Krisenstab bei Tönnies: Mehr als tausend Corona-Infektionen, Ministerpräsident Laschet vor Ort

Die Zahl der Corona-Infektionen beim Fleischkonzern Tönnies ist auf mehr als tausend gestiegen. Das sagte der Landrat des Kreises Gütersloh, Sven-Georg Adenauer (CDU). SPD-Politiker Lauterbach fordert einen Lockdown, der Landrat möchte das verhindern.
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Polizeikräfte sichern einen Wohnkomplex, in dem Arbeiter des Fleischbetriebes Tönnies am 20. Juni 2020 in Verl bei Gütersloh untergebracht sind. Die Behörden erwägen eine Abriegelung der gesamten Region, Schulen und Kindertagesstätten in der Region sind bereits geschlossen worden.Foto: Alexander Koerner/Getty Images
Epoch Times21. Juni 2020

Die Zahl der Corona-Infektionen beim Fleischkonzern Tönnies in Rheda-Wiedenbrück ist auf mehr als tausend gestiegen. Von 3127 Befunden seien 1029 positiv, sagte der Landrat des Kreises Gütersloh, Sven-Georg Adenauer (CDU), am Samstag auf einer Pressekonferenz. Adenauer will einen Lockdown verhindern – genau den fordert hingegen der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Der Chef des Fleischkonzerns, Clemens Tönnies, entschuldigte sich für die Vorkommnisse.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) will nach dem schweren Corona-Ausbruch beim Fleischkonzern Tönnies mit dem zuständigen Krisenstab beraten. Er traf am Sonntagmorgen gemeinsam mit seinem Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) in Gütersloh ein.

Die Politiker wollen zunächst mit Mitgliedern des Krisenstabs sprechen, anschließend ist eine Sondersitzung des Landeskabinetts per Videokonferenz geplant, wie eine Sprecherin der Staatskanzlei sagte.

Am Nachmittag wollen sich Laschet und Laumann demnach vor der Presse äußern. Laschet hatte vor einigen Tagen einen Lockdown der Region nicht ausgeschlossen. Der Landrat des Kreises Gütersloh, Sven-Georg Adenauer (CDU), will dies jedoch verhindern.

Behörden verschafften sich Zugang zu Personaldaten

Mitarbeiter der Kreisverwaltung und des Arbeitsschutzes seien in der Nacht zum Samstag bei Tönnies gewesen und hätten sich Zugang zu den Personaldaten verschafft, berichtete Adenauer. Das Unternehmen habe es „bis gestern um Mitternacht nicht geschafft“, den Behörden sämtliche Wohnadressen der bei Tönnies Beschäftigten auszuhändigen, kritisierte er. Seit 01.30 Uhr lägen diese nun endlich vor.

Tönnies, der am Nachmittag überraschend selbst vor die Presse trat, machte Datenschutzrichtlinien für die Verzögerungen verantwortlich. Die Adressen dürften nicht gespeichert werden, betonte er. Tönnies fügte hinzu: „Ich kann als Unternehmer und als jemand, dem es in erster Linie um die Menschen geht, nur in aller Form um Entschuldigung bitten“. Das Unternehmen stehe in „voller Verantwortung“.

Landrat will Ausgangssperre verhindern

Insgesamt handelte es sich laut Adenauer um rund 1300 Wohnadressen im Kreis Gütersloh. Diese würden nun allesamt von „mobilen Teams“ besucht. Diese nähmen Abstriche und informierten die Menschen über die verhängte Quarantäne, die für alle Tönnies-Beschäftigten bis hinauf zum Management gilt. Adenauer betonte, es gebe bislang „keinen signifikanten Eintrag“ des Virus in die allgemeine Bevölkerung.

Der Landrat bezeichnete es als „oberste Priorität“, eine Ausgangssperre in der Region zu verhindern. Einen solchen Lockdown hatte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) nicht ausgeschlossen. Es gebe noch die Chance, dies zu verhindern, sagte der Landrat.

Lauterbach hält Lockdown für unbedingt notwendig

SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach dagegen hält einen Lockdown für unbedingt notwendig. „Bund und Länder haben Kontakt- und Ausgehbeschränkungen für den Fall von mehr als 50 Neuinfektionen pro Woche bei 100.000 Einwohnern vereinbart. Wann soll diese Regelung zur Anwendung kommen, wenn nicht jetzt im Landkreis Gütersloh?“, sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland.

„Ich halte die Situation für brandgefährlich; die Eindämmung des Virus wird verschleppt“, warnte Lauterbach. „Es muss in dem Betrieb erhebliche Verstöße gegen Hygieneregelungen gegeben haben. Andernfalls wäre ein Ausbruch in dieser Größenordnung undenkbar“, sagte der nordrhein-westfälische Bundestagsabgeordnete.

Fabrik ist geschlossen

Die Fleischfabrik ist derzeit für 14 Tage geschlossen; bestimmten Mitarbeitern ist es aber noch erlaubt, in sogenannter Arbeitsquarantäne bestimmte Tätigkeiten auszuführen. „Der Betrieb müsste stillstehen, bis akzeptable Hygienebedingungen herrschen“, forderte dagegen Lauterbach. Bei Tönnies arbeiten rund 7000 Menschen.

Einem Bericht zufolge könnte ein Gottesdienst ein Ausgangspunkt für den schweren Corona-Ausbruch gewesen sein. Dieser habe am 17. Mai stattgefunden, berichtete das Nachrichtenportal „t-online.de“ am Samstag. Der Gottesdienst habe „das erste größere Infektionsgeschehen bei Tönnies mitausgelöst“.

Der Konzern habe mitgeteilt, dass zwei Mitarbeiter nach eigenen Angaben „bei einem Kirchenbesuch Kontakt zu im Nachgang positiv getesteten Personen hatten“, berichtete „t-online.de“ Auch der Landkreis erklärte demnach, einzelne Infektionen seien „auf Kontakte in einer Kirche zurückzuführen“.

NRW-Ministerpräsident Laschet hatte am Mittwoch auf die ausländischen Mitarbeiter bei Tönnies als Ursprung der Infektionen verwiesen. Auf die Frage einer Journalistin, was der Corona-Ausbruch über die Lockerung der Corona-Auflagen aussage, antwortete er: „Das sagt darüber überhaupt nichts aus, weil Rumänen und Bulgaren da eingereist sind und da der Virus herkommt.“ (afp)



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