SCHUFA hat bonify übernommen – und könnte Einblick in Konten erlangen

Die Auskunftei SCHUFA kann bis dato noch keine Details zu Bankkonten auslesen. Die Übernahme des Finanz-Start-ups bonify beunruhigt nun Datenschützer.
Das wohl bekannteste Unternehmen für Bonitätsauskünfte: die Schufa.
Das Unternehmen für Bonitätsauskünfte: die SCHUFA.Foto: Franziska Gabbert/dpa-tmn
Von 6. Juni 2023

Eine im Vorjahr erfolgte Übernahme durch die Auskunftei SCHUFA hat Besorgnis bei Datenschützern ausgelöst. Die Einrichtung hat das Finanz-Start-up bonify übernommen. Einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge könnte dieser Schritt der SCHUFA Zugriff auf Daten ermöglichen, die ihr bislang verwehrt blieben.

Umsatz von knapp 250 Millionen Euro im Jahr 2021

Die SCHUFA hat Einschätzungen von Experten zufolge Daten von mehr als 60 Millionen Menschen gespeichert. Aus diesen errechnet sie für jeden von ihnen erfassten Bürger einen sogenannten Score (Wert).

Private Unternehmen wie Banken, Vermieter, Onlineshops oder Telekommunikationsdienste fragen diesen bei der Schufa ab. Anschließend stützen sie darauf ihre Annahme über die jeweilige Kreditwürdigkeit und ihre Entscheidung, Verträge abzuschließen.

Die genaue Zusammensetzung des Scores ist ein Geschäftsgeheimnis der SCHUFA und niemandem außerhalb der Firma bekannt. Dennoch entscheidet dieser für viele Menschen, ob sie einen Miet- oder Handyvertrag bekommen. Der Umsatz, den die SCHUFA mit ihren Bewertungsdienstleistungen erzielt, soll 2021 bereits etwa 250 Millionen Euro erreicht haben.

SCHUFA kennt keine Details der Kontobewegungen

Die SCHUFA ist allerdings bis dato lediglich in der Lage, bestimmte Grunddaten abzurufen. Dazu gehört etwa, ob jemand über ein Girokonto oder eine Kreditkarte verfügt. Außerdem ist die SCHUFA über Zahlungsschwierigkeiten, Insolvenzen oder ausgefallene Kredite im Bilde – auch, weil Wirtschaftsunternehmen sie darüber in Kenntnis setzen.

Allerdings bleibt es der SCHUFA bis dato verwehrt, Details abzurufen. Sie weiß beispielsweise nichts über den aktuellen Kontostand, über regelmäßige Zahlungseingänge, Lottogewinne oder Erbfälle. Dies könnte sich infolge ihrer Übernahme des Finanzdienstes bonify nun ändern.

Wie „Inside digital“ berichtet, betreibt bonify eine App, die es Nutzern ermöglicht, kostenlos die eigene Bonität zu überprüfen. Außerdem lässt sich über diese eine kostenlose Mieterauskunft einholen. Die App ist jedoch auch in der Lage, das eigene Bankkonto auszulesen und zu analysieren.

Verbraucherschützer gehen nicht von „Freiwilligkeit“ aus

Bonify wird schon bald auch den SCHUFA-Score anzeigen. Diesen können Nutzer dann in Eigenregie verbessern, indem sie der Auskunftei über die App einen Kontoeinblick ermöglichen. Die SCHUFA betont, sie werde die beiden Dienste getrennt führen und nicht von sich aus Daten von bonify abrufen. Auch werde sie keine Daten aus Kontoeinblicken speichern.

Dennoch befürchten Kritiker, dass die Konstruktion einen Druck entfalten könnte, sich an der „freiwilligen“ Option zu beteiligen. Die NGO Finanzwende meint, dass immer mehr Menschen, die einen Kredit in Anspruch nehmen möchten, den Einblick von sich aus gewähren werden. Je mehr ein guter Score zur Bedingung für eine Kreditvergabe werde, umso weniger lasse sich von „Freiwilligkeit“ sprechen, äußert Finanzwende-Vorstand Gerhard Schick.

Die SCHUFA werde mit dem Erwerb der Finanzplattform „noch mächtiger, als sie es ohnehin schon ist“. Sie würde künftig etwa auch über Unterhaltszahlungen oder teure Hobbys Bescheid wissen. Auch deshalb kündigte Schick gegenüber der „Süddeutschen“ an, eine Petition gegen das Projekt zum Kontoeinblick ins Leben zu rufen.

Die SCHUFA sah sich bereits 2020 infolge einer Petition veranlasst, Pläne zur Einsichtnahme in Konten fallenzulassen. Angeblich soll sie diese bereits seit 2018 vorbereitet haben. Mehr als 400.000 Personen haben die Protestnote damals unterzeichnet.

Zunehmender Druck auf Geschäftsmodell der SCHUFA

Das neue Projekt könnte eine Form der Flucht nach vorn vonseiten der SCHUFA darstellen. Immerhin steht das Geschäftsmodell der Auskunftei derzeit von mehreren Seiten unter Druck. Jüngst erhielt eine Bank eine Abmahnung, weil sie einen Kreditkartenantrag auf der Grundlage einer SCHUFA-Auskunft vollautomatisch abgelehnt habe.

Berlins Datenschutzbeauftragte Meike Kamp sah in einem solchen Vorgehen eine Verletzung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Sie verhängte ein Bußgeld in Höhe von 300.000 Euro gegen die DKB, die personenbezogene Daten nicht in einer „für die betroffenen Personen nachvollziehbaren Weise“ verarbeitet habe.

Auch vor dem EuGH ist ein Verfahren anhängig – dieses betrifft die SCHUFA direkt. Hier geht es um die Frage, ob nicht die Berechnung des SCHUFA-Scores auch als solche eine unzulässige „automatisierte Entscheidung“ darstelle. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat den Fall aufgrund einer Klage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Der Einfluss des Scorings auf die Kreditvergabe sei so groß, heißt es vonseiten der Kläger, dass von so einer Automatisierung auszugehen sei. Dies verstoße jedoch gegen geltendes EU-Recht.



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