Russland stoppt Erdgaslieferungen nach Polen und Bulgarien

Russland macht Ernst: Am Dienstagabend verkündet Polen, dass es ab Mittwoch kein russisches Gas mehr bekomme. Wenig später folgt Bulgarien. Was bedeutet das für Deutschland?
Erst Polen, dann Bulgarien: Russland stellt die Lieferungen von wichtigen Rohstoffen ein.
Erst Polen, dann Bulgarien: Russland stellt die Lieferungen von wichtigen Rohstoffen ein.Foto: Sergei Grits/AP/dpa
Epoch Times27. April 2022

 

Russland hat wie angekündigt seine Erdgaslieferungen an Polen eingestellt. „Seit Mittwochmorgen fließt kein russisches Gas mehr durch die Jamal-Pipeline, der Hahn wurde zugedreht“, sagte Polens Klimaministerin Anna Moskwa im öffentlich-rechtlichen polnischen Radio.

Auch der russische Energiekonzern Gazprom bestätigte, kein Gas mehr nach Polen und Bulgarien zu liefern und mit weiteren Lieferkürzungen gedroht, sollten sich beide Länder am Transitgas bedienen. Gazprom habe die Lieferungen eingestellt, weil die Gasunternehmen nicht rechtzeitig in Rubel gezahlt hätten, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit.

Darüber hinaus warnte Gazprom Polen und Bulgarien, russisches Gas anzuzapfen, das über ihr Territorium an andere Länder geliefert wird. „Bulgarien und Polen sind Transitländer. Wenn sie unerlaubt russisches Gas aus den Transitmengen für Drittländer entnehmen, werden die Transitlieferungen in dieser Höhe gesenkt.“

Für Polen seien die Auswirkungen des Lieferstopps nach Angaben aus Warschau gering. „Wir sind auf eine vollständige Einstellung der russischen Rohstofflieferungen vorbereitet“. Seit den ersten Tagen des Ukraine-Krieges habe ihr Land erklärt, dass es bereit sei für eine „vollständige Unabhängigkeit“ von russischen Rohstoffen.

Heil warnt vor Energieembargo gegen Russland

Direkte Auswirkungen auf die deutsche Versorgungssicherheit haben diese Schritte wohl nicht. Nach Deutschland fließt über die Jamal-Pipeline aber meistens kein Gas aus Russland, wie aus Daten der Bundesnetzagentur hervorgeht.

Die Versorgungssicherheit in Deutschland sei derzeit weiter gewährleistet, sagte eine Sprecherin von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Dienstagabend nach der Nachricht aus Polen. „Wir beobachten die Lage genau.“

Bundesarbeits- und -sozialminister Hubertus Heil (SPD) warnte derweil vor einem Öl- und Gas-Embargo gegen Russland. Die Regierung arbeite „mit voller Kraft“ daran, von russischen Rohstoffen unabhängig zu werden, „aber das braucht Zeit“, sagte Heil der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ).

„Und wir sollten uns nicht selbst schwächen. Wir dürfen unser Land nicht durch falsche Entscheidungen in eine massive Stagflation – also in eine dramatische Wirtschaftskrise und noch stärkere Preissteigerung – stürzen“, warnte Heil. Mit ihren Warnungen genau davor hätten Arbeitgeber, Gewerkschaften und Sozialverbände recht, sagte der Minister und SPD-Vize.

Deutschland bekommt Gas über Nord Stream 1

Der Bevollmächtigte der polnischen Regierung für strategische Energieinfrastruktur, Piotr Naimski, versicherte, dass nach Deutschland weiter Gas über Nord Stream 1 fließe. Und alle Gaskunden in Polen würden den Rohstoff weiter auf dem bisherigen Niveau erhalten.

Auch Bulgarien habe Schritte zur alternativen Gasversorgung unternommen, teilte das Energieministerium in Sofia am Dienstagabend mit. Vorerst sei keine Begrenzung des Gasverbrauchs notwendig, hieß es weiter. Energieminister Aleksandar Nikolow wollte sich am Mittwoch zum Lieferstopp von Erdgas aus Russland äußern.

Bulgarien habe seine Verpflichtungen „vollkommen erfüllt“ und alle Zahlungen „rechtzeitig und strikt“ getätigt, die der laufende Vertrag erfordert, heißt es in der Mitteilung des Energieministeriums. Allerdings berichtet das bulgarische Onlineportal Mediapool, dass die Gaszahlung vom 18. April für Mai auf die bisher übliche Weise erfolgt sei, und nicht wie von Gazprom gefordert, über zwei neu eröffnete Konten bei der Gazprom-Bank – in Dollar und in Rubel. Auch Polen will Erdgas nicht wie von Russland gefordert über diese Kontenlösung in Rubel bezahlen.

Putin fordert Zahlungen für Gas in Rubel

Ende März hatte Russlands Präsident Wladimir Putin gefordert, dass mit Wirkung zum 1. April westliche Staaten Konten bei der Gazprom-Bank eröffnen müssen, um russische Gaslieferungen zu bezahlen. Andernfalls würden die Lieferungen für die „unfreundlichen“ Länder eingestellt.

Nach einem von Putin unterzeichneten Dekret können die Zahlungen weiter in Euro oder Dollar auf das russische Konto eingezahlt werden. Die Gazprombank konvertiert das Geld in Rubel und überweist den Betrag in der russischen Währung an Gazprom. Bei einem Ausbleiben der Zahlungen würden die Lieferungen eingestellt, hatte Putin gedroht.

Bulgariens Ministerpräsident Kiril Petkow hatte vor der jüngsten Nachricht aus Russland, dass kein Gas mehr nach Bulgarien fließen solle, angekündigt, dass am Mittwoch eine bulgarische Regierungsdelegation nach Kiew reise.

Bulgarien ist seit 2007 EU-Mitglied, ist aber noch immer fast komplett von Erdgaslieferungen aus Russland abhängig. Ein Anschluss an das Gasnetz des benachbarten Griechenland soll im Juni fertig sein. Dadurch will das EU-Land seine Lieferquellen für Gas diversifizieren und Gas auch aus anderen Ländern beziehen.

Ein Gasspeicher bei Tschiren im Nordwesten Bulgariens soll nach Informationen von Anfang April zu 20 Prozent voll sein, berichtete das bulgarische Staatsradio, ohne konkrete Zahlen zu nennen. (dpa/dts/red)



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