Spitzenökonomen sehen Zukunft des Euro pessimistisch: „Vielleicht wäre es besser, wenn Deutschland die Eurozone verlässt“
Trotz des jüngsten Anstiegs beim Euro sehen führende US-Spitzenökonomen die Zukunft der Gemeinschaftswährung pessimistisch.
Eine dauerhafte Stabilität des Euro-Raums kann es aus ihrer Sicht nur geben, wenn Europa die Sünden der Vergangenheit begräbt und sich anschließend neu erfindet: „Alle gemeinsam haben die hohen Schulden in Europa zugelassen, nun müssen auch alle zusammen die Verantwortung dafür übernehmen“, sagte Roger Myerson, Nobelpreisträger des Jahres 2007, der „Welt“ (Montag). Banken seien durch die Regulierung geradezu dazu animiert worden, Staatsanleihen zu kaufen.
Das wiederum habe es den Regierungen leicht gemacht, ihre Verschuldung einfach laufen zu lassen. Insbesondere italienische Institute hätten in ihren Bilanzen mittlerweile hohe Bestände an Papieren ihres eigenen Landes gebunkert, und das erschwere jeden Neustart bei den Staatsfinanzen. Für Myerson liegt die Lösung auf der Hand: Eine europäische Behörde, etwa die Europäische Zentralbank (EZB) müsse die Staatspapiere aufkaufen.
„Nur mit einer konzertierten Entschuldungsaktion kann der Euro überleben“, ist Myerson überzeugt. Das wiederum funktioniere nur dann, wenn Deutschland über seinen Schatten springe. James Mirrlees, Laureat des Jahres 1996, sieht in den rigiden Strukturen der Gemeinschaftswährung das größte Problem. „Vielleicht wäre es besser, wenn Deutschland die Eurozone verlässt“, sagte er der „Welt“.
Der britische Nobelpreisträger gab jedoch auch zu, dass ein solches Szenario enorme und nicht vorhersagbare Kosten mit sich bringen würde. „Man müsste sich vorher sehr genau überlegen, wie man das anstellen will“, sagte Mirrlees. In eine ähnliche Richtung geht die Kritik von Christopher Pissarides.
Der Laureat des Jahres 2010 moniert, dass Berlin derzeit de facto die Macht in Europa übernommen habe. „Ohne die Zustimmung der Bundesregierung geht faktisch gar nichts“, sagte der zyprische Wissenschaftler der „Welt“. Entsprechend stark sei Deutschland nun gefordert, an einer Lösung mitzuwirken. „Deutschland hat durch den schwachen Euro besonders profitiert und die eigene Arbeitslosigkeit in andere Staaten der Eurozone exportiert“, so Pissarides.
Nun dürfe sich Berlin einer stärkeren Integration innerhalb der Währungsunion nicht widersetzen, auch wenn das selbstverständlich etwas kosten werde. Dem Vorschlag, eine Parallelwährung innerhalb des Euro-Raums einzuführen, wie das immer wieder im Fall des hochverschuldeten Italiens diskutiert wird, können die Laureaten hingegen nichts abgewinnen. „Damit ist ein Land mit einem Bein bereits aus dem Euro draußen.
Wenn das Experiment gut ginge: Wer sollte das Land dann davon abhalten, ganz aus dem Euro auszusteigen?“, sagte Pissarides. Auch Myerson hält es für unrealistisch, dass Italien sein riesiges Schuldenproblem im Alleingang wird lösen können. „Italien hat auch deshalb so hohe Defizite, eben weil das bisherige System den Hang zur immer größeren Verschuldung unterstützt hat“, sagte der US-Spitzenökonom. „Das ist kein Problem, das der italienische Premierminister allein lösen muss, sondern die gesamte Währungsgemeinschaft ist gefragt.“ (dts)
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