Stresstest: Europas Banken weitgehend krisenfest – deutsche vergleichsweise weniger
Am Freitag, 28. Juli, haben die Europäische Bankenaufsicht EBA und die im Euroraum dafür zuständige EZB die Ergebnisse ihres regelmäßigen Stresstests präsentiert. Gegenstand der Untersuchung waren insgesamt 70 Banken aus 15 EU-Mitgliedstaaten sowie die größte norwegische Bank DNB.
Von den 70 EU-Banken kamen 57 aus dem Euroraum, von den deutschen Geldinstituten nahmen 14 teil. Die Geldinstitute, die an der Untersuchung mitwirkten, deckten zusammen 75 Prozent der Aktiva des EU-Bankensektors ab.
Ziel der Stresstests ist es, anhand unterschiedlicher Parameter zu untersuchen, wie resistent führende Banken gegenüber verschärften Krisenszenarien wären. Im Fokus steht dabei die Eigenkapitalquote – und deren errechnete Veränderung.
Stresstest: „Bislang härtestes Krisenszenario“
Wie die „Tagesschau“ berichtet, umfasste das Krisenszenario, das dem Stresstest in diesem Jahr zugrunde lag, einen Zeitraum von 2023 bis 2025. Die Grundannahmen waren eine massive Verschärfung der geopolitischen Spannungen und ein Wiederaufleben der Corona-Pandemie.
Über die Jahre nahm das Modell einen Rückgang der Wirtschaftsleistung in der EU von 6,0 Prozent und ein Plus von 6,1 Prozent bei der Arbeitslosenquote an. Zu den Annahmen gehörten auch ein nach wie vor hohes Niveau bei Inflation und Zinsen. Die EBA sprach vom „bislang härtesten Krisenszenario“, das der Stresstest für die Banken bislang abgebildet hatte.
Die Ergebnisse der Untersuchung sollen in die jährliche Bankenprüfung (SREP) einfließen. Dieser „Überprüfungs- und Bewertungsprozess“ umfasst die Bereiche Geschäftsmodell, Governance und Risiko, Kapital und Liquidität. Auf der Grundlage der Ergebnisse erstellen die Aufsichtsbehörden ein „Hausaufgabenheft“ für die Banken.
Höhere Erträge wirken Kapitalverzehr entgegen
Mit dem diesjährigen Ergebnis zeigen sich EBA und EZB weitgehend zufrieden. Auch in einem ungünstigen Szenario, das eine weltweit schwere Rezession, steigende Zinsen und höhere Risikoaufschläge bei Krediten kombiniere, seien die Banken widerstandsfähig.
Bereits zu Beginn des Szenarios hätten die Banken mit einer durchschnittlichen harten Kernkapitalquote (CET1) von etwa 15 Prozent eine gute Ausgangsposition beim Eigenkapital gehabt. Im ungünstigsten Fall habe der Kapitalverzehr 459 Basispunkte umfasst. Dies hätte am Ende ein Absinken der CET1-Quote auf im Schnitt 10,4 Prozent zur Folge gehabt.
Der Kapitalpuffer wäre insgesamt um 271 Milliarden Euro gesunken, teilen die Initiatoren des Stresstests mit. Jedoch hätten höhere Erträge und eine bessere Qualität der Aktiva zu Beginn des Jahres 2023 dem Kapitalverzehr entgegengewirkt:
Trotz kombinierter Verluste von 496 Mrd. EUR wären die Banken in der EU weiterhin ausreichend kapitalisiert, um die Wirtschaft auch in Zeiten starker Belastungen zu unterstützen.“
Ergebnisse etwas besser als vor zwei Jahren
Die Institute in der EU schnitten demzufolge etwas besser ab als im vorangegangenen Stresstest vor zwei Jahren. Für die deutschen Teilnehmer sah das Ergebnis im Vergleich allerdings eher durchwachsen aus.
