IW sieht Höhepunkt der Inflation überwunden: „2023 unter sechs Prozent“

Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) sieht auch in Deutschland Anzeichen dafür, dass der Höhepunkt der Inflation überschritten sein könnte. Für eine finale Entwarnung sei es aber zu früh.
Die Inflation hat 2022 in Deutschland ein Rekordhoch erreicht.
Die Inflation hat 2022 in Deutschland ein Rekordhoch erreicht. Das Institut der Deutschen Wirtschaft hofft auf Besserung.Foto: Hendrik Schmidt/dpa
Von 25. Januar 2023

Am Mittwoch, 25. Januar, will die Bundesregierung ihren Jahreswirtschaftsbericht vorlegen. Im Vorfeld hat das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) vorsichtigen Optimismus verbreitet. Gegenüber der Mediengruppe Bayern sprach IW-Chef Michael Hüther davon, dass die Inflation auch in Deutschland ihren Höhepunkt überschritten haben könnte.

Insgesamt, so Hüther, scheine „der Blick auf das laufende Jahr positiver als die Erwartungen aus dem letzten Jahr“. Immerhin sei zumindest für diesen Winter die Gefahr einer Gasmangellage gebannt. Nachdem bereits in den USA ein stetiger Rückgang der Teuerung zu verzeichnen sei, könne die Zeit der sehr hohen Inflationsraten auch hierzulande vorbei sein. Der IW-Chef erklärte dazu:

„Der Höhepunkt bei der Inflation scheint überwunden zu sein, sodass wir dieses Jahr mit einer Teuerungsrate von unter sechs Prozent rechnen können.“

Notenbanken bleiben bei ihrem vorsichtigen Kurs

Im Dezember hatte die Inflationsrate in Deutschland bei 8,6 Prozent gelegen. Das bedeutete eine gewisse Erleichterung gegenüber den Monaten zuvor, in denen die Raten noch zweistellig gewesen waren. Im Oktober hatte die Inflation mit 10,4 Prozent den höchsten Stand seit 1951 erreicht. Insgesamt lag die Teuerungsrate über das Jahr 2022 bei 7,9 Prozent.

Auch eine Inflation von fünf bis sechs Prozent wäre aber noch deutlich unter dem Stabilitätsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent. Die EZB will ihren Kurs bei der Leitzinspolitik vorerst nicht revidieren. Derzeit liegt dieser im Euroraum bei 2,5 Prozent. Ratsmitglied Klaas Knot stellte sowohl für Februar als auch für März weitere Zinsschritte in Aussicht. Am Ende könnte ein Leitzins von 3,25 oder sogar 3,5 Prozent stehen.

Die US-amerikanische Notenbank Federal Reserve (Fed) hatte im Jahr 2022 insgesamt siebenmal den Leitzins erhöht. Zuletzt gab es im Dezember ein weiteres Plus von 0,5 Prozent, sodass dieser bei 4,5 Prozent angelangt ist. Es handelt sich um den höchsten US-Leitzins seit 2007.

Inflation hält Konsumausgaben und Investitionen zurück

Auch Hüther macht deutlich, dass der aufkeimende Konjunkturoptimismus kein Anlass für Leichtsinnigkeit sein darf. Die Regierung dürfe sich nicht zurücklehnen, akute Herausforderungen wie die Energiepreiskrise blieben bestehen. Eine „akute Energie- und Rohstoffproblematik“ bleibe uns erhalten. Ähnlich hatten sich Experten auch schon zum Ende des Vorjahres geäußert.

Die Inflation hatte 2022 Verbraucher und Unternehmen gleichermaßen getroffen. Sie machte sich insbesondere dort bemerkbar, wo sie im Alltag die größte Rolle spielt: beim Preisanstieg von Energie und Lebensmitteln.

Dies lässt nach wie vor befürchten, dass Stützen der Konjunktur – wie privater Konsum oder Investitionen der Betriebe – schwach bleiben könnten, weil Bürger Ausgaben zurückhalten. Darüber hinaus erkauft sich die Bundesregierung ihre Energiepreisbremsen, die gegen die Inflation wirken sollen, mit neuen Schulden.

Uneinigkeit bei deutschen Experten

Sebastian Dullien vom gewerkschaftsnahen Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) hatte Ende des Vorjahres Hoffnung in die Preisbremsen gesetzt. Die Übernahme der Abschlagszahlungen im Februar und die Gaspreisbremse ab März würden die Teuerung deutlich zurück in den einstelligen Bereich drücken, meinte er.

Fritzi Köhler-Geib, Chefökonomin der KfW, erwartet einen signifikanten Rückgang der Inflation erst nach Ende der Heizperiode. Im Verhältnis würde die Teuerung auch 2022 noch hoch bleiben.

US-Ökonomen sehen die Inflation noch lange nicht gebannt

Der Wirtschaftswissenschaftler Nouriel Roubini äußerte sich auf der Seite des „Project Syndicate“ von US-Milliardär George Soros noch pessimistischer. Der ehemalige leitende Berater von US-Finanzminister Timothy Geithner in der Ära von Präsident Barack Obama sieht die „Mutter aller Wirtschaftskrisen“ am Horizont.

Er befürchtet eine „tiefe, langwierige Rezession“, die sich auf die gesamte Weltwirtschaft auswirken werde. Die Strategie, durch noch mehr öffentliche Verschuldung und Ausgaben der Krise entgegenzuwirken, werde die Inflation verschlimmern. Roubini befürchtet, explodierende Verschuldung, Kreditaufnahmen und Defizite aus den vergangenen Jahrzehnten könnten sich nun rächen. Dazu komme der demografische Faktor: vor allem westliche Gesellschaften überalterten schnell und nachhaltig. Nun gerieten Haushalte und Unternehmen ebenso wie Regierungen, Banken und Pensionspläne in einen gefährlichen Teufelskreis.

Nicht ganz so pessimistisch äußerte sich Larry Fink, der CEO der New Yorker Investmentgesellschaft BlackRock. Er warnte jüngst davor, mit einer zeitnahen Rückkehr der Normalität zu rechnen. Zwar gehe er davon aus, dass die Zeit der zweistelligen Inflationsraten bald vorüber sein dürfte. Dennoch rechnet er noch über mehrere Jahre hinweg mit Teuerungsraten von bis zu vier Prozent. Dieser Wert liege immer noch deutlich jenseits der Notenbankziele.

Die Börsen würden volatil bleiben, so Fink. Er sehe zwar keine Anzeichen für einen großflächigen wirtschaftlichen Zusammenbruch, allerdings auch kaum substanzielles Wachstum. Es werde noch über Jahre eine Entwicklung an den Börsen geben, die „nicht auf echtem Wachstum beruhen“ werde.

[Mit Material von AFP]



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