Ein Drama aus Sicht des kleinen Mannes: „Lehman. Gier frisst Herz“

"Ihr betrügt Eure eigenen Kunden", schreit Claudia Büttner mit Tränen im Gesicht, während sie in ihrer Sparkasse steht. Ihre Ersparnisse, die sie dringend für die Renovierung ihrer Gaststätte brauchen, sind von einem auf den anderen Tag weg, und sie stehen vor dem Abgrund.
Titelbild
Die Zentrale von Lehman Brothers im Jahr 2008: Von hier ging die Finanzkrise um die ganze Welt.Foto: Foley/dpa
Epoch Times19. September 2018

„Ihr betrügt Eure eigenen Kunden“, schreit Claudia Büttner mit Tränen im Gesicht, während sie in ihrer Sparkasse steht. Die Wirtsfrau und ihr Mann (Susanne Schäfer und Oliver Stokowski) sind in einem Alptraum aufgewacht: Ihre Ersparnisse, die sie dringend für die Renovierung ihrer Gaststätte brauchen, sind von einem auf den anderen Tag weg, und sie stehen vor dem Abgrund.

Dabei beginnt das ARD-Dokutainment-Drama „Lehman. Gier frisst Herz“

(Regie: Raymond Ley) beschaulich. Es stellt nicht Investmentbanker in den Mittelpunkt, sondern diejenigen, die den auf Sicherheit bedachten Sparer in Reinform verkörpern: Sparkassenkunden.

Der Film schafft es, einen emotionalen Einblick in die Welt der Finanzgeschäfte und vor allem deren Auswirkungen im konkreten Fall der Lehman-Pleite zu geben. Junge Karrieremänner und -frauen verkaufen im Namen der Sparkasse hochkomplexe Finanzprodukte, die sie selbst nicht verstehen, immer mit dem Credo: „Risiken existieren nicht – nur Chancen, sonst kauft der Kunde nicht.“ Dabei verwässern moralische Grundsätze unter einem enormen Erfolgsdruck – wie bei dem Sparkassenangestellten Arno Breuer, den Joachim Król darstellt. Oder die Aussicht auf kräftige Boni gibt den Ausschlag wie bei der jungen Onlinebankerin Nele Fromm (Mala Emde).

Ergänzt werden die Spielszenen durch dokumentarische Interviews mit echten Zeitzeugen. Es kommt beispielsweise ein anonymer Bankberater zu Wort, der davon erzählt, dass er und seine Kollegen jeden Tag auf der Arbeit sehen konnten, welche Filiale und welche Mitarbeiter die meisten Verkäufe abgeschlossen hatten. Wie im Film seien die Berater mit den wenigsten Verkäufen am Ende des Tages vor der Gruppe bloßgestellt worden.

Das Dokutainment-Drama nach dem Drehbuch von Dirk Eisfeld fußt zwar auf wahren Begebenheiten, spitzt jedoch zu: Richtig ist beispielsweise, dass die im Film aggressiv verkauften Finanzprodukte mit der Lehman-Pleite zunächst wertlos wurden. Im Film entsteht allerdings der Eindruck, dass Sparkassenkunden ihre gesamten Ersparnisse verloren hätten. Doch das war nicht so.

Und Bankkunden organisierten Demonstrationen, Stammtische und andere Formen, um sich zu wehren. Nach ihrer Überzeugung haben die Anleger-Proteste zumindest zum Teil etwas gebracht und etwa die Frankfurter Sparkasse zu Zahlungen bewegt. Deutschlands viertgrößte Sparkasse hatte ihren Kunden zeitlich befristet angeboten, die Lehman-Papiere zur Hälfte des Nominalwertes zurückzukaufen. Auch andere Banken und Sparkassen zeigten Entgegenkommen, führten aber andererseits auch Prozesse um mutmaßliche Beratungsfehler gegen ihre Kunden. Diesen Teil der Geschichte thematisiert „Lehman. Gier frisst Herz“ nicht, obwohl er in Frankfurt spielt.

Doch Fakt ist auch, dass verantwortliche Manager damals kaum belangt wurden und der Eindruck entstand, die Kosten für die Finanzkrise müssten andere zahlen. Die Wut darüber bereitete auch populistischen politischen Strömungen den Boden. Als Anti-Euro-Partei gründete sich etwa die Alternative für Deutschland (AfD).

„Lehman. Gier frisst Herz“ zeichnet ein Bild in Schwarz-Weiß. So entstehen beim Gucken des Films Wut und Fassungslosigkeit angesichts des selbstherrlichen Gebarens einiger Bankmitarbeiter. Es fallen Sätze wie: „Ein bisschen Eigenverantwortung können wir von unseren Kunden schon erwarten“ oder „Wir haben uns nichts zu Schulden kommen lassen“, obwohl vorher das Risiko eines Totalausfalls kleingeredet wurde.

Die Botschaft des Films ist eindeutig: Ein Bankmitarbeiter arbeitet ausschließlich für das Wohl der Bank, nicht für das ihrer Kunden. Verübeln kann man diese Botschaft den Machern nicht, angesichts der gebeutelten Anleger, die diese sicherlich unterschreiben würden. Der ehemalige Chef von Lehman Brothers Deutschland, Karl Dannenbaum, kommt ebenfalls zu Wort und sieht weder eine juristische noch eine moralische Schuld bei der Bank. Und das, obwohl sie wie andere große Geldhäuser mitverantwortlich für die schwerste Finanzkrise der vergangenen Jahrzehnte ist. (dpa)



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