung übergeht,“ so das RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (Essen).

Auf das Schrumpfen der Wirtschaft im zweiten Quartal sei im dritten Quartal ein weiteres Schrumpfen zu erwarten. Das Institut für Weltwirtschaft (IfW, Kiel) rechnet mit minus 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorquartal, das RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (Essen) mit minus 0,1 Prozent. Damit läge eine „schwache“ Rezession vor. Eine „scharfe Rezession“, das heißt „ein deutliches Unterschreiten der Auslastung mit drastisch steigender Arbeitslosigkeit“ sei nicht zu erwarten – soll Gabriel Felbermayr, Präsident des IfW, berichtet haben.

Heftige Kritik an schwarzer Null

Es sei keine Neuverschuldung der Bundesregierung geplant. Die Bundesregierung hält weiter an der schwarzen Null fest.

359,8 Mrd. Euro – das sind die geplanten Einnahmen und Ausgaben für 2020. Dabei sollen die Kosten verglichen mit 2019 um 3,4 Milliarden Euro steigen. Die Solleinnahmen sollen zu 328 Milliarden Euro aus Steuern gedeckt werden.

CDU/CSU (Andreas Jung) hält die schwarze Null für eine „Errungenschaft“ und SPD (Johannes Kahrs) rühmt die „Rekordinvestitionen“. Die Opposition sieht das aber anders. AfD (Peter Boehringer) weist darauf hin, dass die Quote der Ausgaben für Investitionen im Verhältnis zu den Gesamtausgaben sinke. Bündnis 90/Die Grünen (Sven-Christian Kindler) möchten mehr Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung. Auch die Linke (Dr. Gesine Lötzsch) spricht sich für mehr Investitionen aus.

Dr. Daniel Stelter, der als einer der einflussreichsten Ökonomen gilt, hat sich hierzu in seinem Blog „Think beyond the obvious“ zeitgleich zur Debatte im Bundestag im Allgemeinen kritisch zu dieser Vorgehensweise der Bundesregierung geäußert. Die schwarze Null sei ohnehin nicht die Leistung der Bundesregierung, sondern des EZB-Präsidenten Mario Draghis. Das sei vor allem auf die ungelöste Eurokrise zurückzuführen (Stichwort Zinsersparnis). Lesen Sie hier unseren Artikel zum kommunistischen Einfluss der Zentralbanken und deren zerstörerische Auswirkung auf die Wirtschaft.

Vor allem sei das Festhalten an der schwarzen Null aber auch sehr dumm. Dadurch würden die Ersparnisse zum Investieren ins Ausland getrieben. Vielmehr müsse der deutsche Staat im Inland mehr ausgeben. Er regt unter anderem an:

  • Steuerzahler breit entlasten
  • Investitionen in Infrastruktur und Digitalisierung
  • Investitionen in Bildung. Nur so könne das Produktivitätsniveau und Einkommen gesteigert und Wohlstand künftig gesichert werden.

Und die Planzahlen des Finanzplans bis 2023 zeigen, dass die Investitionen über die nächsten Jahre gleich bleiben (rund 40 Mrd.). Auch die Opposition beanstandet in unterschiedlicher Gewichtung, dass diese Aspekte vernachlässigt würden.

Das DIW fordert ebenfalls mehr staatliche Investitionen. „Deutschland braucht in diesen schwierigen Zeiten einen Anker der Stabilität durch ein langfristiges Investitionsprogramm der Bundesregierung,“ sagte DIW-Präsident Marcel Fratzscher, berichtete kürzlich das Manager-Magazin. Klug in die Zukunft zu investieren, das sei seine Empfehlung für Deutschland.

Außerdem größere Lücken im Haushaltsplan

Der Haushaltsentwurf berücksichtigt unter anderem folgende Kostenpositionen:

Investitionen: 39,99 Mrd. Euro
Militär: 16,53 Mrd. Euro
Personalausgaben des Bundes: 35,41 Mrd. Euro

Sächliche Verwaltungsausgaben: 17,85 Mrd. Euro
Zuweisungen und Zuschüsse: 238,97 Milliarden Euro.

Der Haushalt sei aber noch unvollständig, was viele kritisieren. So seien die möglichen Ausgaben für die Grundrente und den Klimaschutz nicht berücksichtigt. Alexander Wallasch, Schriftsteller und Kolumnist, sagt in einem Gastbeitrag bei Tichys Einblick, dass die Bundeskanzlerin Angela Merkel durch ihre Themenwahl die „dicksten Löcher im Haushaltsplan präzise voraussage“ – mache sie den „Parlamentsmittwoch“ doch “zu einem weiteren Friday for Future“.

Außerdem sei der ab 2020 möglicherweise verfassungswidrige Solidaritätszuschlag mit einem Haushaltsrisiko von 20 Milliarden Euro nicht berücksichtigt warnt die AfD (Peter Boehringer).

Dazu komme eine seltsam große Lücke an globalen Minderausgaben von rund 4,3 Milliarden Euro bzw. rund 1,1 Prozent des Gesamtetats– das zeigen neue Zahlen des Finanzministeriums, berichtete die Nachrichtenagentur dts.  Die Agentur habe diese Informationen dem „Handelsblatt“ entnommen. Scholz setze globale Minderausgaben besonders stark ein. Seine Zahlen seien die höchsten seit 13 Jahren. Soziale Minderausgaben sind Einsparungen im Haushalt, bei denen die Herkunft der Quelle noch unklar ist.

Stelter zufolge seien finanzielle Risiken aus unfinanzierbaren Leistungsversprechen (Renten, Pensionen und Gesundheitsversorgung) zu erwarten. Dafür würden überhaupt keine Rückstellungen gebildet.

Durch Investitionen, so Stelter, könne man die Grundlagen für künftigen Wohlstand legen. Zugleich müssten jetzt die Bürger entlastet werden. Stattdessen mache Deutschland Folgendes: mit laufenden Ausgaben kasteien und künftig untragbare Lasten auferlegen. Er sagt: „In der Zukunft sollten wir das Gegenteil machen.“

Endgültige Beschlüsse erst im November

Nach Abschluss der Haushaltswoche werden die Ausgabenpläne im Haushaltsausschuss besprochen. Die finale Version ist auf Ende November terminiert. Üblicherweise gibt es noch geringe Änderungen. (bm)



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