80 Prozent weniger Umsatz – Friseur: „Mit der Testpflicht ist die Katastrophe nun komplett“

Die Existenzangst der Friseure nimmt weiter zu. Statt mit der Schere hantieren die Friseure nun mit dem Telefonhörer – als Telefonauskunft. Die Corona-Testpflicht vergrault die Kunden, viele sagen ihre Termine ab.
Titelbild
Friseurin Katharina Seiz mit Mundschutz in einem Friseursalon im süddeutschen Ludwigsburg am 4. Mai 2020.Foto: THOMAS KIENZLE/AFP via Getty Images
Epoch Times4. Mai 2021

Die Bundesnotbremse schreibt seit 24. April vor: Ein Friseurbesuch ist ab einer Inzidenz von 100 nur mit einem negativen Corona-Test, der maximal 24 Stunden alt ist, möglich. Ausgenommen von der Testpflicht sind vollständig Geimpfte.

Die verzweifelten und von Existenzängsten gebeutelten Friseure bitten ihre Kunden, trotz unbequemer Testpflicht in die Salons zu kommen. Diesen fehlt es aber an Verständnis. Streitgespräche und Beleidigungen stehen an der Tagesordnung. Termine werden abgesagt.

Vor der Bundesnotbremse sah die Welt noch ein wenig anders aus. Die Situation war zwar auch da herausfordernd für das Haarschneidehandwerk, aber nach elf Wochen Lockdown, wurden die Salons kurzzeitig überrannt. Ein neuer Haarschnitt, eine neue Farbe, ein neues Lebensgefühl? Die Euphorie war auf beiden Seiten groß. Die Erleichterung in der Branche war jedoch nicht von langer Dauer.

Seit der neuen Testpflicht berichten Friseure niedergeschlagen von empörten Kunden und zahllosen Absagen. Manchen Kunden kommt es noch nicht einmal in den Sinn, ihren Termin abzusagen – sie bleiben kommentarlos weg.

„Viele wollen keinen Corona-Test machen“, erklärt Margot Habenberger, Inhaberin von „Hairstyle Habenberger“ in Freyung, Niederbayern, laut der „PNP“. Es lief ja schon vor der Bundesnotbremse schlecht, aber mit der neuen Testpflicht-Verordnung sei die Katastrophe nun komplett, findet Georg Pauli, ein Mitarbeiter des Salons. Vor allem die Älteren Kunden würden wegbleiben, verdeutlicht der 65-Jährige, den die „vielen Absagen“ schmerzen.

Unterdessen erzählt die Hamburger Friseurmeisterin Silvia Köhler vom Salon Haar-a-kiri, dass sie schon angeschrien worden ist, weil sie nach Desinfektion, Kontaktdaten und Maske nun auch noch einen Testnachweis verlangen müsse, berichtet die „Welt“.

Eine andere Stammkundin, die schon seit einem Vierteljahrhundert wöchentlich zu Silvia Köhler kam, sagte empört alle Termine für den Rest des Jahres ab.

Ganz offen begründen viele Kunden ihre Absage auch damit, dass sie die angeordnete Testpflicht der Politik boykottieren. Die Bereitwilligkeit sich einem Corona-Test zu unterziehen, ist deutschlandweit offensichtlich nicht ganz so ausgeprägt, wie die Regierung annimmt.

„Ob wohl irgendein Politiker weiß, was er mit der Testpflicht angerichtet hat?“

Tote Hose herrscht auch im Herrensalon „Goldene Schere“ in Frankfurt. Der Inhaber, Fathi Atli, sitzt vor der Tür und raucht. Seine Kunden hätten „keine Lust“, einen Test zu machen. „Sie haben Angst, dass sie positiv getestet werden“, vermutet er. 14 Tage Quarantäne könnten sich die meisten nicht leisten, sie müssten schließlich arbeiten gehen, berichtet die „Frankfurter Rundschau“.

„Ob wohl irgendein Politiker weiß, was er mit der Testpflicht angerichtet hat?“, fragt Christoph Flerlage, Inhaber mehrerer Betriebe in Osnabrück, ratlos.

