China denkt anders – Dr. Christopher Balding im Interview

"Xi will seinen Lebensabend als Kaiser in China verbringen", erklärt der China-Experte Dr. Christopher Balding. Das hat Auswirkungen auf die aktuellen Entscheidungen.
Von 23. November 2021

China-Experte Dr. Christopher Balding war neun Jahre lang Professor an der HSBC Business School der Universität Peking, bis er gefeuert wurde, weil er sich gegen die Zensur aussprach. Auch arbeitete er als Professor an der Fulbright-Universität Vietnam. In einem Interview mit Jan Jekielek, Moderator der Epoch Times-Sendung „American Thought Leaders“, gibt er Insider-Informationen zur Evergrande-Schuldenkrise, zur aktuellen Lage des chinesischen Wirtschafts- und Finanzsystems sowie Pekings zunehmender Aggression gegenüber Taiwan.

Jan Jekielek: Christopher, vor kurzem ist durchgesickert, dass das chinesische Regime eine Hyperschallwaffe getestet hat, die in der Lage ist, nukleare Sprengkraft überall auf der Welt zu detonieren. Ich glaube nicht, dass sie ihr Ziel [beim Test] genau getroffen haben, aber die Waffe zeigt eine schier unglaubliche Fähigkeit, von der wir im Westen offenbar nichts wussten. Ich weiß nicht, ob das wahr ist oder nicht. Gleichzeitig sehen wir Schlagzeilen in den Nachrichten wie: „Washington hört Echos der 50er-Jahre und macht sich Sorgen: Ist das ein Kalter Krieg mit China?“

Christopher Balding: Nun, es ist sehr schwierig, das vergangene Jahrzehnt unter der Herrschaft von Xi Jinping zu betrachten – insbesondere die letzten zwei bis vier Jahre – und nicht zu wissen, dass wir uns de facto in einem Kalten Krieg 2.0 befinden, wie ich ihn nennen würde. Die Schwierigkeit für viele Menschen, die das nicht wahrhaben wollen, besteht darin, dass sie so eine Zeit aus verständlichen Gründen nicht unbedingt noch einmal erleben wollen.

Die Problematik besteht auch darin, zu akzeptieren, wer dein Gegenüber ist. Wenn wir China im Vergleich mit anderen Ländern wie der Sowjetunion oder ähnlichen Ländern betrachten, erfüllt China viele der Kriterien, die wir beachten müssten – staatlich geförderte Depression und expansive Ziele auf unterschiedlichen Ebenen. Es ist sehr schwer zu verstehen, wie man im Jahr 2021 angekommen sein kann, ohne dies bereits als Tatsache zu akzeptieren.

Jan Jekielek: Das erinnert mich an etwas, das ich heute in Ihrem Twitter-Feed gefunden habe. Sie zitieren Elbridge Colby – einen ehemaligen hochrangigen US-Militär-Beamten: „Wahrscheinlich ist meine größte dringende Sorge über die China-Strategie der Biden-Regierung, dass sie unseren ‚Wunsch‘, dass es nicht zu einem militärischen Konflikt kommt, mit der Annahme verwechselt, dass es nicht dazu kommen wird.“

Christopher Balding: Was ich damit meine, ist, dass es in den Vereinigten Staaten und in vielen anderen Ländern die falsche Vorstellung gibt, dass alles, was wir tun, Auswirkungen auf China haben wird. Wenn wir uns also auf eine bestimmte Art und Weise verhalten, würde dies ihr Verhalten auf irgendeine Weise wesentlich verändern.

Ob wir es als Kalten Krieg oder als Konflikt behandeln wollen oder nicht, spielt keine Rolle. Das ist irrelevant. Wie sieht China die Situation? Wie verhalten sie sich? Sie verhalten sich eindeutig, und zwar nicht nur in Bezug auf die Hyperschallwaffen, sondern auch in einer Reihe anderer Bereiche der Verteidigung und Sicherheit. Sie betrachten es bereits als eine Art Kalter Krieg und bevorstehenden Konflikt.

