Kommt jetzt die Trendwende bei den Lebensmittelpreisen?
Immer mehr Preise im deutschen Lebensmittelhandel geraten ins Rutschen. In dieser Woche kündigten Aldi, Edeka, Rewe und Co. dauerhafte Preissenkungen für zahlreiche Molkereiprodukte wie Milch, Quark, Sahne oder Joghurt an. Insgesamt würden über 50 Molkereiprodukte um bis zu 15 Prozent billiger, berichtete der Discounter. Die Kette Kaufland versprach sogar Preissenkungen bei mehr als 350 Molkereiprodukten.
Schon im April waren von den großen Handelsketten die Preise für Butter und im Februar die Preise für Kaffee im Preiseinstiegsbereich gesenkt worden.
Nähert sich also die für viele Verbraucher schmerzhafte Welle der Preiserhöhungen im Lebensmittelhandel ihrem Ende? Könnten die Preise jetzt vielleicht auf breiter Front wieder ins Rutschen geraten?
Einiges spricht dagegen
Ursache für den Anstieg der Lebensmittelpreise seien die Kostensteigerungen in der gesamten Wertschöpfungskette – bei Rohstoffen, Energie, Verpackungen und Logistik, betonte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Lebensmittel (BVLH), Franz-Martin Rausch, im Gespräch mit der Mediengruppe Bayern. Für den Handel seien dadurch nicht nur die Einkaufspreise gestiegen, sondern auch die Kosten für Transport und Logistik, für Heizung und Kühlsysteme hätten sich massiv erhöht.
„So wie sich die Preissteigerungen in der Lebensmittellieferkette erst zeitversetzt in den Verbraucherpreisen bemerkbar gemacht haben, wird sich die Entspannung bei den Erzeugerpreisen erst nach und nach in den Lebensmittelverkaufspreisen sichtbar machen“, prognostizierte der Branchenkenner.
Handelsexperte Robert Kecskes vom Marktforschungsunternehmen GfK rechnet zwar damit, dass die Preissteigerungsrate in diesem Jahr nicht mehr so hoch sein wird wie 2022. Dass die Preise auf breiter Front wieder deutlich sinken, hält er aber für eher unwahrscheinlich. Mit Blick auf einen Großteil der Preiserhöhungen der vergangenen zwölf Monate meint er: „Ich vermute, das geht nicht mehr weg.“
Kontroversen zwischen Händlern und Herstellern
„Was man aktuell sieht, ist, dass der Einzelhandel bei seinen Eigenmarken Preissenkungen vornimmt“, sagte Keckes. Vorreiter seien dabei die Discounter, die damit sinkende Rohstoff- und Energiekosten an die Kunden weitergäben. Wie die zukünftige Preisentwicklung bei Markenartikeln aussehe, hänge aber wesentlich vom Ausgang der aktuellen Kontroversen zwischen Händlern und den Herstellern ab – davon, ob es dem Handel gelinge, weitere Preisforderungen großer Markenhersteller abzuwehren.
Rewe-Chef Lionel Souque betonte, der Handelsriese sei zwar „bereit, berechtigte rohstoffbasierte Kostenerhöhungen zu berücksichtigen, aber eben nur solange sie auch berechtigt sind“. Vorrang habe für das Unternehmen das Interesse der Kunden.
„Festere Preise“ im Herbst erwartet
Dass die jüngsten Preissenkungen bislang eher ein Tropfen auf den heißen Stein sind, zeigt ein Blick auf die Inflationsrate. Trotz erster Preissenkungen bei einzelnen Produkten lagen die Preise für Nahrungsmittel nach den Zahlen des Statistischen Bundesamtes im Mai insgesamt um 14,9 Prozent über dem Vorjahresmonat.
Dass nun gerade die Preise für Molkereiprodukte ins Rutschen geraten sind, liegt nach Einschätzung des Milchindustrie-Verbandes an dem derzeit großen Angebot an Milch in Deutschland und Europa. Angesichts der hohen Preise im vergangenen Jahr hätten viele Landwirte die Produktion gesteigert, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Eckhard Heuser.
Die Entspannung bei den Milchpreisen könnte allerdings von kurzer Dauer sein. Vieles spreche dafür, dass sich der Markt in den nächsten Monaten beruhigen werde und schon im Herbst wieder „festere Preise“ zu erwarten seien, sagte Heuser. Was bedeuten würde, dass die Verbraucher dann wohl wieder etwas tiefer für Milch und Sahne in die Tasche greifen müssen.
Bei vielen Menschen in Deutschland ist die Hoffnung, dass Lebensmittel bald wieder günstiger werden, ohnehin gering. Nach einer aktuellen Umfrage der Unternehmensberatung EY gehen 70 Prozent der Verbraucher davon aus, dass die Preise bei Nahrungsmitteln weiter steigen werden. (dpa/dl)
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