„Lieber den Chinesen das Geld geben“ – Die Ineffizienz der deutschen Energiewende

Der Ökonom Ulrich van Suntum hält die deutsche Energiewende für marktwirtschaftlich ineffizient. Sein Lösungsvorschlag könnte zumindest ökonomische Verbesserungen bewirken.
„Lieber den Chinesen das Geld geben“ – Die Ineffizienz der Energiewende
China hat die höchsten CO₂-Emissionen der Welt.Foto: Kevin Frayer/Getty Images
Von 13. November 2022

Die Energiewende der deutschen Bundesregierung sei der falsche Weg, um das Klima zu retten. Das sagte der Ökonom Ulrich van Suntum auf einer Fachtagung in Stuttgart. Van Suntum ist emeritierter Professor der Universität Münster und war Generalsekretär der fünf „Wirtschaftsweisen“.

Er zitierte eine Reihe von Untersuchungen, wonach die deutsche Energiewende bis zu 100 Milliarden Euro pro Jahr kostet. Es gebe zwar auch Berechnungen, etwa des Fraunhofer-Instituts, wonach sie praktisch gar nichts koste, aber dabei seien die vermiedenen Klimakosten der fossilen Energieträger schon mit eingerechnet. Sie dürften dann jedoch nicht nochmals als Nutzen der Energiewende in der Bilanz erscheinen.

Seriöser sei es deshalb, bei der Bruttokostenrechnung zu bleiben. Dann könne kein Zweifel darüber herrschen, dass die Energiewende jeden Bürger weitaus mehr koste als nur „eine Kugel Eis“, wie es der frühere Bundesumweltminister Jürgen Trittin einmal prognostiziert hatte.

Unterschiedliche Länder, unterschiedliche Kosten

Dieses Geld sei aber viel besser angelegt in einem Fonds, der klimaschonende Maßnahmen in Entwicklungsländern finanziert, sagte van Suntum. „Dem Klima ist es egal, wo CO₂ eingespart wird, aber wirtschaftlich macht es einen großen Unterschied.“

So koste die Einsparung einer Tonne CO₂ im deutschen Stromsektor derzeit rund 80 Euro, das ist der aktuelle Preis der dort geltenden Emissionsrechte. Beim Einsatz von Photovoltaik oder Offshore-Windkraft lägen die Kosten noch deutlich höher, bedingt durch die staatlichen Subventionen. Dagegen sei die gleiche Einsparung in China für nur rund sieben Euro zu haben, in anderen Schwellenländern sei sie sogar noch preisgünstiger.

Einen Green Climate Fonds gibt es sogar bereits, er wurde 2010 von der UN gegründet. Allerdings finanziert er nur einzelne Projekte und kontrolliert nicht, ob an anderer Stelle dafür vielleicht sogar mehr CO₂ emittiert wird. Dies will van Suntum ändern. Geld aus dem Fonds sollen künftig nur solche Länder bekommen, die ihren CO₂-Ausstoß insgesamt senken.

Allerdings müsse dabei die jeweilige Wirtschaftsleistung berücksichtigt werden, damit auch wachsende Volkswirtschaften teilnehmen können. Geld aus dem Fonds sollen daher diejenigen Länder beantragen können, die dafür die größte Einsparung von CO₂ pro BIP-Einheit anbieten, so van Suntums Vorschlag.

Für die Finanzierung setzt er auf freiwillige Einzahlungen in den Fonds. Jedes Land und jede NGO, die wirklich am Klimaschutz interessiert ist, müsse dazu eigentlich bereit sein. Denn letztlich sei dies viel billiger als die „sündhaft teuren“ Maßnahmen im eigenen Land, die zudem die eigene Wettbewerbsfähigkeit gefährden könnten.

Bei den größten Emittenten ansetzen

Van Suntum verwies dabei auf den Carbon-Leakage-Effekt, den auch andere Ökonomen befürchten. So nutze es dem Klima wenig, wenn etwa ein Stahlwerk in Deutschland schließe und dafür nach Verlagerung in ein Schwellenland wie Indien oder China umso mehr CO₂ ausstoße. Auch aus diesem Grund sei es besser, beim Klimaschutz direkt in diesen Ländern anzusetzen. Es komme hinzu, dass sie ohnehin die größten Emittenten von globalen Klimagasen seien, während Deutschland daran nur einen Anteil von rund zwei Prozent habe.

Nicht alle Zuhörer waren begeistert von diesem Vorschlag. So wurde befürchtet, der Klimafonds werde von der Politik auf die nationalen Maßnahmen noch draufgesattelt werden, statt diese zu ersetzen. Das sei natürlich nicht der Sinn der Sache, räumte van Suntum ein. Andererseits könne man aber die nationale Klimapolitik nicht kritisieren, ohne eine Alternative dazu anzubieten.

Ein weiterer Einwand betraf die Fairness des Vorschlags. China sei schließlich die größte Exportnation der Welt und könne seinen Klimaschutz doch selbst bezahlen. Auch das bejahte der Referent, gab aber zu bedenken, dass man eine Weltmacht zu nichts zwingen könne. „Wenn sie nicht freiwillig mitmachen, müssen wir sie eben bestechen.“

Der marktwirtschaftlichste Weg

Er verwies dazu auf das in der Ökonomie bekannte Coase Theorem. Es geht auf den Nobelpreisträger Ronald Coase zurück und besagt, dass freiwillige Verhandlungen staatlichem Zwang in der Umweltpolitik oft überlegen sind. Wer die Kosten dafür nicht tragen wolle, könne ja nach China fahren und die dortigen Machthaber zu mehr Klimaschutz überreden, so van Suntum.

Er räume dem jedoch wenig Erfolgsaussichten ein. Schon beim Pariser Klimaschutzabkommen seien die Entwicklungs- und Schwellenländer von allen Verpflichtungen ausgenommen worden. Mit Geld lasse sich dagegen letztlich alles regeln, dies sei daher zumindest der marktwirtschaftlichste Weg.

Zur Person:

Prof. em. Dr. Ulrich van Suntum ist Ökonom (VWL) und war im Institut für Siedlungs- und Wohnungswesen/Centrum für angewandte Wirtschaftsforschung Münster (CAWM) tätig. Er war Hochschullehrer an den Universitäten Bochum, Köln, Witten-Herdecke und Münster sowie Generalsekretär des Sachverständigenrates. Seine Arbeitsbereiche umfassten das Siedlungs- und Wohnungswesen. Seine Forschungsbereiche waren Konjunktur, Arbeitsmarkt, Regionalökonomik und Wohnungspolitik.



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