Sehen wir uns nur das Südchinesische Meer an. Sehen wir uns an, was sie gesagt haben und wie sie sich in Bezug auf Taiwan verhalten. Wir können einen Blick auf Hongkong werfen. Das gibt uns eine Vorstellung davon, wie sie die Außenwelt sehen. Ich denke also, wenn Colby das sagt, müssen wir sagen: Es ist nicht wichtig, was wir denken. Wir müssen verstehen, wie unser Gegenspieler die Situation sieht und darauf reagieren.

Xi Jinping strebt Vereinigung Taiwans mit dem Festland an

Jan Jekielek: Nehmen wir Taiwan. Was sagt uns Taiwan? Was bedeutet dieser drastische Anstieg an Überflügen? Ich habe mir die verschiedenen Arten dieser bewaffneten Handelsschifffahrtsaktivitäten vor der Küste angesehen. Es gibt viel mehr Aktivitäten. Was sagt uns das im Moment?

Christopher Balding: Eines der Dinge, die Xi sehr deutlich zeigt, ist, dass er sich in Bezug auf China fast als eine Art Heilsbringer betrachtet. Er ist die Person, die China seinen rechtmäßigen Platz als unangefochtene Weltmacht zurückgeben will. Er will China wieder in die zentrale Position der Macht und Kontrolle bringen. Das ist seine Aufgabe.

Eine Sache, über die er häufig gesprochen hat, ist die Wiedervereinigung Taiwans mit dem Festland. Er hat wiederholt gesagt: „Wenn ihr euch nicht friedlich mit uns vereinigt, werden wir euch mit Gewalt einnehmen.“

Dies ist wieder eine dieser Situationen, in denen es egal ist, was Taiwan oder die Vereinigten Staaten tun. Wir können es in der nettesten Sprache sagen, die möglich ist. Auf der chinesischen Seite gibt es einen vorbestimmten Standpunkt. Es gibt eine festgelegte Vorgehensweise, wohin sie gehen wollen und was ihr Ziel ist. Entweder wir alle schließen uns diesem Plan an oder wir sind der Feind.

Ich gehe davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit eines Konflikts zwischen China und Taiwan plus/minus sechs Monate vor November 2022 sehr hoch ist, weil Xi dann voraussichtlich wiedergewählt wird. Wenn er für eine dritte Amtszeit wiedergewählt wird – und damit mit den Gepflogenheiten der Kommunistischen Partei in der jüngeren Geschichte bricht –, ist ein Teil seiner Wahlkampagne die Wiedervereinigung Taiwans mit dem Festland. Es ist nicht abwegig zu glauben, dass es innerhalb von sechs Monaten nach seiner Wiederwahl zu irgendeinem Konflikt mit Taiwan kommen wird.

Jan Jekielek: Ich möchte über die Rolle der Kommunistischen Partei in der chinesischen Gesellschaft sprechen. Aber bevor wir dazu kommen, erzählen Sie mir ein wenig über Ihren Hintergrund, denn Sie haben eine einzigartige Perspektive auf China und dessen Wirtschaft und wie sich diese entwickelt hat.

Christopher Balding: Was meinen speziellen Hintergrund und meine Sichtweise auf China so einzigartig macht, ist, dass ich nicht nach China gereist bin, mit der Absicht, etwas über China zu lernen. Ich habe China kennengelernt, indem ich dort war und gelebt habe. Erst als ich in China lebte, habe ich Bücher über China gelesen. Ich habe über China gelernt, indem ich Fehler gemacht habe, indem ich Dinge getan habe, die man nicht tun sollte, und dann dachte: „Oh Mist, das hätte ich nicht tun sollen.“

Chinesen reden nicht Tacheles – Arbeitstreffen reich an Subtext

Eines der Ereignisse, auf die ich am meisten stolz bin – ich lebte zu diesem Zeitpunkt etwa fünf, sechs Jahre in China – war ein Arbeitstreffen. Ich weiß nicht einmal mehr, worum es in der Sitzung ging, aber in vielen chinesischen Gesprächen spricht niemand über das, worüber eigentlich zu sprechen wäre. Diese Gespräche sind reich an unterschwelligen Botschaften.

