Airbus fürchtet Flugzeugzölle: „Wir haben einige Wolken vor uns“

"Ich will nicht in einer Situation sein, wo die Luftfahrt Milliarden investiert hat, um Flugzeuge zu dekarbonisieren, aber für die Menschheit ändert sich nichts, weil die primäre Energiequelle weiter kohlenstoffintensiv bleibt." Das sagte der neue Airbus-Chef Guillaume Faury.
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"Wir befinden uns in einer Situation, in der sich Dinge sehr schnell ändern können", sagte der neue Airbus-Chef Guillaume Faury.Foto: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times17. September 2019

Der neue Airbus-Chef Guillaume Faury warnt vor den Auswirkungen des Handelskriegs auf die Luftfahrt. „Wir haben einige Wolken vor uns“, sagte der seit April amtierende Franzose der „Welt“ (Dienstagausgabe). Dazu zählten die Konsequenzen aus einem ungeregelten Brexit und dem Handelskrieg zwischen den USA und China.

Sorge bereiteten aber vor allem kurzfristig drohende US-Zölle auf Airbus-Flugzeuge als Folge des Streits vor der Welthandelsorganisation WTO. „Wir befinden uns in einer Situation, in der sich Dinge sehr schnell ändern können“, so Faury. Seit 15 Jahren streiten Europa und die USA über die Zulässigkeit von Staatshilfen für ihre Flugzeughersteller. In der Amtszeit von US-Präsident Donald Trump steht nun der erste WTO-Schlichtungsspruch an. Die US-Seite hat bereits Sonderzölle von bis zu 100 Prozent in Aussicht gestellt.

Nach dem WTO-Schlichtungsspruch wird die endgültige Strafzollliste der USA erwartet. Nach Faurys Aussage droht ein Szenario, bei dem hohe Zölle den Kauf von Airbus-Flugzeugen belasten könnten. Nach Informationen der Europa-Ausgabe des Online-Portals „Politico“, das in einem Joint Venture mit der Axel Springer SE erscheint, entschied die Welthandelsorganisation zugunsten der USA. Damit könnten Zölle von bis zu zehn Milliarden US-Dollar verhängt werden. Allerdings gibt es als Antwort der Europäer auch ein Verfahren bei der WTO gegen die USA. Hier wird eine Entscheidung mit sechs bis neun Monaten Verzögerung erwartet.

Mit Blick auf die Auslieferungen sagte Faury: „Es ist jetzt unwahrscheinlich, dass es sich erheblich auf 2019 auswirken wird. Störungen können wir aber nicht vollkommen ausschließen.“ Ein drohendes Szenario wären Zölle für Airbus-Flugzeuge und die Abnahmeverweigerung durch Airlines, weil Neubeschaffungen dann unwirtschaftlich würden, sagte Faury weiter. „Ein schlimmes Szenario wären Zölle, die für einen bestimmten Zeitpunkt für Airbus-Flugzeuge angewendet werden, bevor sich die EU revanchiert“, erklärte der Airbus-Chef. Vermutlich würden die EU-Revanchen höher ausfallen.

Zudem widersprach der Airbus-Chef jedem Verdacht, Europa könnte die aktuelle Krise von Boeing nach dem Absturz von zwei 737-Max-Modellen für sich nutzen. Die Entscheidung der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA), eigene Tests zur Flugzulassung durchzuführen, habe „ganz klar keinen politischen Charakter“, kommentierte Faury. Auf die Frage, welche Vorteile Airbus von der aktuellen Boeing-Krise habe, sagte Faury: „In der Tat nicht so viele.“ Airbus sei bis 2024 mit der Produktion ausgebucht. Faury verwies auf den starken Ausbau der Airbus-Produktion in den vergangenen Jahren. Ziel seien in diesem Jahr 880 bis 890 Auslieferungen, nach 800 im Jahr 2018. Mit dem hohen Tempo von jährlich zehn Prozent Wachstum wie in den vergangenen drei Jahren werde es nicht weitergehen.

Faury kündigt an, „2020 und 2021 zahlenmäßig eine Pause einzulegen“, weil die Komplexität der Produktion durch neue Modelle zunehme. Wie sein Vorgänger Thomas Enders warnte auch Faury vor den längerfristigen Brexit-Folgen, nachdem Airbus die Tragflächen nahezu aller Modelle aus Großbritannien bezieht. Kurzfristig könnten keine Werke verlagert werden, aber Investitionen für die nächsten Programme „könnten auf eine andere Weise erfolgen, wenn der Ort für Geschäfte in Großbritannien nicht mehr der richtige ist“.

Weiterhin plädierte der Airbus-Chef in der Diskussion über die Umweltschäden durch Flugzeuge für eine ganzheitliche „Dekarbonisierung der Luftfahrt“ – also möglichst wenig CO2-Ausstoß. Faury verwies aber darauf, dass ein E-Flugzeug genauso wie ein E-Auto nicht zwangsläufig eine CO2-Verringerung bedeute. Es müsse auch berücksichtigt werden, wie der Strom produziert werde.

„Ich will nicht in einer Situation sein, wo die Luftfahrt Milliarden investiert hat, um Flugzeuge zu dekarbonisieren, aber für die Menschheit ändert sich nichts, weil die primäre Energiequelle weiter kohlenstoffintensiv bleibt.“ Das komplett neue Nachfolgeflugzeug für die A320-Serie soll im Jahr 2035 einsatzbereit sei, sagt Faury. Derzeit würden die Technik und die Wirtschaftlichkeit verschiedener Konzepte für das neue umweltfreundliche Flugzeug samt neuer Produktionsmethoden und einzigartiger Vernetzung untersucht.

Abschließend, erklärte Faury, sei die Unsicherheit bei Rüstungsthemen zwischen Deutschland und Frankreich und der teilweise Exportstopp durch Berlin „sehr schädlich für Airbus, sehr schädlich für das Ansehen Deutschlands. Es geht nicht nur um die Länder, die von diesen Unsicherheiten bei den Ausfuhrgenehmigungen betroffen sind, sondern auch um den Rest der Welt, die das verfolgen und Deutschland als einen unzuverlässigen Partner sehen könnten.“

Es müsse Klarheit und Gewissheit geben. Andernfalls bestehe ein sehr großes Risiko für die zukünftigen Programme. Diskussionen über „German-free products“ seien nicht förderlich, so Faury wörtlich: „Ich möchte denen, die diese Situation vielleicht aus taktischen Gründen blockieren, sagen, dass der Schaden, der langfristig entsteht, inakzeptabel ist.“ (dts)



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