Gasimporte aus Russland reduzieren: „Ausdauernder Politikwechsel“ erforderlich
Die Internationale Energieagentur (IEA) mit Sitz in Paris legte am Donnerstag einen Zehn-Punkte-Plan vor, mit dem die Gasimporte aus Russland innerhalb eines Jahres um ein Drittel reduziert werden sollen.
Die Abhängigkeit Europas von russischem Gas ist laut IEA substanziell: 140 Milliarden Kubikmeter Gas lieferte Russland 2021 per Pipeline nach Europa, weitere 15 Milliarden Kubikmeter in Form von verflüssigtem Erdgas (LNG). 45 Prozent der europäischen Gasimporte stammten somit aus Russland, sie machten 40 Prozent des Gasverbrauchs in Europa aus.
In einzelnen europäischen Staaten ist die Abhängigkeit sogar noch größer: In Deutschland stammten 2021 rund 55 Prozent der Gasimporte aus Russland.Die Energieagentur empfahl, keine neuen Gasverträge mehr mit Russland abzuschließen. Stattdessen sollten Energielieferungen diversifiziert werden, außerdem sollten sowohl Solar- und Windenergie als auch Atomkraft ausgebaut werden.
Zudem forderte die IEA eine Gasreserve für den Winter. In Deutschland hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ein entsprechendes Gesetz bereits angekündigt. Auch die EU-Kommissarin für Energie, Kadri Simson, kündigte diesbezüglich „konkrete Maßnahmen“ der EU-Kommission in der kommenden Woche an.
Gasheizungen durch Wärmepumpen ersetzen
Auch bei der energetischen Sanierung empfahl die IEA eine Beschleunigung: Gasheizungen sollten, wo immer möglich, durch Wärmepumpen ersetzt werden. Auch die Stromnetze müssten sich schnellstmöglich auf verschiedene Energiequellen stützen und den Gasverbrauch verringern. Angesichts der erhöhten Energiepreise forderte die IEA außerdem Unterstützungsmaßnahmen für ärmere Haushalte. An die Verbraucher richtete die IEA die Forderung, Energie zu sparen, indem sie ihre Thermostate um ein Grad Celsius nach unten drehen.
Selbst wenn all diese Maßnahmen umgesetzt würden, ganz wird Europa wohl vorerst nicht auf Gasimporte aus Russland verzichten können. Und auch Russland wird Europa aus eigenem finanziellen Interesse wohl weiter mit Gas beliefern. Die Alternativen der EU sind indes begrenzt: Zwar verfügt die EU über Gaspipelines nach Norwegen, Algerien und Aserbaidschan – doch diese Länder können ihre Produktionskapazitäten nur begrenzt ausweiten.
„Ausdauernder Politikwechsel“ erforderlich
Die IEA betonte, dass die vorgeschlagenen Schritte mit den Klimazielen der EU „im Einklang“ stünden – diese sahen ohnehin ein Ende der russischen Gasimporte im Jahr 2030 vor. Doch der Zehn-Punkte-Plan der IEA beinhaltet auch drastischere Schritte, sollte die EU schneller als vorhergesehen auf russisches Gas verzichten müssen.
Diese Maßnahmen würden den europäischen Zielen zur Klimaneutralität jedoch widersprechen. So sei beispielsweise eine Umstellung von Gas- auf Kohlekraftwerke oder ein verstärktes Zurückgreifen auf Öl denkbar. Mit diesen Maßnahmen sei eine Reduktion der russischen Gasimporte um mehr als die Hälfte auf 80 Milliarden Kubikmeter pro Jahr möglich, erklärte die IEA.
Insgesamt werde es „nicht einfach für die EU“, die Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren, erklärte die IEA weiter. Das Vorhaben erfordere einen „koordinierten und ausdauernden Politikwechsel in verschiedenen Sektoren“.
Ampel-Politiker wollen an Atomausstieg festhalten
In der Ampel-Koalition gibt es derweil breiten Widerspruch zu Forderungen nach längeren Akw-Laufzeiten oder einem Aufschub bei der Energiewende. „Aus Sicherheitsgründen halte ich eine Laufzeit-Verlängerung der letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland für nicht verantwortbar“, erklärte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) am Donnerstag in Berlin. Stattdessen pochte sie auf den rascheren Ausbau erneuerbarer Energien.
„Wir haben vor 21 Jahren den Atomausstieg vereinbart, daran wollen und werden wir festhalten“, sagte auch die SPD-Vorsitzende Saskia Esken nach Beratungen des Parteivorstands in Berlin.
„Gerade jetzt, wo es um höhere Souveränität geht, müssen wir auf den beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien setzen“, forderte auch Esken. Wegen des Klimaschutzes solle auch der Kohleausstieg weiterhin „idealerweise“ für 2030 angestrebt werden. „Das wäre der richtige Weg“, sagte Esken. Hierfür sollten weiter die Vorbereitungen getroffen werden, allerdings in Abhängigkeit von der Versorgungssicherheit. (afp/dl)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion