Tradition zu verkaufen: Porzellan-Manufaktur Fürstenberg

Die NordLB will sie nicht mehr, das Land Niedersachsen zögert noch: Deutschlands zweitälteste Porzellan-Manufaktur Fürstenberg blickt in eine ungewisse Zukunft. Damit ist sie nicht alleine.
Titelbild
Ein weißes «Niedersachsen-Ross» und ein «Braunschweiger Löwe» hergestellt von der Porzellan-Manufaktur Fürstenberg.Foto: Swen Pförtner/dpa
Epoch Times3. April 2019

Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat es; im Büro von Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) stehen gleich drei, und so gut wie jeder offizielle Besucher des Landes bekommt eines geschenkt: das weiße Niedersachsen-Ross aus Porzellan, hergestellt in der Manufaktur Fürstenberg.

46 Stück verschenkte das Land laut Staatskanzlei im vergangenen Jahr. Was kaum einer weiß: Fürstenberg ist nach Meissen in Sachsen die zweitälteste Porzellan-Manufaktur in Deutschland. Sie wurde 1747 gegründet. Doch die Tradition ist lange kein Verkaufsgarant mehr, wie die Bilanzen der vergangenen Jahre zeigen.

Seit Jahren kämpft die Manufaktur mit Problemen im operativen Geschäft. Allein zwischen 2016 und 2017 wuchs das Minus unterm Strich um rund 230 000 Euro auf knapp 4,2 Millionen Euro. Im selben Zeitraum sank die Zahl der Mitarbeiter von 105 auf 88. Neuere Zahlen liegen bislang nicht vor.

Die Verluste glich bisher die Norddeutsche Landesbank (NordLB) aus, die mit 98 Prozent Haupteigentümerin der Manufaktur ist. Das könnte sich bald ändern: Das Geldhaus will sich in Zukunft auf sein Kerngeschäft konzentrieren. Aus diesem Grund überlegt die NordLB, die Porzellan-Manufaktur ähnlich wie die Toto-Lotto-Gesellschaft aus der Bank herauszulösen.

Mit Niedersachsen gibt es bereits einen ersten Interessenten. Finanzminister Hilbers hatte Mitte März angekündigt, dass sich für die Manufaktur mit dem Land als neuem Eigentümer erst mal nichts ändern würde. Damit würden also weiterhin die Verluste aus dem Porzellangeschäft beglichen – in diesem Fall nun aber durch die Steuerzahler.

Porzellan ist kein Luxusgut mehr

Früher war mit Porzellan gutes Geld zu verdienen, es galt als Luxusgut. Das Großbürgertum hatte sich die Tischkultur vom Adel abgeschaut, wie Eva Barlösius, Professorin für Soziologie an der Universität Hannover erklärt. Die Feste waren ausladend, Personal und Beiköche bedienten die Gäste. „Es gibt diesen ganzen Kontext nicht mehr“, sagt sie. Porzellan sei kein erstrebenswertes Luxusgut mehr.

Auch Christoph René Holler vom Bundesverband Keramische Industrie sieht im gegenwärtigen Lebensstil einen Grund für die mageren Verkaufszahlen. Vor 20 Jahren habe noch keine „Coffee-to-Go“-Mentalität geherrscht. Für Geschirr geben die Menschen heute weniger Geld aus. Vor allem billige Ware aus Asien mache den handwerklichen Porzellan-Betrieben zu schaffen.

Doch nicht nur die Konkurrenz aus Fernost sei schuld, meint Holler: „Der Fachhandel stirbt weg.“ Der Verkauf über das Internet sei schwierig und kaum eine Alternative zum Einzelhandel. Porzellan müssten die Menschen in die Hand nehmen und prüfen, wie es sich anfühlt.

Auch bekannteste Porzellan-Manufaktur, Meissen aus Sachsen, kämpft ums Überleben

Im Bundesverband Keramische Industrie gebe es keine Manufaktur mit starkem Wachstum. 2009 beantragte der Porzellan-Hersteller Rosenthal beim Amtsgericht im bayerischen Hof Insolvenz; ein italienisches Unternehmen wurde neuer Eigentümer. Selbst die wohl bekannteste Porzellan-Manufaktur, Meissen aus Sachsen, schloss 2017 mit einem Nettoergebnis von minus 5,2 Millionen Euro.

Ob die Fürstenberger Manufaktur in den Besitz des Landes übergeht, ist bislang nicht sicher. Das Finanzministerium teilte jüngst mit, es gebe diesbezüglich weder konkrete Beschlüsse noch Entscheidungen. Ob es weitere Interessenten gibt, ist unklar. In der Manufaktur selbst wollte sich niemand zur wirtschaftlichen Lage und einer möglichen Übernahme äußern. (dpa)



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