Worum es bei diesem Treffen auch immer ging, ich dachte mir: „Ok, ich verstehe, was hier los ist. Das ist das Gespräch, das gerade stattfindet.“ Dann fragte ich einen Kollegen, einen guten Freund, um mich zu vergewissern: „Ist das wirklich das, was eigentlich in dieser Besprechung passiert ist?“ Ich glaube, es ist das Unterschwellige, worum es in dem Gespräch wirklich ging.

Sie sahen mich an und sagten: „Du sprichst nun perfektes Chinesisch, ohne auch nur ein Wort Chinesisch zu sprechen.“ Ich bekam das Gefühl, dass wenn man in der Lage ist, die Körpersprache und den Subtext zu interpretieren, plötzlich eine viel bessere Vorstellung davon bekommt, wie viele dieser Dinge, die so unter der Oberfläche liegen und nicht ohne Weiteres ersichtlich sind, wenn man sie nicht selbst erlebt hat, offensichtlich werden. Das hat mein Verständnis von China sehr geprägt.

Aber ich bin nach neun Jahren gegangen, weil ich gefeuert wurde, weil ich mich über die Zensur beschwert habe. Zu dieser Zeit gab es im Vereinigten Königreich einige Zeitschriften, die einige Artikel zensiert hatten. Ich habe dieses Problem öffentlich angesprochen. Die Universität Peking entschied, dass es an der Zeit sei, unsere gemeinsame Beziehung zu beenden.

Dies ist eine meiner größten Enttäuschungen über vieles, was über China geschrieben wird und aus Washington, D.C. und New York City kommt. Diese Leute haben einfach nicht in China oder Vietnam gelebt. Und falls doch, dann haben sie ein Wochenende im Four Seasons verbracht und sich mit Führungskräften großer Unternehmen oder hohen Beamten der chinesischen Regierung getroffen.

So gewinnt man nicht viele Informationen oder Kenntnisse über das Land, und es spiegelt nicht das wider, was ich in China vor Ort erlebte.

Jan Jekielek: Erzählen Sie mir von den Daten in China. Können wir ihnen vertrauen? Wie funktionieren sie?

Christopher Balding: Darauf gibt es mehrere Antworten. Ich habe mich mit einem Regierungsbeamten in China getroffen. Das war, bevor die Razzien wirklich begannen. Man erzählte mir, dass ein anderer Bekannter, ein anderer Regierungsbeamter in einer lokalen Zweigstelle des Statistikamtes, wegen des Verkaufs von echten Daten verhaftet wurde. Sie haben die echten Daten an Leute verkauft.

Wenn ich von Ausländern höre: „Oh, chinesische Daten sind eigentlich ziemlich genau“, sage ich: „Chinesen glauben chinesischen Daten nicht.“ Der Grund dafür ist, dass jedes Unternehmen in China in das Datengeschäft eingestiegen ist. Einfache Immobilienfirmen haben erkannt: „Wow, ich vermiete nur Wohnungen. Ich habe tonnenweise Daten darüber, wie viele Wohnungen in meiner Provinz leer stehen.“

Jan Jekielek: Es ist fast wie ein Schwarzmarkt für Daten.

Christopher Balding: Ja. Es gibt nicht nur diesen legalen Markt für Daten. Es gibt einen sehr florierenden Daten-Schwarzmarkt in China, und zwar auf unterschiedliche Arten, zum Beispiel wenn man jemanden im Nationalen Statistikamt kennt, der einem die echten Daten verkauft. Die chinesischen Märkte sind allgemein bekannt für anormale Kursbewegungen vor großen Ankündigungen, sei es ein vierteljährlicher Gewinnbericht, die Getreidereserven oder Ähnliches.

