Buhrufe gegen Habeck: 12.000 Stahlarbeiter protestieren in Duisburg

Mit Buhrufen empfingen 12.000 Stahlarbeiter in Duisburg Minister Habeck. Die IG Metall fordert Klarheit für die Produktion von Grünem Stahl im Werk von Thyssen-Krupp.
Wirtschaftsminister Robert Habeck spricht auf einer Großdemonstration zu den Stahlarbeitern bei Thyssenkrupp.
Wirtschaftsminister Robert Habeck spricht auf einer Großdemonstration zu den Stahlarbeitern bei Thyssenkrupp.Foto: Roland Weihrauch/dpa
Von 16. Juni 2023

Einen wenig freundlichen Empfang bereiteten 12.000 Stahlarbeiter in Duisburg am Mittwoch, 14.6., Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Die IG Metall hatte zu einer Protestkundgebung gegen den schleppenden Fortgang des Förderverfahrens für Thyssen-Krupp aufgerufen.

Der Konzern will zwei Milliarden Euro von Bund und Land NRW, um seine Anlagen fit für die Produktion von grünem Stahl machen zu können. Die Politik ist grundsätzlich bereit, das Ansinnen zu unterstützen. Allerdings ist die Gewährung der Förderung von einer Genehmigung durch die EU-Kommission abhängig. Seit geraumer Zeit lässt diese auf sich warten – die Gewerkschaft sieht 27.000 Arbeitsplätze der Stahlsparte in Gefahr, wenn nicht bald Klarheit eintritt.

Habeck stellt absehbare Bewilligung aus Brüssel in Aussicht

Die Stimmung beruhigte sich, als Habeck erklärte, es gäbe ein Schreiben aus Brüssel, das die Auszahlung der zwei Milliarden grundsätzlich billige. Allerdings sei der formale Bescheid noch nicht eingetroffen.

Dem „Handelsblatt“ zufolge seien ähnliche Informationen bereits am Tag zuvor aus Ministeriumskreisen durchgesickert. Der Beginn des Prüfverfahrens reicht bereits zwei Jahre zurück. Nun rechnet man im Hause Habecks damit, dass die finale Genehmigung aus Brüssel „in den nächsten Wochen“ eintrudeln werde.

Ziel der Förderung ist es, dem Konzern den Bau einer Direktreduktionsanlage zu ermöglichen, die für die Erzeugung von grünem Stahl erforderlich ist. Dabei kommt Wasserstoff anstelle von Kohle oder Koks als Reduktionsmittel zum Einsatz, um Eisenoxid zu reduzieren und reines Eisen zu gewinnen. Eine weitere Möglichkeit wäre die Kohlenstoffabscheidung, die bei den Grünen zumindest in Deutschland selbst auf vehemente Ablehnung stößt.

Allein in Duisburg soll die Errichtung der Anlage fast drei Milliarden Euro kosten

Die Errichtung der Anlage in Duisburg wird voraussichtlich etwa 2,7 Milliarden Euro kosten. Der Konzern selbst soll 700 Millionen davon aufbringen, der Bund will 1,3 Milliarden Euro und NRW weitere 700 Millionen aufbringen.

Ende 2026 soll sie ihren Betrieb aufnehmen und jährlich 2,5 Millionen Tonnen Stahl produzieren. Zu Beginn soll noch Erdgas dabei zur Anwendung kommen, später grüner Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen.

Unstimmigkeiten zwischen der EU-Kommission, Thyssen-Krupp und dem Bund haben das Genehmigungsverfahren jedoch immer wieder verzögert. Das Bundeswirtschaftsministerium hat einem vorzeitigen Beginn des Projekts und Arbeiten von Thyssen-Krupp an dem Standort bereits zugestimmt.

Für Konkurrent Salzgitter gibt es jedoch schon seit Oktober 2022 einen rechtskräftigen und von Brüssel abgesegneten Förderbescheid. Hingegen warten auch Arcelor-Mittal und Saarstahl noch auf ihre Förderfreigabe. Insgesamt geht es dabei um sechs Milliarden Euro für die vier Stahlkonzerne.

Habeck macht Konzern für Verzögerung mitverantwortlich

Der Bund rechtfertigt sein von Brüssel beanstandetes Vorpreschen damit, dass die Konzerne allein nicht in der Lage wären, die Last der Anfangsinvestitionen zu tragen. Hätte man von ihm verlangt, bis zur endgültigen Entscheidung zuzuwarten, hätte die Kündigung hoch dotierter Verträge gedroht. Man wollte dem Konzern jedoch Planungssicherheit geben.

In Duisburg erklärte Habeck, die Verzögerung der Genehmigung habe auch damit zu tun, dass der Konzern den Förderantrag ausgeweitet habe. Gleichzeitig, so berichtet das „Handelsblatt“, wirft Brüssel dem Bund vor, keine vollständigen Unterlagen eingereicht zu haben. Im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2022/23 hatte Thyssen-Krupp einen Verlust von 223 Millionen Euro zu verkraften.

Brüssel schreibt Stahlkonzernen vor, bis 2030 mindestens ein Viertel ihrer Produktion aus klimaneutralen Verfahren zu bewerkstelligen. Dies wird noch weitere Investitionen erfordern, die Betroffene ohne staatliche Zuschüsse nicht stemmen könnten.

Grüner Stahl in Deutschland noch vor großen Bewährungsproben

In Deutschland ist das politische Interesse an grünem Stahl mit Blick auf die Vision eines klimaneutralen Industriestandorts von großem Interesse. Der Stahlsektor ist einer der Schlüsselbereiche für die Verringerung von CO₂-Emissionen.

Ein wichtiger Aspekt für die Perspektiven des grünen Stahls in Deutschland ist dabei die Verfügbarkeit von erneuerbarem Wasserstoff. Um auf breiter Ebene grünen Stahl produzieren zu können, stehen Industrie und Politik jedoch noch vor einer Reihe von Herausforderungen.

Dazu gehören die umfangreichen Anfangsinvestitionen, die beispielsweise in Duisburg anstehen. Die Wettbewerbsfähigkeit von grünem Stahl im Vergleich zu herkömmlichem hängt dazu auch noch von Faktoren ab. Dazu gehören etwa die Kosten für erneuerbaren Wasserstoff und die Realisierbarkeit der Emissionsreduktionsziele.



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