Neuer Job, neues Glück: Fast vier von zehn Deutschen bereit für Wechsel
Wenn ein 61-Jähriger auf eigenen Antrieb den gut dotierten Job quittiert wie gerade RKI-Chef Lothar Wieler, ist das in dieser Altersklasse wahrscheinlich eher ungewöhnlich. Im Normalfall würde so eine Entscheidung manchen Arbeitgeber oder Karriereberater kurz grübeln lassen. Was aber bei jemandem im Alter um die 60 eher Fragen aufwirft, ist bei den Jüngeren heute die Regel, ja geradezu selbstverständlich.
Das geht aus einer repräsentativen Umfrage hervor, für die das Meinungsforschungsinstitut Forsa, im Auftrag der Xing-Mutter New Work SE, im Januar rund 3.200 Beschäftigte in Deutschland nach ihrer Bereitschaft zu einem Jobwechsel befragt hatte. Die über 50-Jährigen zeigten sich demnach weniger flexibel und offen dafür, den Arbeitgeber zu wechseln. Nur 19 Prozent dieser „Älteren“ bejahten die Frage. Ganz im Gegensatz zu den Jüngeren.
Millennials: Wechselwilliger Nachwuchs
Von den 18- bis 29-Jährigen spielen fast die Hälfte (48 Prozent) mit dem Gedanken eines Jobwechsels. Bei den 30- bis 39-Jährigen sind immerhin noch 40 Prozent auf dem gedanklichen Sprung zum nächsten Arbeitgeber. Im Durchschnitt heißt das: Knapp vier von zehn Beschäftigten in Deutschland, nämlich 37 Prozent, können sich der Umfrage zufolge vorstellen, ihren Arbeitsplatz zu wechseln.
Die wechselbereiteste Altersgruppe sind die sogenannten Millennials, die in den 1980ern und 1990ern zur Welt kamen. Die rund 16 Millionen Zugehörigen dieser auch „Gen Y“ genannten Gruppe in Deutschland sind aktuell zwischen 26 und 40 Jahre alt, waren bereits in jungen Jahren digital unterwegs, taten sich nach einem Artikel der „Rheinischen Post“ aber „ansonsten eher wenig hervor“.
Es soll dieser Vorgängergeneration von Greta Thunberg an Engagement und Entschlossenheit mangeln. Außerdem sagt man ihr noch nach, dass ihre Vertreter sich nur für sich selbst interessierten, statt sich in die Gesellschaft einzubringen. Das Schlagwort von der „Generation Me“ macht zuweilen die Runde.
Doch gerade diese Generation denkt der Umfrage nach häufig über einen Wechsel zu einem anderen Arbeitgeber nach. Als ein Grund dafür wird das Geld angegeben. Auch Stress beziehungsweise die Belastung im Job sei bei den Millennials ein Entscheidungsfaktor.
Generation „Wünsch dir was“: Mehr Geld, weniger Stress
Die meisten Wechselfreudigen wünschen sich mehr Gehalt (47 Prozent). Dabei spielen vor allem die hohe Inflation (57 Prozent) und gestiegene Ausgaben (38 Prozent) eine entscheidende Rolle.
Ein weiterer Grund für Unzufriedenheit im Job und eine damit verbundene Wechselbereitschaft ist zu viel Stress: Neun Prozent mehr Frauen (42 Prozent) als Männer (33 Prozent) fühlten sich im Berufsalltag überlastet. Frauen wünschten sich auch öfter Homeoffice-Regelungen (54 Prozent vs. 48 Prozent) oder Angebote für Kinderbetreuung (21 Prozent vs. 15 Prozent).
Kollateralnutzen Fachkräftemangel
Ein großer Teil der Befragten (38 Prozent) ist der Umfrage zufolge zuversichtlich, dass sich ihr Marktwert durch den Fachkräftemangel erhöht hat. „Beschäftigte sind sich der guten Lage auf dem Arbeitsmarkt bewusst“, sagte Frank Hassler, Vorstandsmitglied von New Work SE, gegenüber der dpa.
Schon 2016 thematisierte der „Business Insider“, warum Millennials so häufig den Job wechseln. Unter Bezugnahme auf eine Umfrage von Deloitte, der weltweit größten Unternehmensberatung, fasste die Zeitung zusammen: „Unternehmen müssen sich eines klarmachen: Bis zum Jahr 2025 werden Millennials weltweit einen Anteil von bis zu 75 Prozent der Arbeitnehmerschaft ausmachen. […] Das A und O bei der Mitarbeiterbindung ist Empathie.“
Wie Deloittes Befragung gezeigt hatte, hängt ein Großteil der beruflichen Entscheidungen bei Millennials besonders von ihren persönlichen Wertvorstellungen ab — neben dem Wunsch nach mehr Aufstiegschancen. Fairer Umgang, Integration und Toleranz gegenüber Mitarbeitern anderer Herkunft und weitere soziale Faktoren wie Zuverlässigkeit wurden genannt. Dazu das „ZDF“: „Man kann der sogenannten Generation Y bekanntermaßen so einiges vorwerfen — was man ihnen aber bestimmt nicht zuschreiben kann, ist ein mangelndes Bewusstsein für das Wohlbefinden ihrer Mitmenschen und die eigenen emotionalen Bedürfnisse.“
Bewusstsein für die eigenen emotionalen Bedürfnisse
Die Tendenz zur Wechselbereitschaft scheint sich zu erhöhen. Das wird auch durch andere Untersuchungen bestätigt. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Censuswide von Mitte Januar 2022 gaben sogar noch mehr Beschäftigte an, bereit für einen Wechsel zu sein: Ganze 59 Prozent, also fast sechs von zehn Befragten, konnten sich demnach einen beruflichen Neuanfang vorstellen. Auch in dieser Umfrage war die Bereitschaft dazu unter den jüngeren höher als unter den älteren Befragten.
Die Bundesagentur für Arbeit veröffentlichte am 1. Februar ihren Arbeitsmarktbericht für Januar 2023. Darin geht es um die aktuelle Entwicklung am Arbeits- und Ausbildungsmarkt in Deutschland. Demnach ist die Arbeitskräftenachfrage ungebrochen hoch: Der BA-Stellenindex (BA-X), ein Indikator für die Personalnachfrage in Deutschland, lag im Januar bei 128 Punkten. Das entspricht dem Wert des letzten Quartals 2022. Was so viel bedeutet, dass die Einstellungsbereitschaft der Unternehmen fast ein Drittel höher ist als die verfügbaren Arbeitswilligen.
[Erstellt mit Agenturen/LyR]
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion