Uneitel zum Erfolg: Vom Rheinland aus geht es Männern an den Kragen

Der Verzicht auf ein Logo hat Kurt Beines Erfolg gebracht, doch den Namen gekostet. Millionen Männer tragen seine Krawatten - gekauft im Warenhaus, ohne auf die Herkunft zu achten
Von 20. Juli 2006

Bis vor kurzem prangte auf fast jeder seiner Krawatten noch sein Namenskürzel «KUBE». Jetzt lässt er sie mit den Etiketten großer Warenhäuser besticken. Doch Kurt Beines betont: «Wir verkaufen Qualität, nicht Billigware.» Eine der europaweit größten Krawattenfirmen steht, wo es niemand erwartet. Nicht in Mailand oder Paris, sondern im niederrheinischen Mönchengladbach, zwischen Düsseldorf und der niederländischen Grenze.

Insgesamt verlassen jedes Jahr über fünf Millionen Krawatten die Firma. 2005 wuchs das Unternehmen um über sechs Prozent auf einen Umsatz von 18,2 Millionen Euro. Und das in einer Region, in der die Textilindustrie in den vergangenen 45 Jahren von 407 auf gerade noch 47 Betriebe geschrumpft ist.

Beines Gruppe heißt das 1945 gegründete Unternehmen, das – ganz entgegen dem Trend in der deutschen Textilindustrie – gerade sein bestes Wirtschaftsjahr erlebt. An der Spitze steht Dr. Kurt Beines (geboren am 22.02.1945). 1970 trat der Jurist in das von seinen Eltern gegründete Unternehmen ein. Zu einem Zeitpunkt, als sich die Zahl der Textilfirmen im Rheinland bereits auf 258 halbiert hatte. «Ich wusste, dass es uns auch treffen wird, wenn wir nichts ändern», sagt Beines.

Wer dem drahtigen Mann mit dem Dreitagebart zum ersten Mal begegnet, wird ihn vielleicht für kauzig halten. Doch Geschäftspartner und Freunde bezeichnen ihn als hochintelligenten Menschen mit höchsten Moralvorstellungen. Und er ist ein Mann mit Weitsicht. Schon kurz nach Eintritt ins elterliche Unternehmen verkauft er alle Fertigungsstätten und Maschinen. «Ein brutaler Schritt, der viel Kraft gekostet hat. Doch sonst hätten wir daran gearbeitet, die Zahlen der Unternehmenspleiten zu erhöhen.»

Die mangelnde Flexibilität und das Festhalten an dem, was Jahrzehnte gut ging, habe der rheinischen Textilindustrie, die einst als das Manchester Deutschlands galt, den Niedergang gebracht. Wirtschaftlich war sie nicht mehr konkurrenzfähig. «Volltuchfabriken waren wegen der zu hohen Lohnkosten unwirtschaftlich geworden. Das wollten viele Kollegen nicht wahrhaben, da sie glaubten, über ihre Qualität bestehen zu können. Ein fataler Irrtum.»

Daher ließ Beines seit Mitte der 70er Jahre im damaligen Billiglohnland Italien produzieren. Als eine der ersten deutschen Firmen, die diesen Schritt wagten. Später ging er nach Japan, Korea und schließlich nach China. «Wir müssen günstige Preise anbieten, nur so funktioniert das Geschäft», sagt der Firmenchef, lehnt sich zurück und verschränkt seine Arme über dem dunkelblauen Pullunder. Anzüge sind ihm ein Graus. Und hinter vorgehaltener Hand verraten Mitarbeiter, dass «der Chef» am liebsten im T-Shirt und kurzer Hose in die Firma käme.

Statt seines Logos lässt Beines seine Krawatten seit einigen Jahren ausschließlich mit den Namensetiketten großer Warenhäuser besticken. So stammt beinahe jede Krawatte, die bei C&A verkauft wird, von Beines. Auch die Hausmarken der größten deutschen Kaufhäuser Peek&Cloppenburg, Karstadt und Kaufhof kommen aus Mönchengladbach. Klassisch, mit sechs Kollektionen im Jahr und herkömmlicher Vororder. «Visionen hatten damals viele. Sie umzusetzen und in tragfähige Strategien zu verwandeln, darauf kommt es an», sagt Beines.

Ausgebaut wird diese Idee von seiner Tocher Alexandra Runge (geboren am 22.05.1975). Sie bietet über das Internetportal einer zur Beines-Gruppe gehörenden Firma ebenfalls Krawatten an. «Noch günstiger, noch schneller zu beziehen. In kleinen Paketen, mit Mustern und Farben, die alle zwei Monate wechseln», erklärt Runge. Die günstigen Krawatten zu fünf Euro kommen aus China, die teureren zu sieben Euro – aus italienischer Seide – sind «Made in Germany» und werden im 20 Kilometer entfernten Krefeld gewebt.

«Das Konzept basiert auf den riesigen Stückzahlen, die wir absetzen und der extrem geringen Gewinnmarge für uns», sagt Beines. Doch das Konzept geht auf, auch weil der 61-Jährige weiterhin jede Krawatte mit dem Logo des Käufers besticken lässt. Zu den Kunden der teureren Internet-Krawatten zählen inzwischen viele internationale Modelabel.

Welche Firmen die Krawatten ordern, will Alexandra Runge nicht verraten. Ihr Vater hält den Erfolg beinahe für gefährlich: «Man braucht ihn zwar, aber er wird auch schnell zum Feind, wenn er verhindert, dass wir uns verändern und etwas Neues schaffen.»



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