Es ist allgemein bekannt, dass sich diese Märkte in China in einer Weise bewegen, wie sie es bei einer Datensperre nicht tun dürften. Es gibt also durchaus einen florierenden Schwarzmarkt für Daten in China.

Evergrande: Ist die Weltwirtschaft wegen eines chinesischen Unternehmens in Gefahr?

Jan Jekielek: Wir müssen hier über Evergrande sprechen. Das ist ein Thema, das alle beschäftigt. Die Leute fragen: „Handelt es sich um einen Zahlungsausfall? Ist das etwas, was das globale Wirtschaftssystem zum Einsturz bringen könnte?“ Wie ich gesehen habe, befürchten das viele. Dann gibt es andere, die genau das Gegenteil behaupten: „Das wird keine Auswirkungen haben. Die Kommunistische Partei hat die Sache im Griff.“ Wie sehen Sie das Ganze?

Christopher Balding: Es gibt eine Reihe von Fragen zu Evergrande. Erstens: Kann die Kommunistische Partei Chinas Evergrande als Unternehmen kontrollieren? Auf jeden Fall. Keine Frage. Das können sie.

Jan Jekielek: Dreihundert Milliarden Dollar, anscheinend. Ist das richtig?

Christopher Balding: Ja, absolut. Wirtschaftlich gesehen ist das ein nicht zu vernachlässigender Teil des BIP, aber es ist ein sehr kleiner Prozentsatz. Es gibt alle möglichen Dinge, die sie tun könnten. Ähnliches haben sie mit HNA, einem bankrotten Konglomerat, getan. Sie können dieses Problem wirklich sehr leicht aus der Welt schaffen.

Das Risiko für Evergrande selbst besteht darin, dass sie reingehen, das Unternehmen schließen und das Problem auf diese Weise lösen könnten. Das eigentliche Problem für die chinesische Wirtschaft ist nicht Evergrande selbst. Das ist der Punkt, an dem die Zensur nach oben und die Zensur nach unten für China wirklich schwierig ist.

Das Risiko ist, und das sehen wir bereits, dass sich China wirklich auf sehr dünnem Eis bewegt. Die chinesischen Bürger verlieren das Vertrauen in den Immobilienmarkt. Die Immobilientransaktionen in China sind stark zurückgegangen. In Shenzhen, einer Stadt, die größer als New York ist, gab es weniger als 2.000 Wiederverkaufstransaktionen. Normalerweise schafft man das locker an einem Tag.

Wenn ich mal ganz grob rechne, gibt es im gesamten Stadtgebiet von Shenzhen wahrscheinlich etwa 5 Millionen Einheiten. Das bedeutet, dass dort jeden Monat 2.000 Wohnungen verkauft werden. Stellen Sie sich vor, wie viele Hundert Jahre es dauern würde, um diesen Immobilienbestand umzuschlagen.

Die eigentliche Frage ist also, ob sie das so hinbekommen, dass die Menschen nicht das Vertrauen in andere Teile der chinesischen Wirtschaft verlieren. Ob es nun um Immobilien, den Aluminiumlieferanten, das Zementunternehmen oder die Bank geht. Wir haben Gerüchte gehört, dass die Ping An Bank, die in Shenzhen ansässig ist, echte Schwierigkeiten hat. Dort liegt das eigentliche Risiko, nicht bei Evergrande selbst.

Chinas Bruttoinlandsprodukt im Sinkflug

Jan Jekielek: Apropos Zahlen und Daten, die offiziellen BIP-Zahlen sind da. Ich schätze, es ist von 7,9 auf 4,9 gesunken. Was bedeutet das eigentlich für uns, für Investoren oder für die Chinesen?

Christopher Balding: Nach dem Jahr 2020 hat China erklärt, dass es sich sehr anstrengen wird, um die verlorene Zeit wieder aufzuholen. 2020 war kein ganz verlorenes Jahr, aber es war fast ein verlorenes Jahr durch Corona. Ihre Kreditwürdigkeit Anfang 2021 war einfach astronomisch.

