Inflation Reduction Act: EU wirft Biden Protektionismus vor – will ihn aber selbst üben

Bundeskanzler Scholz will bei US-Präsident Joe Biden Ausnahmen für die EU beim Inflation Reduction Act erwirken. Dabei gibt es noch nicht einmal ein transatlantisches Freihandelsabkommen (TTIP).
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Im August 2022 klärte der Senat letzte Details zum Inflation Reduction Act.Foto: Anna Rose Layden/Getty Images
Von 19. Dezember 2022

Der im August von US-Präsident Joe Biden unterzeichnete Inflation Reduction Act sorgt für Ärgernis bei den Europäern. Im Anschluss an den EU-Gipfel am Donnerstag gab der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz seiner Erwartungshaltung Ausdruck, dass die USA der Staatengemeinschaft entgegenkommen. Die Europäer wollen Ausnahmen für sich bei den US-Maßnahmen zur Unterstützung der eigenen Wirtschaft erwirken.

Inflation Reduction Act reicht weniger weit als „Build Back Better“-Programm

Der Inflation Reduction Act ist Teil eines Steuerreformpakets, das den Zweck verfolgt, die Erholung der US-Wirtschaft nach der Corona-Krise zu flankieren. Gleichzeitig soll es die USA vor den Auswirkungen der Energiekrise schützen und die Inflation bändigen.

Wie der Wirtschaftsberatungskonzern KPMG erläutert, schafft der Inflation Reduction Act vor allem milliardenschwere Steueranreize für den Ausbau erneuerbarer Energiequellen vor. Allerdings reicht sein Umfang weniger weit als jener des „Build Back Better Acts“ des Repräsentantenhauses vom November 2021.

Nach Ansicht der EU-Kommission benachteiligt der Inflation Reduction Act EU-Firmen gegenüber der US-Konkurrenz. Besonders sauer stößt Brüssel auf, dass zu den Voraussetzungen für Subventionen und Steuergutschriften gehört, in den USA zu produzieren und US-Produkte zu verwenden.

EU will beim Inflation Reduction Act mit USMCA-Partnern gleichgestellt werden

Ausnahmen gibt es für Kanada und Mexiko. Diese sind den USA durch das Gesetz gleichgestellt – und die EU will diesen Status ebenfalls erreichen. „Es ist ganz klar, dass wir uns an dem orientieren, was die Bedingungen für Kanada sind“, äußerte Scholz unter Verweis auf Gespräche mit den Amerikanern. „Und wir haben auch den Eindruck, dass uns das gelingen wird.“

Was Scholz in diesem Kontext nicht anspricht: Kanada und Mexiko sind mit den USA seit Juli 2020 durch ein umfassendes Freihandelsabkommen verbunden. Das USMCA hatte damals noch Präsident Donald Trump als Nachfolgepakt zum seit 1994 geltenden NAFTA mit beiden Nachbarländern ausgehandelt.

Die jahrelangen Verhandlungen zwischen der EU und den USA über ein transatlantisches Freihandelsabkommen (TTIP) endeten hingegen ergebnislos. Die EU hatte wenig Bereitschaft gezeigt, in Bereichen wie Agrarsubventionen oder der Zollpolitik Kompromisse zu finden. Weitere Streitpunkte waren Verbraucherschutz, Gentechnik oder Fracking.

Macron: „Wir wenden andere Regeln an als andere – und das ist keine gute Idee“

Scholz erklärte nun, einen „fairen Rahmen“ mit Blick auf Ausnahmen zum Inflation Reduction Act anzustreben. Anschließend behalte sich die EU jedoch auch Schritte zum Schutz der eigenen Produktion vor:

Und danach wird es darum gehen, dass wir Regelungen treffen, mit denen wir unsere eigene industrielle Entwicklung verteidigen.“

Die sinkende Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen ist vielfach die Folge hausgemachter politischer Entscheidungen. So sind die Energiekosten in der EU um ein Vielfaches so hoch wie in den USA. Dennoch neigen europäische Politiker häufig dazu, Drittstaaten und deren behauptete Protektionsmaßnahmen für die eigene Lage verantwortlich zu machen.

Auch der französische Präsident Emmanuel Macron sprach sich dafür aus, so wie die USA auch die Wirtschaft in der EU zu stützen – notfalls entgegen internationalen Handelsregeln. „Wir wenden Regeln an, die andere nicht anwenden“, sagte Macron. Man könne sich dazu entscheiden, das weiter zu tun, auch wenn die beiden größten Wirtschaftsmächte China und die USA die Regeln nicht anwenden. „Aber ich halte das nicht für eine gute Idee“, fügte Macron hinzu.

(Mit Material der dpa)



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