So hatte die harte Kernkapitalquote der genossenschaftlichen DZ-Bank zu Beginn des Tests 13,5 Prozent betragen. Am Ende sackte diese auf 7,0 Prozent ab. Noch vor zwei Jahren hatte die im Stresstest erzielte CET1-Quote bei 10,2 Prozent gelegen. Unter den deutschen Banken im Stresstest war dies das schlechteste Ergebnis – international landeten nur La Banque postale und Barclay’s dahinter.
Die Bank selbst verweist allerdings darauf, dass für sie seit Anfang des Jahres mit IFRS 17 ein veränderter Rechnungslegungsstandard gilt. Auf dessen Grundlage habe die Ausgangs-CET1 bei 15,1 Prozent gelegen. Am Ende seien noch 9,0 Prozent geblieben.
Volkswagen-Bank und Haspa als stärkste deutsche Vertreter
Deutsche Bank und Commerzbank, die bereits vor zwei Jahren schlecht abgeschnitten hatten, konnten sich leicht verbessern. War die harte Kernkapitalquote beim Stresstest 2021 noch auf etwa 7,6 Prozent abgesackt, konnte die Deutsche Bank diesmal immerhin 8,1 Prozent halten. Die Commerzbank landete bei 9,5 statt 8,2 Prozent.
Zwei Banken ragten unter den deutschen Teilnehmern heraus. Mit 14,7 beziehungsweise 12,3 Prozent CET1-Quote am Ende des Tests schnitten die Volkswagen-Bank und die Hamburger Sparkasse Haspa am besten ab. Hingegen zeigten mehrere Landesbanken weniger befriedigende Ergebnisse.
Neben den bereits genannten Geldinstituten nahmen von deutscher Seite noch Bayern LB, LBBW, Helaba und Nord LB sowie das Sparkassen-Wertpapierhaus Dekabank teil. Insgesamt sieht Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch in den Testergebnissen jedoch „angesichts der aktuell großen makroökonomischen Unsicherheit eine positive Botschaft“.
Welchen Nutzen haben Untersuchungen dieser Art?
Was die Aussagekraft von Stresstests dieser Art anbelangt, sollen diese zu Transparenz und Vertrauen in den Bankensektor beitragen. Da sie die finanzielle Gesundheit der Banken anhand objektiver Kriterien bewerten, sollen Anleger, Kunden und andere Marktteilnehmer Orientierung gewinnen.
Die Stresstests sollen auch Regulierungsbehörden bei ihrer Risikobewertung unterstützen. Sie bieten eine Bewertung der Risikopositionen der Banken. Diese soll helfen, potenzielle Schwachstellen und systemische Risiken zu identifizieren.
Zudem sollen die Stresstests der Krisenprävention dienen, indem sie ein Frühwarnsystem bezüglich der Schwächen von Banken schaffen. Banken, die als krisenanfällig gelten, sind angehalten, ihre Eigenkapitalbasis zu stärken.
Grenzen der Aussagekraft von Stresstests
Die Aussagekraft der Stresstests hängt jedoch immer auch von den Annahmen und Szenarien ab, die als Grundlage Verwendung finden. Je realistischer diese sind, umso verlässlicher sind erfahrungsgemäß die Aussagen.
Welche Risiken in den hypothetischen Szenarien wie stark gewichtet werden, liegt letztlich in der Hand der Aufseher. Immerhin haben diese mittlerweile auch externe Faktoren wie geopolitische Verwerfungen in diese integriert.
Dennoch es nicht immer möglich, alle Wechselwirkungen zwischen den Banken und anderen Finanzinstituten in einem Stresstest angemessen zu berücksichtigen. Dafür ist das Finanzsystem insgesamt zu komplex. Im Fall besonders beunruhigender Ergebnisse könnten die Aufsichtsbehörden einige Erkenntnisse auch als vertraulich belassen, um Panik oder Misstrauen zu vermeiden. Dies würde der Transparenz schaden.
(Mit Material der dpa)
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