Heizungsgesetz: Abwärme aus Müllverbrennung als „erneuerbare Energie“ – Umweltverbände protestieren

Das geplante Heizungsgesetz soll Abwärme aus der Müllverbrennung als „erneuerbare Energie“ deklarieren. Umweltverbände laufen gegen das Vorhaben Sturm.
Die Lage der Industrie aus Sicht der Müllverbrennung
Eine Müllverbrennungsanlage an der Elbe bei Magdeburg.Foto: iStock
Von 21. Juni 2023


Für Aufregung bei Umweltverbänden sorgt ein Passus im Entwurf zum geplanten Gebäudeenergiegesetz, auch bekannt als Heizungsgesetz. Es geht um die Einstufung von Abwärme aus der Müllverbrennung als „erneuerbar“. Dies würde einen größeren Spielraum eröffnen, wenn es um den Mindestanteil an erneuerbaren Energien beim Betrieb von Heizungsanlagen geht.

Vereinigungen wie der Naturschutzbund Deutschland und die Recyclingbranche halten dies für eine „Katastrophe“.

Abwärme als Option zur Erfüllung der Vorgaben für Erneuerbare

Wie das „Handelsblatt“ berichtet, würden vor allem die Kommunen von der Regelung profitieren. Von den 59 Müllverbrennungsanlagen mit Wärmeauskopplung, deren Betreiber die Interessengemeinschaft Thermische Abfallbehandlung ist, entfallen die meisten auf sie. Insgesamt sind es derzeit etwa 2,02 Millionen Haushalte, deren Wärmeversorgung auf diese Weise stattfindet.

Ab 2024 soll zunächst jede neu eingebaute Heizungsanlage zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbarer Energie betrieben werden. Bei Wärmenetzen sollen es bis 2030 mindestens 50 Prozent sein. Bis 2045 soll die Energieversorgung komplett klimaneutral erfolgen. Die Einordnung von Abwärme aus der Müllverbrennung als „erneuerbar“ würde es deutlich leichter machen, diese Vorgaben zu erfüllen.

Abwärme aus der Müllverbrennung ist keine primäre erneuerbare Energiequelle. Unter einer solchen versteht man Energiequellen, die sich selbst durch natürliche Prozesse ständig regenerieren und unbegrenzt verfügbar sind. Dazu gehören neben Sonne und Wind noch Wasserkraft, Biomasse oder Geothermie.

Jedoch stellt die Abwärme eine sogenannte sekundäre Energiequelle dar. Sie entstammt einem Prozess, der auf der Verbrennung nicht erneuerbarer fossiler Energieträger beruht. Allerdings lässt sie sich auf eine ökologisch sinnvolle Weise nutzen, da bei der Verbrennung von Abfall Wärme entsteht. Diese wiederum lässt sich nutzen, um Strom zu erzeugen, zu heizen oder Räume zu klimatisieren. Die Erzielung eines zusätzlichen Nutzens aus einem bereits vorhandenen Prozess trägt zur Energieeffizienz bei.

Grüne lehnen weiterhin CCS-Einsatz ab

Die Bundesregierung rechtfertigt ihr Vorgehen damit, dass die Müllverbrennung ohnehin stattfinden würde. Die dabei entstehende Wärme sei „unvermeidbar“ und es sei deshalb gerechtfertigt, diese als zu 100 Prozent erneuerbar einzustufen.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Markus Hümpfer hält die Einstufung für gerechtfertigt und äußert:

Müllheizkraftwerke versorgen ohnehin Tausende Haushalte mit Wärme und leisten dadurch einen großen Beitrag zur Dekarbonisierung im Wärmesektor.“

Zudem ergäben sich durch die Technologie der Abscheidung, Speicherung und Wiederverwertung des frei werdenden CO₂ zusätzliche Potenziale. Die sogenannte CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage) könne zur weiteren Optimierung der Klimabilanz der Abwärme aus der Müllverbrennung beitragen.

CCS zielt darauf ab, bei der Verbrennung von fossilen Brennstoffen oder Biomasse freigesetztes CO₂ abzufangen und es anschließend sicher zu speichern. Auch so ließe sich eine dauerhafte Reduzierung der CO₂-Emissionen erreichen. In Deutschland gibt es gegenüber dieser Technologie jedoch nach wie vor Vorbehalte, vor allem durch die Grünen.

Verbände sehen „Anreiz und Ermunterung für mehr Müllverbrennung“

Die Umweltverbände und Eric Schweitzer, Inhaber des Entsorgungsunternehmens ALBA, sehen das Vorhaben hingegen kritisch. Schweitzer äußerte, Städte und Landkreise könnten die Einstufung als „Anreiz und Ermunterung für mehr Müllverbrennung“ verstehen. Dies gehe auf Kosten von Abfalltrennung und Rohstoffschonung.

Auch Michael Jedelhauser, Experte für Kreislaufwirtschaft beim Naturschutzbund Deutschland, bestreitet die „Unvermeidbarkeit“ der Müllverbrennung. Er fordert eine Verbesserung von Mülltrennung und Wiederverwertung. Etwa zwei Drittel des Inhalts der durchschnittlichen Restmülltonne in Deutschland seien stofflich verwertbare Abfälle. Häufig fänden sich darin „Bioabfälle, aber auch Altpapier, Verpackungsabfälle oder Elektroaltgeräte“.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Hümpfer plädiert ebenfalls für eine deutliche Verbesserung der Recyclingquote. Dennoch sieht er es ebenso wie der Verband Kommunaler Unternehmen als „sinnvoll und richtig“, die Abwärme zu nutzen. Dies trage dazu bei, „die Umweltbilanz der Abfallverbrennung so nachhaltig wie möglich zu gestalten“, betont eine VKU-Sprecherin.

Häufig erfolge die Abfallverbrennung auch aus hygienischen Gründen. Die dabei entstehenden fossilen CO₂-Emissionen seien „den Produkten zuzuschreiben, nicht der Abfallentsorgung als solcher“.



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