Mehr als Notstrom: Tesla und die Batterien

Noch hat die Autoproduktion Priorität bei Tesla. Doch es gibt auch Powerwalls, Solardächer und vor allem die KI „Autobidder“. Die Strombranche ist beunruhigt.
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Tesla-Chef Elon Musk hat große Pläne für Grünheide und Deutschland.Foto: Maja Hitij/Getty Images
Von 26. Oktober 2021

Die Strombranche ist in Aufregung, der Grund ist Tesla. Doch nicht unbedingt, weil die Elektroautos auch geladen werden müssen und die deutsche Energiewende Probleme mit sich bringt. Sondern, weil sich Tesla fast unbemerkt von der Öffentlichkeit auf dem deutschen Energiemarkt ausbreitet und als Energieversorger mit Ökostrom antritt.

„Wir nehmen Tesla sehr ernst und beobachten genau, was sie vorhaben“, erklärt einer der großen deutschen Stromkonzerne im „Handelsblatt“.

Powerwalls und Solardächer

Werbung für ihre Energievorhaben macht Tesla in Deutschland wenig. Doch immer häufiger werden Stromspeicherbatterien von Tesla, sogenannte Powerwalls und Megapacks, vormontiert geliefert und von zertifizierten Installateuren binnen weniger Tage betriebsbereit gemacht.

Während Megapacks als Stromspeicher hauptsächlich für Unternehmen angeboten werden, sind Powerwalls eher für Eigenheime gedacht. Die Energiekapazität einer Powerwall wird von Tesla mit 13,5 kWh angegeben, die Leistung mit 4,6 kW. Eine Powerwall (1150 mm x 753 mm x 147 mm) kann im Inneren eines Hauses oder im Freien installiert werden, bis zu zehn Powerwalls können zusammengefasst werden. 13,5 kWh entspricht dem reichlichen Tagesbedarf eines Vier-Personen-Haushalts.

Tesla verkauft zudem Solaranlagen, die als Solar Roof bekannt sind. Das Solar Roof ist ein Photovoltaik-System für Eigenheime, bei dem sich die Solarpaneele kaum von herkömmlichen Dächern unterscheiden lassen. Mit der Solardachpflicht bei Neubauten in einigen Bundesländern wie Baden-Württemberg ab Mai 2022 könnten in Deutschland künftig davon einige mehr zu sehen sein.

Großhandel an Strommärkten

Der Verkauf von Batteriespeichern oder Solardächern ist für die Energiekonzerne eher weniger ein Problem. Sorgen bereitet den deutschen Stromanbietern die dazugehörige KI-gesteuerte Software namens „Autobidder“. Die Software ermöglicht den Betreibern, den Wert ihrer Speicherbatterien selbstständig am Strommarkt zu maximieren.

Autobidder ist eine autonome Bieterplattform, die den Wert von Batteriespeicheranlagen im Großhandel an Strommärkten maximiert. Es ist ein System, das Hochfrequenzhandel mit Strom betreibt.

„Autobidder bietet unabhängigen Stromerzeugern, -versorgern und Kapitalpartnern die Möglichkeit, Stromspeicheranlagen eigenständig zu monetarisieren“, schreibt Tesla auf seiner Website.

Wie funktioniert das? Wenn mehr Strom aus Wind- und Sonnenenergie zur Verfügung steht als benötigt wird, kann die vernetzte Autobidder-Plattform diesen kaufen und in den Powerwalls, die überall verteilt sind, speichern. Auch in Teslas E-Autos kann der Strom zwischengespeichert werden. Wird der Strom dann gebraucht, kann das System die Energie wieder ins Netz einspeisen.

In Deutschland können bisher nur die Kunden davon profitieren, die eine Powerwall und ein Solar Roof von Tesla besitzen. Elon Musk hat sich dazu mit dem britischen Energieanbieter Octopus Energy zusammengetan. In Baden-Württemberg und Bayern kann schon jetzt Strom über Tesla bezogen werden, die anderen Bundesländer sollen bis Anfang 2022 folgen.

Große Beispiele: Texas, Australien

Autobidder verwaltet global gesehen Anlagen mit Hunderten Megawattstunden, die bereits Netzeinspeisungen im GWh-Bereich geliefert haben. Gehostet werden die Daten in einer Tesla Cloud-Infrastruktur.

In Texas hat Elon Musk beispielsweise ohne großen Medienrummel eine riesige Batterie an das Stromnetz angeschlossen, nachdem im Februar 2021 während eines Wintereinbruchs die Stromversorgung nahezu zusammengebrochen war. Gambit Energy Storage LLC, eine bisher eher unbekannte Tesla-Tochtergesellschaft, unterstützt mit dem Energiespeicherprojekt von über 100 Megawatt Speichervolumen das Netz, wie „Bloomberg“ im März berichtet.

Seit 2017 hilft Tesla auch mit der weltweit größten Lithium-Ionen-Batterie im Energienetz von Südaustralien aus. In der Nähe von Jamestown dient die Anlage mit einer Kapazität von 129 Megawattstunden dazu, Strom aus einem Windpark zwischenzuspeichern.

