Leistungsversprechen erfüllt – Vergütungsversprechen gebrochen: Labore fühlen sich verhöhnt

"Wir haben einen sachgerechten Preis gefunden, der die Entwicklung in den Laboren von vereinzelten Tests hin zu Massentestungen widerspiegelt. Das unterstützt das Anliegen der Politik, die Strategie der Massentestungen gezielt auszubauen", sagte Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstand beim Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV). Die Labore sehen das jedoch völlig anders.
Titelbild
Teströhrchen mit Blut, das auf SARS-CoV-2 getestet werden soll.Foto: GIL COHEN-MAGEN/AFP via Getty Images
Epoch Times19. Juni 2020

Die Enttäuschung ist den Ärzten, die seit der Corona-Krise rund um die Uhr in den Laboren Proben auf eine Infektion mit SARS-CoV-2 untersuchen, ins Gesicht geschrieben. In ihrer Pressekonferenz informieren die Akkreditierten Labore in der Medizin, kurz ALM e.V., über die neuesten Erkenntnisse und beantworten die Fragen der Journalisten. Am Dienstag (16.6.) zeigten die ALM-Mitglieder in ihrer 12. Konferenz vor allem Unverständnis für die fehlende Anerkennung aus der Politik, die den Laboren entgegengebracht wird. Denn die Kosten für die Corona-Tests wurden vier Monate nach ihrer Einführung um ein Drittel auf 39,40 Euro pro Test gesenkt.

„Die Facharztlabore in Deutschland fühlen sich durch den Beschluss verhöhnt und gedemütigt“, sagte erster Vorsitzender des ALM e.V., Dr. Michael Müller. Er hält die Entscheidung des Erweiterten Bewertungsausschusses für ungerecht. Die Absenkung der Vergütung sei getroffen worden, „ohne dass man sich auch nur ein wenig Mühe gegeben hätte, nachvollziehbare Sachgründe dafür vorzubringen“, sagte Müller.

„Dieser Beschluss wertet die herausragende Arbeit der vielen Tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in allen Laboren so stark ab wie kaum eine andere honorarpolitische Entscheidung zuvor“, fügt der erste ALM-Vorstand hinzu. Hier zeige sich einmal mehr, dass die Krankenkassen nicht wirklich an einem partnerschaftlichen Konzept zur Bekämpfung der Pandemie interessiert seien.

„Selbst in der Krise, in der wir alle aufeinander angewiesen sind und die Labore entscheidend zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie beitragen, drückt die GKV primär die Preise der Leistungserbringer“, betont Wolf Kupatt, Vorstand im ALM. Vorstandsmitglied Evangelos Kotsopoulos ergänzt: „Wir haben in vielen Gesprächen mit den gesetzlichen Krankenkassen dafür geworben, möglichst gezielt und effizient zu testen, damit die finanziellen Ressourcen verantwortungsvoll eingesetzt werden. Wir haben versucht, gemeinsam Lösungen für eine gute Versorgung zu entwickeln. Das scheint aber nicht das Interesse unserer Gesprächspartner zu sein, sondern nur, möglichst wenig Geld auszugeben.“

Unterstützung bei Corona-Warn-App nicht gewürdigt

Dr. Christian Scholz, als ALM-Vorstandsmitglied und Sprecher der AG IT beschreibt: „Auch bei der Einführung der Corona-Warn-App haben sich die Facharztlabore seit nunmehr sechs Wochen intensiv in den Prozess eingebracht. Sie haben Vor-Ort-Tests durchgeführt, Installationstests vorgenommen und in vielfältiger Weise ihre Erfahrungen eingebracht. Jetzt dürfen wir zur Kenntnis nehmen, dass zwar die großen Unternehmen für die Entwicklung und den Betrieb der App eine Honorierung erfahren. Bei den Facharztlaboren jedoch wurde eine Honorierung oder Aufwandsentschädigung nicht einmal diskutiert. Sieht so eine angemessene Wertschätzung im Sinne des Wortes aus?“

Scholz betont: „Die Kolleginnen und Kollegen in den Laboren fragen sich jetzt, warum sie seit mehreren Monaten extreme Überstunden leisten, auf Wochenenden und Feiertage mit ihren Familien verzichten und jede Anstrengung auf sich nehmen, um so schnell wie möglich alle Abstrichuntersuchungen auf SARS-CoV-2 mit der PCR-Testung zu bearbeiten.“

Entsetzt zeigt sich auch Vorstandsmitglied Professor Jan Kramer. „Wir sind laut SGB V als Ärzte verpflichtet, Leistungen wirtschaftlich zu erbringen“, erklärt der Sprecher der AG Versorgungsforschung beim ALM e.V. Das setze voraus, dass Leistungen mindestens auch kostendeckend vergütet werden. „Mit den 39,40 Euro, die der Erweiterte Bewertungsausschuss nun festgesetzt hat, liegen wir definitiv nicht mehr im Rahmen und der enorme Aufwand um die Leistungen während der Pandemie ist nicht mehr gedeckt“, so der Vorstand.

