Kürzere Arbeitszeit, gleicher Lohn: Deutschland testet die Viertagewoche

Ein großangelegtes Pilotprojekt in Deutschland wird bald die potenziellen Vor- und Nachteile der Viertagewoche ausloten.
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Leeres Büro. Symbolbild.Foto: iStock
Epoch Times1. September 2023

Die Viertagewoche verspricht so einiges: Sie mache Beschäftigte glücklicher, steigere die Produktivität im Unternehmen und fördere den Klimaschutz, so zumindest die Behauptungen der Organisation 4 Day Week Global. Das soll jetzt in Deutschland bewiesen werden, im nach eigenen Angaben größten Pilotprojekt zur Viertageswoche hierzulande.

„Wir beobachten, dass der Diskurs rund um die Viertagewoche in Deutschland polarisiert“, erklärt Carsten Meier, Mitbegründer der Unternehmensberatung Intraprenör, die das Experiment gemeinsam mit 4 Day Week Global umsetzt. Mit der Studie will Meier Fans und Kritiker des Konzepts an einen Tisch bringen und es „einfach mal ausprobieren“.

Mitmachen kann eigentlich jeder: Die Größe des Unternehmens ist egal und auch die Branche spielt für die Teilnahme keine Rolle. Ein bunter Mix wäre aber nett, heißt es auf Nachfrage.

Und das ist geplant: Von Februar bis August kommenden Jahres sollen die noch unbekannten Firmen ihren Mitarbeitern den vollen Lohn zahlen, obwohl die nur noch 80 Prozent der bisherigen Zeit arbeiten. Die Produktivität der Mitarbeitenden soll dabei auf demselben Niveau bleiben.

Ziel: 60 Unternehmen für Viertagewoche-Projekt

Wissenschaftlich begleitet wird das Ganze von der Universität Münster, die teilnehmenden Unternehmen sollen durch Trainings und Netzwerktreffen beim Experiment unterstützt werden. Wie viele letztendlich teilnehmen, ist noch offen. „Wenn es am Ende so um die 60 Unternehmen sind, wären wir sehr zufrieden“, erklärt Intraprenör. Bis 30. November können sich die Unternehmen bewerben.

In anderen Ländern sind ähnliche Studien bereits gelaufen. In Großbritannien nahmen 61 Unternehmen an einem Pilotprojekt teil, und 56 davon gaben an, die Viertagewoche auch nach dem Ende der Testphase beibehalten zu wollen. Durchschnittlich beobachteten die Forscher aus Boston und Cambridge damals eine Umsatzsteigerung von rund 1,4 Prozent. Die Krankheitstage verringerten sich um rund zwei Drittel und die Zahl der Angestellten, die kündigten, ging um 57 Prozent nach unten. Fast 40 Prozent gaben an, sich nach dem Experiment weniger gestresst zu fühlen als zuvor.

Insgesamt nahmen an dem Experiment in Großbritannien 2.900 Beschäftigte teil, die bei Onlinehändlern, Animationsstudios, im Marketing oder Imbissbuden arbeiteten. 62 Prozent konnten laut Studie ihr Sozialleben und die Arbeit besser unter einen Hut bekommen. Tests gab es auch in Spanien, Island, den USA und Kanada, in Australien und Neuseeland.

Viertagewoche – Meinungen sind gespalten

Die IG Metall hält eine Arbeitszeitverkürzung grundsätzlich für sinnvoll. Sophie Jänicke sitzt für die Gewerkschaft im Beirat, der die Studie begleiten soll. Die Gewerkschaft verspricht sich Erkenntnisse darüber, „was die Bedingungen für gute Modelle einer Viertagewoche sind und was bei der Umsetzung zu beachten ist“, wie ein Sprecher mitteilt.

Auch Jakob Neise ist im Beirat. Eigentlich ist er Chef des Startups Play The Hype, das Unternehmen im Umgang mit einer jungen Zielgruppe berät. Neise plant die Einführung der Viertagewoche in seinem Unternehmen derzeit nicht. Trotzdem ist er auf die Ergebnisse gespannt. „Ich glaube, es kommt ganz auf die Branche an. Bei uns im Marketing stelle ich mir das allein wegen der Erreichbarkeit schon schwierig vor“, sagt Neise.

Eine Arbeitszeitverkürzung könne für viele dennoch interessant sein, letztendlich sei aber der Einzelfall entscheidend. Die IG Metall äußert sich vorsichtig optimistisch: „Die Einführung einer Viertagewoche ist flächendeckend oder branchenweit natürlich nicht von heute auf morgen möglich, aber grundsätzlich machbar.“

ZDH kritisiert: Viertagewoche in Kleinbetrieben schwierig

Skeptischer äußert sich der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). „Gerade bei kleineren Betrieben ist es fraglich, ob bei einer ohnehin dünnen Personaldecke auf einzelne Beschäftigte ohne Weiteres für einzelne Tage dauerhaft verzichtet werden kann“, teilt der ZDH auf Anfrage mit. Grundsätzlich könnten attraktive betriebliche Arbeitszeitmodelle jedoch ein wichtiger Wettbewerbsvorteil sein, um neue Beschäftigte anzuwerben.

Das sieht auch der Arbeitgeberverband BDA so: „Flexible Arbeitszeiten sind für viele Unternehmen ein wichtiger Anreiz bei der Fachkräftegewinnung“, sagte Beiratsmitglied Kristian Schalter vom BDA dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Eine pauschale Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich sei nach Ansicht des Arbeitgeberverbands BDA für die überwiegende Mehrheit der Unternehmen jedoch keine Option. (afp/dl)



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