Tesla-Powerwall-Batterie einer älteren Generation (2016) in einer Schule in Auckland, Neuseeland. Viel Platz nehmen die kleinen Anlagen für Häuser nicht weg. Foto: Hannah Peters/Getty Images

Von Braunkohle zur Lithium-Batterie

Teslas Engagement in Deutschland zieht andere Unternehmer der Branche mit. 60 Kilometer neben der Gigafactory in Grünheide lässt sich das kanadische Rohstoff-Unternehmen Rock Tech Lithium nieder. Rock Tech plant in Guben (Landkreis Spree-Neiße) den Bau des ersten europäischen Lithiumkonverters. Das Unternehmen will alle Produktionsschritte der Lithiumveredelung in einer Gesamtanlage aufbauen und bis zu 470 Millionen Euro investieren.

Das Unternehmen teilte Anfang Oktober mit, ein rund zwölf Hektar großes Areal im Industriegebiet Guben Süd gekauft zu haben. Pro Jahr sollen rund 24.000 Tonnen Lithiumhydroxid produziert werden, was für rund 500.000 Elektroautos mit Lithium-Ionen-Batterien ausreicht. Der Konverter soll 2024 den Betrieb aufnehmen. Bis 2030 soll die Hälfte der eingesetzten Rohstoffe aus dem Recycling von Altbatterien stammen. Arbeitsplätze für rund 160 Techniker, Ingenieure und Produktionsmitarbeiter sind geplant. Insgesamt wird Rock Tech quer durch Europa fünf solcher Werke bauen und 120.000 Tonnen Lithium pro Jahr verarbeiten.

Das Lithium stammt anfangs noch aus Kanada und wird zur Weiterverarbeitung nach Deutschland gebracht. Rock Tech Lithium geht jedoch davon aus, dass man in rund zehn Jahren keine eigenen Lithium-Minen mehr braucht. Stattdessen soll das Metall ausschließlich aus Altbatterien stammen. Die Anlagen der Fabrik werden entsprechend konzipiert.

„Unser Ziel ist, als erstes Unternehmen weltweit, einen geschlossenen Kreislauf für Lithium zu schaffen. Guben erscheint uns als der ideale Standort dafür, dabei spielen auch Fördermöglichkeiten eine maßgebliche Rolle“, so Dirk Harbecke, Chief Executive Officer von Rock Tech Lithium.

Prof. Jörg Steinbach, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg, ist über das neue Großprojekt erfreut. Damit entsteht die komplette Wertschöpfungskette in seinem Bundesland: von der Rohstoffaufbereitung über die Batterie- und Zellfertigung bis zum E-Autobau und auch das Batterierecycling. Deutschland wird mit der ersten Konverter-Fabrik von Rock Tech Lithium zum Hotspot in Sachen E-Auto-Batterien.

Warum gerade Brandenburg?

Warum sich Tesla und Co gerade in Brandenburg ansiedeln? Der Wirtschaftsminister Brandenburgs nennt einen Grund: Große Gewerbeflächen seien der „Goldstaub“ im internationalen Standortwettbewerb. Die Investition von Tesla habe gezeigt, wie wichtig große, zusammenhängende Gewerbeflächen seien, so Steinbach.

Die Zahl der Anfragen für Ansiedlungen sei hoch, das Flughafenumfeld des BER ziehe Investoren zusätzlich an und die Regionen entlang der großen Verkehrsachsen im Land würden immer attraktiver. Und noch etwas habe zumindest bei Rock Tech Lithium eine Rolle gespielt: Die Lausitz kennt sich mit der Rohstoffverarbeitung aus.

Tesla errichtet neben der E-Auto-Fertigung in Grünheide ebenfalls eine eigene Batteriefabrik, gefördert durch öffentliche Mittel. Wie hoch die Baukosten für Elon Musk in Grünheide tatsächlich sein werden, ist unbekannt. Nach Unternehmensangaben soll „eine mittlere einstellige Milliardensumme“ investiert werden. Spekulationen über vier bis fünf Milliarden seien nicht falsch, hieß es. Genauere Informationen gibt es nicht.

E-Auto, Batteriespeicher, Stromtarif – ein neues Paket

Tesla wird auch in Deutschland nicht bei Auto-Batterien stehen bleiben. Wer einen Tesla kauft, für den liegt es nahe, es mit einem Energiespeicher, der Solaranlage und dem passenden Stromtarif zu verbinden. Wie günstig Teslas Stromtarif hierzulande wird, muss abgewartet werden.

„Wenn das Unternehmen anfängt, große Bündelpakete zu schnüren, wird es zu einem ernst zu nehmenden Spieler auf dem Strommarkt“, erklärt Klaus Kreutzer vom Beratungsunternehmen Kreutzer Consulting gegenüber dem „Handelsblatt“. Kreutzer Consulting analysiert seit Jahren den Energiemarkt. An Kunden, die durch Tesla gebunden sind, kommen dann die etablierten Versorger nicht mehr ran. „Allein die Marke zieht schon.“

Noch hat die Autoproduktion Priorität bei Tesla. Laut Elon Musk soll die Produktion von Teslas Powerwalls „massiv hochgefahren“ werden, sobald die Halbleiterkrise überwunden ist. Tesla Energy machte im Jahr 2020 einen Umsatz von zwei Milliarden Dollar, aber noch keinen Gewinn. Bis 2025 soll der Jahresumsatz acht Milliarden Dollar umfassen.

Ein Vertreter eines Energiekonzerns ist jedenfalls besorgt: „So wie Tesla im Automobilsektor die Spielregeln geändert hat, so trauen wir denen auch die Disruption des Energiemarkts zu.“



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