In den ersten beiden Quartalen dieses Jahres hat sich das BIP-Wachstum stark erhöht, und zwar vor allem im Baugewerbe, im Immobiliensektor, bei anderen Infrastrukturen und ähnlichen Bereichen. Von dort kam der größte Teil des BIP-Wachstums.

Als sie jedoch sahen, dass die Inflation anfing zu steigen, wovor die KPC große Angst hat, haben sie die Kreditvergabe stark zurückgefahren. Sie begannen mit der Drosselung der Kreditvergabe etwa im Frühjahr – Mitte des zweiten Quartals 2021, also im April, Mai, Juni.

In China gibt es in der Regel eine sechsmonatige Verzögerung zwischen dem Zeitpunkt, an dem die Kreditvergabe ausgeweitet oder eingeschränkt wird, und dem Zeitpunkt, an dem sich dies in den BIP-Zahlen und in der realen Konjunktur niederschlägt. Wenn die Kreditvergabe gegen Ende 2020 und Anfang 2021 forciert wird, ist es logisch, dass es in Q1 und Q2 zu einer starken Zunahme der Wirtschaftstätigkeit kommen wird. Und wenn diese Zahlen im 2. Quartal wieder zurückgehen, ist es logisch, dass wir das sehen würden.

Der Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität ist direkt im Baugewerbe zu beobachten. Sei es im Eisenbahnbau, wo Projekte gestrichen wurden, oder im Immobiliensektor, wo definitiv Projekte gestrichen wurden. Das ist der eigentliche Grund für den Rückgang des BIP.

China ist hoch verschuldet

Jan Jekielek: Stellt dies im Moment eine Bedrohung für die Weltwirtschaft bzw. die US-Wirtschaft und China dar?

Christopher Balding: Ich denke, es gibt eine Reihe von spezifischen Problemen. Was die Immobilien betrifft, sehe ich ein Risiko für die Weltwirtschaft im Allgemeinen. China ist einfach ein stark bebautes Land. Und es ist ein hoch verschuldetes Land, was an den Immobilien liegt. Die chinesischen Haushalte sind höher verschuldet als fast alle Haushalte in den Industrieländern und definitiv höher als in jedem anderen Land, das auch nur annähernd das gleiche Einkommensniveau hat.

Chinesische Haushalte sind höher verschuldet als die Haushalte der USA, Russlands oder Mexikos, was im Vergleich zum Pro-Kopf-Einkommen ziemlich genau stimmt. Das wird in Zukunft eine enorme Einschränkung für den Konsum, für zusätzliche Immobilienkäufe und Ähnliches bedeuten. Das wird sich auch auf Luxusgüter, internationale Mobilität oder internationale Bildung auswirken – auf viele Dinge, für die China im Laufe der Jahre bekannt geworden ist.

Man kann in der Wirtschaft einfach nicht so weitermachen, wie es jetzt der Fall ist. Man sagt: „Nun, die Vereinigten Staaten haben eine hohe Verschuldung. Japan hat einen hohen Schuldenstand. China hat eine hohe Verschuldung. Es sollte also keine große Sache sein.“ Aber dabei wird ein sehr wichtiger Punkt übersehen.

Nämlich die Schuldentilgung. Wie viel es kostet, diese Schulden als Prozentsatz des japanischen Nationaleinkommens zurückzuzahlen. Denn je nach Wochentag und je nachdem, was die Händler tun, sind die Kosten für den Schuldenabbau in Japan fast gleich null, weil die Zinssätze bei null liegen. Selbst bei einem Viertel oder 50 Basispunkten, die viele Unternehmen möglicherweise zahlen müssen, sind die Kosten für die Volkswirtschaft sehr gering.

