IWF-Vize zu digitaler Währung: „Programmierbarkeit“ für „gezielte politische Funktionen“

Im Rahmen einer Podiumsdiskussion hat IWF-Vize Bo Li digitale Währungen als Chance zur „finanziellen Inklusion“ gewürdigt. Entscheidend sei deren „Programmierbarkeit“ – aber auch die individuelle Kontrolle.
In Washington beginnt die jährliche Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds.
Der Internationale Währungsfonds setzt große Hoffnungen in digitale Währungen (CBDC) als Instrument zur finanziellen Inklusion.Foto: OLIVIER DOULIERY/AFP via Getty Images
Von 20. Juli 2023


In sozialen Netzwerken macht derzeit eine Aussage des stellvertretenden Geschäftsführers des Internationalen Währungsfonds (IWF), Bo Li, die Runde. Dabei spricht der frühere Vizegouverneur der chinesischen Zentralbank über das, was er als Vorzüge digitaler Währungen betrachtet. Digitales Zentralbankgeld (CBDC) sei ein bedeutsames Instrument der „finanziellen Inklusion“. Sein wesentliches Feature sei jedoch die „Programmierbarkeit“.

IWF-Vize will Regierungen durch CBDC „gezielte politische Funktionen“ ermöglichen

Der Ausschnitt stammt von einem Treffen des IWF vom Oktober des Vorjahres. Dieses hatte sich speziell mit dem Thema „Risiken und Nutzen von CBDCs für die finanzielle Inklusion“ befasst. Auch Bo Li, der am 23. August 2021 seinen Posten angetreten hatte, meldete sich dazu zu Wort.

In seinem Redebeitrag sprach er davon, dass die „Programmierbarkeit“ von digitalen Währungen die finanzielle Inklusion stärke. CBDC, so Li, könne es „Regierungsbehörden und privaten Akteuren ermöglichen, zu programmieren, intelligente Verträge zu erstellen“. Diese seien ein potenzieller Beitrag, um den digitalen Währungen „gezielte politische Funktionen zu ermöglichen“.

Digitale Währungen würden „präzise Ausrichtung“ von Sozialleistungen ermöglichen

Als möglichen Anwendungsbereich brachte Bo Li Sozialleistungen oder Konsumgutscheine ins Spiel. Deren Vergabe ließe sich zielgerichtet darauf programmieren, welche Personen sie erhalten und wie sie diese verwenden würden.

Auf diese Weise ließe sich etwa sicherstellen, dass Lebensmittelgutscheine tatsächlich zum Erwerb von Lebensmitteln Verwendung fänden. Damit helfe diese potenzielle Programmierbarkeit Regierungsbehörden, ihre Unterstützung „präzise auf die Unterstützung von Menschen auszurichten, die diese benötigen“.

Dies sei auch ein Beitrag zur sozialen Inklusion. Als Vorbehalt fügte der IWF-Vize noch an, dass digitale Währungen „kein Allheilmittel“ seien. CBDC könne nicht jede Herausforderung der finanziellen Inklusion lösen. Einige Aspekte davon, wie Finanzwissen oder digitale Kompetenz, seien keine Frage der Technologie. Deshalb müssten digitale Währungen in ein Gesamtkonzept mit anderen politischen Akteuren Einbettung finden.

CBDC als Chance zur Inklusion von Menschen ohne Konto

Befürworter von digitalen Währungen sehen CBDC als Chance zur finanziellen Inklusion. Deren Einführung würde helfen, Menschen ohne Bankkonto Zugang zu traditionellen Finanzdienstleistungen zu eröffnen.

Zudem könnten sie zu mehr Effizienz durch schnellere Transaktionen und niedrigere Kosten beitragen. In dem von Bo Li skizzierten Fall würde Sozialmissbrauch erschwert. In manchen Ballungsgebieten, in denen Lebensmittelmarken ausgegeben werden, verkaufen manche Bedürftige diese etwa, um Drogen zu finanzieren.

Ein weiterer Aspekt, den Befürworter digitaler Währungen ins Treffen führen, ist die direktere Kontrolle der Zentralbanken über Geldangebot und Geldpolitik. Dies könne helfen, die Stabilität des Finanzsystems zu erhöhen und mögliche Finanzkrisen besser zu bewältigen. Zudem könnten digitale Währungen zum Ausgangspunkt für Innovationen im Finanzsektor werden.

Umfassende Lebenskontrolle durch digitale Währungen

Dem stehen Herausforderungen und Gefahren gegenüber, wie sie beispielsweise auch zahlreiche Twitter-Nutzer angesichts zum Beitrag des IWF-Vizes ansprechen. Diese befürchten beispielsweise eine komplette „Lebenskontrolle“ des Individuums.

Der Staat könnte vorschreiben, wie die von ihm gewährte Nahrung, Unterkunft, soziale Teilhabe oder der Konsum aussehen solle. Bei Bedarf könnte CBDC auch zum Sanktionsinstrument werden. Dies reiche von Erwerbseinschränkungen und bei Bedarf Sperrung des Geldflusses bis hinunter zur „strafenden Zwangsverarmung“, so die Befürchtung. Weitere Nutzer sagen voraus, dass ein solches Kontrollregime den Schwarz- und Tauschhandel beflügeln werde.

Neben Datenschutz und Privatsphäre stellen jedoch auch Cybersicherheit und das Bankensystem potenzielle Quellen von Unwägbarkeiten dar. Hacker und Betrüger könnten die Sicherheitsvorkehrungen von Zentralbanken in Bezug auf CBDC überwinden.

Aber auch für die Geschäftsbanken könnte es Nachteile bringen, wenn Menschen ihre Bestände vermehrt in digitaler Währung halten. Banken könnten mit Einlagenabflüssen konfrontiert sein. Dies könnte ihre Fähigkeit zur Kreditvergabe und zur Bereitstellung von Finanzdienstleistungen beeinträchtigen.



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