Vor allem ältere Leute wären Leidtragende und seien absolut mit der online-Buchung überfordert. Zwei seiner Mitarbeiter wären allein deswegen durchgehend mit der Terminkoordination am Telefon beschäftigt.

Bei vielen Betrieben wird nach mühseliger telefonischer Aufklärung über die Testpflicht dann doch kein Termin gebucht. Das belastet.

Studie belegt niedriges Infektionsrisiko beim Friseur

Eine Studie, in der Forscher der Technischen Universität Berlin das Ansteckungsrisiko für verschiedene Innenraum-Szenarien berechnet haben, hat ein niedriges Infektionsrisiko beim Friseur bestätigt. Dieses liege niedriger als beim alltäglichen Einkauf, im Büro oder in der Schule.

Es lasse sich daher kaum verstehen, warum die Politik die Testpflicht für Friseure überhaupt festgelegt habe, während bei Massagen oder Lymphdrainagen keine Testpflicht bestünde, heißt es in der „Welt“.

Teststation im anderen Ort

Friseurmeisterin Jasmin Letschert aus Höhr-Grenzhausen begrüßt in ihrem Salon Freestyle by Jaz momentan nur zwei oder drei Kunden am Tag.

Da die Teststation im Ort nur drei Mal die Woche für jeweils wenige Stunden geöffnet hat, der Test aber nur höchstens 24 Stunden alt sein darf, müssten die Kunden in einen anderen Ort fahren, um sich die notwendige Negativbescheinigung zu holen.

Aus Verzweiflung heraus kaufte Letschert selbst Tests ein, die Kunden direkt vor ihrer Ladentür machen können. „Aber die 7,20 Euro dafür wollen die Kunden auch nicht zahlen, weil es woanders Tests ja kostenlos gibt“, so Letschert.

Für ältere Leute sei der Friseurbesuch extrem umständlich geworden. „Die haben keine Lust, nicht die Möglichkeit oder das Geld, diesen Aufwand zu betreiben.“

Dies bestätigt auch eine Friseurin in der Frankfurter Innenstadt. „Seit Samstag bekomme ich sehr viele Absagen. Viele meiner Stammkunden sagen, es ist ihnen zu aufwendig, einen Termin für einen Schnelltest zu organisieren und dann auch noch irgendwo hinzugehen, nur um sich die Haare schneiden lassen zu dürfen.“

Ungenügende Test-Kapazitäten

Die neue Regelung wirkt auf viele Menschen offenbar abschreckend. Insbesondere in Fällen, in denen es zu wenig Testmöglichkeiten vor Ort gibt.

Vor allem Friseurbetriebe im ländlichen Raum hätten mit Terminabsagen zu kämpfen, sagt der Landesgeschäftsführer des Fachverbands für Friseure und Kosmetik in Baden-Württemberg, Matthias Moser, laut dem „SWR“.

Er geht von Umsatzeinbrüchen um bis zu 80 Prozent aus – vor allem dort, wo die Infrastruktur hinsichtlich der Teststellen und -Zentren schlecht ausgebaut ist.

„Wir bitten um eine pragmatische, praktikable Lösung, die aktuelle Regelung ist existenzgefährdend“, warnte Moser. Es könne nicht sein, dass Friseure unter dem Druck der Auflagen am Ende wieder unfreiwillig schließen müssten.

Vorteile für Geimpfte

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat bereits folgenschwere Schritte gesetzt, durch die vor allem Geimpfte profitieren sollen.

Konkret berichtet die Nachrichtenagentur „DPA“: „Vollständig Geimpfte werden den negativ getesteten Personen gleichgestellt und genießen entsprechende Vorteile. Der Freistaat setzt damit diesen Punkt früher um als der Bund. In der Praxis bedeutet dies, dass etwa Geimpfte mit einem vollständigen Impfschutz bei einem Friseurbesuch keinen negativen Coronatest vorweisen müssen.“

Wer zweimal geimpft sei und „nahezu ein Nullrisiko hat, muss wieder in seine zentralen Grundrechte zurückversetzt werden“, sagte Söder. (aa)



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