Der offizielle Zinssatz in China für eine 10-jährige Staatsanleihe beträgt 3 Prozent. Wenn man also über die Verschuldung spricht, nimmt man bereits 15 Prozent des BIP in Anspruch, wenn man die nicht-staatlichen Schulden und die anderen Aspekte hinzurechnet und wie viel es kostet, diese zu bedienen. Sie sprechen von 15 Prozent des BIP, um das zu bedienen. In Japan kostet das 1 Prozent des BIP. Es ist etwas ganz anderes, wenn wir sagen: „Nun, diese anderen Länder haben einen hohen Schuldenstand.“ China ist aus einer Reihe von Gründen ein ganz anderer Fall.

Balding: Man könnte argumentieren, dass es sich um eine Finanzkrise handelt

Jan Jekielek: Faszinierend. Es muss hier also einen Wendepunkt geben.

Christopher Balding: Wenn man von einem „Sturm“ [einer politische Umwälzung] spricht, kann man sagen, dass es einen echten Sturm in der chinesischen Wirtschaft gibt. Sie haben Evergrande, sie haben die Schulden, sie haben potenziell fallende Immobilienpreise.

Ich habe ein wenig nachgerechnet: Die Immobilienpreise sind bereits so weit gesunken, dass der Vermögenseffekt bei den privaten Haushalten in diesem Jahr wahrscheinlich etwa 7 Prozent des BIP ausmacht. Das ist also eine ziemlich signifikante Zahl. Man könnte durchaus argumentieren, dass es sich um eine Finanzkrise handelt.

Seit vielen Jahren vertrete ich den Standpunkt, dass sich diese Zahlen irgendwann einmal umkehren müssen. Sie können einfach nicht ewig so weitergehen. Das wird ein Ende haben. Ich bin zu der Einsicht gekommen, dass dies eher eine politische als eine wirtschaftliche oder finanzielle Frage ist.

Ich habe darüber mit jemandem gesprochen, der viel mehr über die chinesische Wirtschaft weiß als ich. Wir sprachen über die Möglichkeit einer Finanzkrise. Sie sahen mich an und sagten: „Nein, es wird keine Finanzkrise geben.“ Ich fragte: „Und warum nicht?“ Sie sagten: „Wenn es in autoritären Staaten zu einer Finanzkrise kommt, sieht es für die Führung nicht gut aus.“

Das ist die existenzielle Frage für China, auch weil sich Xi ja für eine Art Heilsbringer hält. Einer der anderen Aspekte seines Glaubenssystems ist, dass er die Fehler der Sowjetunion nicht wiederholen will. Er will nicht den Zusammenbruch Chinas herbeiführen. Es gibt keinen Scheck, der zu groß ist, als dass er ihn nicht ausstellen würde. Keine Rettungsaktion ist zu groß, als dass er nicht bereit wäre, sie zu übernehmen.

Die chinesische Führung kann sagen: „Nun, Sie wussten, was Sie kaufen. Die Regierung hat dieses Wohlstandsprodukt nicht garantiert. Die Regierung garantiert keine Immobilien.“ Aber was passiert, wenn die Immobilienpreise in China um 15 Prozent fallen und die Menschen auf einmal randalieren und protestieren, weil sie ihre Wohnungen nicht verkaufen können, weil sie ihre Hypotheken nicht mehr zahlen können? Er wird seine Meinung sehr, sehr schnell ändern. Er wird nicht der Führer sein, der es duldet, dass die Menschen auf der Straße gegen einen Immobiliensturz protestieren.

Wenn man sich die Daten anschaut, ist einer der häufigsten Gründe für Massenereignisse in China (das Wort für Proteste oder Unruhen) etwas, das mit Immobilien zu tun hat. Das bringt uns zu der Frage: „Wollen sie das Land retten?“

Letztendlich will Xi nicht ins Exil auf die Malediven gehen. Er will seinen Lebensabend als Kaiser in China verbringen. Und wie stellt man das an? Man rettet Unternehmen in China, anstatt Widerspruch zu dulden.



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