GKV-Spitzenverband verteidigt Kostensenkung

„Viele Labore haben in den letzten Wochen sehr gute Arbeit geleistet, um die Corona-Pandemie in den Griff zu bekommen“, bestätigte auch Ann Marini, stellvertretende Pressesprecherin des GKV-Spitzenverbands. Mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) war bereits Anfang Mai aufgrund der steigenden Testzahlen eine Prüfung der Preisanpassung vereinbart worden. „Die Entscheidung des Erweiterten Bewertungsausschusses die Vergütung nach unten anzupassen, kann daher nicht als völlig unerwartet eingestuft werden, auch wenn die Unparteiischen vorab keine Tendenz haben erkennen lassen“, teilte Marini auf Nachfrage von Epoch Times mit.

Man sei nicht mehr am Anfang der Pandemie, sondern habe bereits gemeinsam Erfahrung gesammelt, um die notwendigen Tests schnell und zugleich aussagekräftig anzubieten. Die Preisabsenkung für die PCR-Tests sieht der GKV-Spitzenverband organisatorisch und technisch durchaus gerechtfertigt. Im Vergleich zur Situation vier Monate zuvor könnten Labore nun auf vollautomatische Verfahren zurückgreifen, die die Kosten pro Test deutlich reduzieren. Gehe man davon aus, dass die Anzahl der Tests weiter steigen wird, da künftig auch symptomlose Menschen untersucht werden, werde sich dieser Trend sicher fortsetzen.

„Die Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist es, auch auf eine wirtschaftliche Versorgung im Sinne derjenigen zu achten, die über ihre Beiträge die Versorgung von rund 90 Prozent der Bevölkerung in Deutschland finanzieren“, heißt es von der Pressesprecherin. Angesichts dieser Fakten müsste eigentlich auch Ärztevertretern bewusst gewesen sein, dass die Preise sinken würden.

Das Argument der ALM-Labore, gerade für mittelständische Labore wäre eine Preisabsenkung bei den PCR-Tests schwer zu meistern, greife nicht. Zum einen würden alle Labore davon profitieren, dass ein durch die Corona-Pandemie bedingter Wegfall von „normalen“ Laborleistungen durch die GKV finanziell ausgeglichen wurde. Die so freigewordenen Kapazitäten der Labore stünden dann für die PCR-Tests zur Verfügung – und diese habe die GKV bezahlt. Zum anderen seien die Gewinne bei den PCR-Tests nach wie vor vorhanden. „Etwa 85 Prozent der Gesamtkosten gehen auf die sogenannten Kitkosten zurück, die – wie auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) nicht bestreitet – bei etwa 20 Euro liegen“, erklärte Marini.

Selbst Labore, die neue Geräte angeschafft haben, würden sicherlich nicht auf den Investitionen sitzen bleiben. Denn diese Geräte würden auch für verschiedene andere Tests wie beispielsweise auf Hepatitis, HPV, HIV, Tuberkulose oder Blutspender-Screening genutzt. Eine Anschaffung müsse sich also nicht allein durch Corona-Tests refinanzieren.

Hoffnung auf Aussetzung des Beschlusses

Die Mitglieder des ALM e.V. haben sich mit der Bitte, den Beschluss auszusetzen, an alle maßgeblichen Verantwortlichen und insbesondere den Bundesgesundheitsminister gewandt. ALM-Vorsitzender Dr. Müller hofft: „Wer testen, testen, testen als sinnvolle Strategie sieht, der wird uns auch dabei unterstützen, dass die GKV die Tests und diejenigen, die sie durchführen, angemessen bezahlt.“

In der 24. Kalenderwoche haben die an der ALM-Umfrage teilnehmenden 135 Labore 278.410 SARS-CoV-2-PCR-Tests ausgewertet und insgesamt 48.509 Antikörpertests durchgeführt. Darüber hinaus stehen aktuell rund 900.000 Tests pro Woche für eine qualitätsgesicherte und umfassende COVID-19-Diagnostik zur Verfügung. (pr/sua)



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