Gibt es eine Einigung über Nord Stream 2?

Offenbar haben Berlin und Washington eine Einigung über die umstrittene Gaspipeline Nord Stream 2 erzielt haben. Der ausgehandelte Deal soll noch heute verkündet werden.
Titelbild
Rohrsysteme und Absperrvorrichtungen in der Gasanlandestation von Nord Stream 2 in Lubmin, Mecklenburg-Vorpommern.Foto: Jens Büttner/dpa/dpa
Epoch Times21. Juli 2021

Kurz nach dem Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Washington bahnt sich im Streit um Nord Stream 2 eine Einigung zwischen den USA und Deutschland an. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price, deutete am Dienstag an, dass eine Vereinbarung kurz bevorstehe. „Wir haben noch keine endgültigen Details zu verkünden, aber ich denke, ich kann bald mehr sagen“, fügte er hinzu.

Deutschland habe „nützliche Vorschläge gemacht“, sagte Price mit Blick auf Merkels Besuch im Weißen Haus in der vergangenen Woche. Beide Seiten seien dem gemeinsamen Ziel näher gekommen, „Russland daran zu hindern, Energieströme als Waffe einzusetzen“. Durch die umstrittene Pipeline Nord Stream 2 soll in Zukunft russisches Gas nach Deutschland transportiert werden.

Price äußerte sich während einer Reise des ranghohen US-Diplomaten Derek Chollet in die Ukraine und nach Polen. Beide Länder gehören – neben den USA – zu den vehementesten Kritikern des deutsch-russischen Pipeline-Projekts. Sie argumentieren, dass Nord Stream 2 eine stärkere Abhängigkeit Europas von russischem Gas nach sich ziehen und wirtschaftlichen Schaden für traditionelle Gas-Transitländer wie die Ukraine verursachen wird.

Merkel räumt Differenzen mit Biden ein

US-Vertreter hatten in Gesprächen mit der Bundesregierung über Nord Stream 2 einen Mechanismus gefordert, in dem automatische Strafmaßnahmen gegenüber Russland eingeleitet würden, sollte Moskau den Druck auf Kiew erhöhen. Der seit der Krim-Annexion 2014 schwelende Konflikt zwischen Russland und der Ukraine hatte sich in den vergangenen Monaten wieder verschärft. Kiew und westliche Regierungen werfen der russischen Regierung vor, die prorussischen Separatisten zu unterstützen, die in der Ostukraine gegen die ukrainische Armee kämpfen.

Merkel hatte bei ihrem Besuch in Washington Differenzen mit Präsident Joe Biden eingeräumt. Beide waren sich aber einig, dass die Ukraine ein Transitland für russisches Erdgas bleiben müsse – auch nach der Inbetriebnahme von Nord Stream 2.

Ihre Zusage, dass die Ukraine Gastransitland bleiben werde, hatte Merkel Mitte des Monats auch bei einem Treffen mit dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj erneuert. „Ich pflege, meine Versprechungen zu halten, und ich glaube, das gilt für jeden weiteren deutschen Bundeskanzler“, sagte sie damals.

Auch Biden gegen Nord Stream 2

In den USA ist die Ablehnung gegenüber Nord Stream 2 parteiübergreifend. Unter dem früheren Präsidenten Donald Trump verhängte Sanktionen hatten einen Weiterbau der Pipeline blockiert. Auch Biden steht dem Projekt äußerst kritisch gegenüber.

Trotzdem hatte er sich nach seinem Amtsantritt gegen Sanktionen für die beteiligten deutschen Unternehmen ausgesprochen. „Als ich Präsident wurde, war die Pipeline zu 95 Prozent fertig. Sanktionen ergaben da keinen Sinn“, begründete er den Schritt vergangene Woche. Er habe sich stattdessen zur Zusammenarbeit mit Deutschland entschieden. Bidens Verzicht auf Sanktionen hatte auch in den Reihen seiner eigenen Demokratischen Partei für Kritik gesorgt.

Umstritten ist Nord Stream 2 nicht nur wegen seiner geopolitischen Dimension. Auch Klima- und Umweltschützer lehnen die Pipeline ab und haben immer wieder gegen ihren Weiterbau geklagt.

Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Sascha Müller-Kraenner, bezeichnete die Pipeline am Mittwoch aus klimapolitischer Sicht als „Sündenfall ersten Ranges“. Fossile Großprojekte wie Nord Stream 2 „passen nicht mehr in die Zeit“, betonte er. Die DUH werde deshalb „weiter mit allen juristischen Mitteln gegen Fertigstellung und Inbetriebnahme des Projektes vorgehen“. (afp)



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion