Pflicht zum Insolvenzantrag wird weiter ausgesetzt

In der Corona-Krise bekommen überschuldete Firmen Luft: Mit einer weiteren Lockerung des Insolvenzrechts will der Bund eine Pleitewelle verhindern. Der Industrie- und Handelskammertag befürchtet jedoch, dass die Regelung zu Lasten anderer Unternehmen gehen könnte.
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Die weitere Aussetzung der Insolvenzantragspflicht gilt für Unternehmen, die pandemiebedingt überschuldet, aber nicht zahlungsunfähig sind.Foto: Martin Gerten/dpa/dpa
Epoch Times18. September 2020

Angesichts der weiter angespannten Lage vieler Unternehmen in der Corona-Krise hat der Bundestag das Insolvenzrecht weiter gelockert.

Nach einem Beschluss vom Donnerstagabend wird in Fällen der Überschuldung die Antragspflicht bis Jahresende ausgesetzt. Das soll in Bedrängnis geratenen Firmen weiterhin Luft verschaffen, um staatliche Hilfen zu beantragen und Sanierungsbemühungen voranzutreiben.

Die weitere Aussetzung gilt für Unternehmen, die pandemiebedingt überschuldet, aber nicht zahlungsunfähig sind. Im März war die Insolvenzantragspflicht bis Ende September ausgesetzt worden – für Fälle, in denen eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung von Firmen auf den Folgen der Corona-Pandemie beruht.

Die Koalition hatte Ende August eine Verlängerung für Fälle der Überschuldung beschlossen. Normalerweise muss ein Insolvenzantrag spätestens drei Wochen nach Eintritt eines Insolvenzgrundes gestellt werden.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sieht die verlängerte Aussetzung der Antragspflicht kritisch. „Es liegt nahe, dass aus Sicht gerade mittelfristig insolvenzgefährdeter Unternehmen die Verlängerung der Frist für den Tatbestand der Überschuldung Vorteile hat.

Diese Unternehmen hören und verstehen wir“, sagte DIHK-Chefjustiziar Stephan Wernicke der Deutschen Presse-Agentur. Die Verlängerung der Frist werde aber auch vielfach zu Lasten der Gläubiger gehen und damit weitere Unternehmen gefährden. Das sei volkswirtschaftlich bedenklich, sagte Wernicke.

Entscheidend sei dagegen, wie Unternehmen liquide blieben. „Wir brauchen dazu kurzfristig ein vorinsolvenzrechtliches Verfahren, das überlebensfähigen Unternehmen eine Rettungsperspektive gibt und nicht mit dem immer noch bestehenden Stigma der Insolvenz behaftet ist“, sagte der DIHK-Chefjustiziar. Ein Teil der insolvenzgefährdeten Unternehmen könne mit rechtzeitigen Maßnahmen saniert werden.

An der Maßnahme hatte es auch zuvor Kritik gegeben. So sagte der Chef der „Wirtschaftsweisen“, Lars Feld, in der ersten Phase der Krise sei es richtig gewesen, die Antragspflicht auszusetzen, weil viele Firmen mit tragfähigen Geschäftsmodellen Liquiditätsprobleme gehabt hätten. „Die akute Phase ist aber vorbei. Deswegen macht es wenig Sinn, die Insolvenzantragspflicht länger auszusetzen und nicht überlebensfähige Firmen durchzuschleppen.“

Während die Insolvenzpflicht für pandemiebedingt überschuldete Unternehmen nun bis Jahresende weiter ausgesetzt bleibt, müssen zahlungsunfähige Unternehmen ab dem 1. Oktober wieder Insolvenz anmelden.

Der Vorsitzende des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter Deutschlands (VID), Christoph Niering, sagte, die getroffene Regelung sei aus insolvenzrechtlicher Sicht „der richtige Schritt zur Normalisierung des Wirtschaftslebens“. „So schwer es im Einzelfall für die betroffenen Unternehmer und Arbeitnehmer ist, so wichtig ist diese Entscheidung für die Stabilisierung der Gesamtwirtschaft.“ (dpa)



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