Moskau kämpft mit Ölpreis und Rubelkrise

Der Preiskrieg ums Öl mit Saudi-Arabien stürzt Russland noch tiefer in die wirtschaftliche Krise. Der Rubel rollt mit dem abgestürzten Ölpreis auf den Abgrund zu. Aktien der Rohstoffgroßmacht verlieren massiv. Und wie reagiert die Führung des Landes?
Titelbild
Ein Blick auf die Reservoirs des staatlich kontrollierten russischen Mineralölunternehmens Rosneft in Westsibirien.Foto: Misha Japaridze/AP/dpa/dpa
Epoch Times10. März 2020

Nach dem Ölpreis-Crash und einem massiven Wertverlust des Rubels ist Russland zu neuen Verhandlungen mit Saudi-Arabien über Fördermengen bereit.

Ein Kompromiss bei der Reduzierung der Öl-Produktion sei nicht ausgeschlossen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag. Auf dem Ölmarkt hatte zum Wochenauftakt ein Preiskrieg begonnen.

Hintergrund ist, dass sich Russland und Saudi-Arabien in der vergangenen Woche nicht darauf einigen konnten, die bisherige Vereinbarung über reduzierte Fördermengen zu verlängern. In Russland verschärfte sich die Wirtschaftskrise.

Der Haushalt der Rohstoffgroßmacht ist zu großen Teilen von den Dollar-Einnahmen für den Ölverkauf abhängig. Berechnet wird der auf Grundlage von 42,4 US-Dollar je Barrel Öl. Mit dem aktuellen Ölpreis wäre der Haushalt nicht gedeckt. Das Land muss an seine Reserven gehen, um soziale Verpflichtungen zu erfüllen. Alle Pläne und nationalen Projekte sollten erfüllt werden. Das versicherte die Regierung bei einer noch am Montag eilig angesetzten Sitzung, als in Russland Feiertag war.

Das Finanzministerium in Moskau versuchte, die Bevölkerung, die sich an frühere Krisen erinnert fühlte, zu beschwichtigen: die Reserven reichten für sechs bis zehn Jahre, selbst wenn der Ölpreis nur noch bei 25 bis 30 US-Dollar liege. Die Regierung betonte, dass Russland für einen Preiskrieg mit Saudi-Arabien gerüstet und mit seinen Förderkosten international konkurrenzfähig sei. Trotzdem signalisierte das Land Bereitschaft zu Verhandlungen.

„Die Türen sind nicht geschlossen“, sagte Energieminister Alexander Nowak im Interview des russischen Staatsfernsehens Rossija 24. Russland sei bereit, seine Zusammenarbeit mit dem Ölkartell Opec und den in der Opec+ vereinten Förderländern fortzusetzen. Nowak ging davon aus, dass es Monate dauern könne, bis sich der Ölpreis erhole. Russland sei in der Lage, rasch Fördermengen zu senken oder zu erhöhen.

In Russland sorgte der Ölpreis-Crash für Turbulenzen. Der Rubel verlor massiv an Wert gegenüber dem US-Dollar und dem Euro. Noch im Januar gab es für einen Euro an den Wechselstuben 68 Rubel, am Dienstag mehr als 80. Die Zentralbank in Russland kündigte Maßnahmen an, um die Währung zu stabilisieren.

Neben einem Verzicht auf Dollar- und Euroankäufe wollte das Riesenreich auch fünf Milliarden US-Dollar auf den Markt bringen, um den Rubel zu stärken. Die hohen Wechselkurse führen für die Bevölkerung in aller Regel zu massiv steigenden Preisen – etwa bei importierten und für Devisen eingekaufte Waren.

Am russischen Aktienmarkt kam der internationale Börsencrash am Dienstag wegen eines handelsfreien Feiertags am Montag mit Verspätung an. Zum Auftakt verlor der Leitindex RTSI 9,5 Prozent und rutschte in der Spitze um mehr als 16 Prozent ab. Während sich die westeuropäischen Börsen auf einen Erholungskurs begaben, ließ auch in Moskau der Druck mit spürbaren Schwankungen nach. Zeitweise betrug das Minus nur noch 6 Prozent, zuletzt aber wieder 9 Prozent. Der RTSI stand damit bei 1146,85 Punkten. Zuvor hatte er unter 1100 Punkten ein Tief seit Anfang 2019 markiert.

Unter den Einzelwerten gaben nachgeholte, massive Verluste bei Öl- und Gaswerten die negative Marktrichtung vor: Die Papiere des Ölunternehmens Rosneft sackten um 13,6 Prozent ab, jene von Lukoil um 12,6 Prozent. Gazprom reduzierten ihre zeitweise ebenfalls prozentual zweistelligen Verluste auf zuletzt 3,6 Prozent.

Während die Regierung betonte, auf den Preisschock gefasst gewesen zu sein, kritisierten russische Medien „Chaos“ in Russland. Niemand habe die Menschen darauf vorbereitet, schrieb etwa die Zeitung „Kommersant“. Die Wirtschaft des Landes steckt wegen weitreichender Sanktionen der EU und der USA gegen Russland im Zuge des Ukraine-Konflikts seit Jahren in der Krise. Die Menschen klagen über gesunkene Einkommen und massive Preissteigerungen etwa bei Lebensmitteln.

Verschärft hatte sich die Situation zuletzt wegen des Coronavirus. Bei einer Parlamentsdebatte in Moskau sagte Kremlchef Wladimir Putin, dass es in Krisenzeiten und angesichts der Bedrohungen von außen einen starken Präsidenten im Land brauche. Er äußerte indirekt erstmals die Bereitschaft, auch über das Jahr 2024 hinaus mittels einer Verfassungsänderung im Amt zu bleiben. (dpa)



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