Zwei Prozent Vermögenssteuer? SAP-Gründer: „Dann muss ich Deutschland verlassen“
SAP-Gründer Hasso Plattner droht, mit dem wertvollsten Unternehmen des Landes aus Deutschland wegzuziehen, wenn eine Vermögenssteuer eingeführt wird: „Bei einer zweiprozentigen Vermögenssteuer muss ich Deutschland verlassen.“
In einem Interview mit der F.A.S. sagt er, „Wer Geld verdient, der zahlt schon Steuern, und das ist in Ordnung so“.
Aber eine Substanzbesteuerung auf das Firmenvermögen? Macht das, macht das, zehn Jahre später wird man den Erfolg sehen. Dann gibt es halt keine Wachstumsunternehmen mehr.“
Der SAP-Gründer ärgert sich nicht über die Einkommenssteuern, doch eine Vermögenssteuer sei ein falsches Instrument, um Wachstum zu erzeugen. „Eine neue SAP kann ich mir unter diesen Umständen nicht vorstellen.“
Unternehmen hätten oft Phasen, in denen sie wachsen und auch schon einen hohen Marktwert haben. In dieser Zeit gelten die Gründer bereits als vermögend. In dieser Phase haben sie aber teilweise noch nicht genügend Gewinne, um davon Vermögenssteuer zu zahlen. Plattner ärgert sich unter anderem über die SPD, die er viele Male gewählt und unterstützt habe. Doch nun manövriere sie sich für ihn ins Abseits.
„Wenn die Sozialisten glauben, dass Unternehmer Gangster sind, die bestraft werden müssen, dann ist das eine andere Gesellschaft“, sagte Plattner. „Wer glaubt, dass der Staat die Firmen besitzen soll, muss sich nur die ehemalige DDR angucken.“
Hasso Plattner gründete 1972 gemeinsam mit vier Kollegen die Firma SAP, die nun vom Umsatz her das größte europäische und weltweit drittgrößte börsennotierte Softwareunternehmen ist. Schwerpunkt von SAP (Systeme, Anwendungen und Produkte in der Datenverarbeitung) ist die Entwicklung von Software zur Abwicklung sämtlicher Geschäftsprozesse eines Unternehmens wie Buchführung, Controlling, Vertrieb, Einkauf, Produktion, Lagerhaltung und Personalwesen. SAP bietet eigene Datenbanklösungen und Software im Finanzbereich an.
Sixt: Mit Abbau der Bürokratie könnte viel mehr erreicht werden
Der SAP-Gründer erhält für seine Worte viel Unterstützung durch andere Firmen.
So sagte Erich Sixt (Mietwagenunternehmen Sixt): „Abgaben auf liquides Vermögen sind eine politische Entscheidung – das kann man gutheißen oder nicht. Verkraftbar wären solche Abgaben, denn die liquiden Mittel sind prinzipiell vorhanden. Deutlich schwieriger wird es, wenn nicht-liquides Vermögen wie Immobilien und vor allem Unternehmenswerte besteuert werden sollten. In vielen Fällen könnte die Vermögenssteuer nur durch die Veräußerung von Unternehmensanteilen beglichen werden.“
Dies wäre vor allem für Familienunternehmen eine „existenzielle Bedrohung“ und würde dazu führen, dass sie nicht „als Ganzes bestehen bleiben“ könnten. Notwendige Investitionen und auch Arbeitsplätze wären gefährdet.
Ich bezweifle stark, dass das im Interesse des Wirtschaftsstandorts Deutschland liegen würde. Meiner Meinung nach gilt auch hier: Sozial ist nicht der, der verteilt, sondern der, der dafür sorgt, dass es etwas zum Verteilen gibt!“
Die „Bild“ (Montagausgabe) befragte auch andere Unternehmer zu den Vermögenssteuer-Plänen der SPD. Unternehmer Martin Richenhagen, CEO der AGCO-Corporation, sagte der Zeitung: „Den neuen SPD-Chef kenne ich recht gut, da wir in Bonn gemeinsam im Studentenwohnheim Tannenbusch gewohnt haben. Seine Steuerpläne halte ich für vollkommen abwegig.“
Und weiter:
Die Steuereinnahmen in Deutschland sind bombastisch. Leider geht man mit dem Geld nicht wirklich vernünftig um. So könnte durch Abbau der Bürokratie viel mehr erreicht werden als durch die populistische Forderung nach einer Vermögenssteuer!“
Olaf Scholz (SPD) unterstützt Vermögenssteuer – viele andere nicht
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) stellte sich hinter den Vorschlag der SPD, die Vermögenssteuer in Deutschland wieder einzuführen. „Ich habe die SPD-Arbeitsgruppe eng begleitet und unterstütze das Ergebnis, sich am Schweizer Vorbild zu orientieren“, sagte Scholz. Sein Vorgänger, Thorsten Schäfer-Gümbel, brachte das Konzept ein und plant, mit einer Vermögenssteuer von einem Prozent zehn Milliarden Euro abzuschöpfen.
In der „Wirtschaftswoche“ kommentiert Harald Christ:
Die Schwächeren der Gesellschaft werden nicht gestärkt, indem man die Starken schwächt. […] Ich halte nichts von aktionistischer Symbolpolitik – und ich finde diese Diskussion zum jetzigen Zeitpunkt auch für nicht zielführend. Sie schadet am Ende.“
Harald Christ hat bereits angekündigt, die SPD zum Jahresende 2019 zu verlassen. Er sagte: „Meine Funktion als Mittelstandsbeauftragter habe ich zum Parteitag bereits vorab niedergelegt.“ Er äußerte sich besorgt über die neue SPD-Doppelspitze. „Die Partei driftet noch stärker nach links und verliert endgültig die Mitte und große Teile ihrer Stammwählerschaft. Es besteht die Gefahr einer Abspaltung der linken Mitte innerhalb der Partei“.
Wirtschaftsverbände warnen
Wirtschaftsverbände warnen – ähnlich wie die Unternehmer: „Für Deutschland wäre die Einführung einer allgemeinen Nettovermögensteuer selbstschädigend, weil Investitionen und Wachstum sinken würden“, sagt der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest. Es käme zu einer Kapitalflucht.
„Der Vorschlag, deutsche Unternehmen über eine Vermögenssteuer zusätzlich in ihrer Substanz zu belasten, geht in die falsche Richtung“, sagte Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Gerade in Zeiten einer schwächeren Konjunktur bräuchten die Unternehmen ausreichend Mittel, um in neue Technologien zu investieren.
Hingegen sieht Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), darin kein Tabu: „Deutschland braucht eine grundlegende Reform seines Steuersystems“, sagte er. Auch die Frage einer Vermögenssteuer dürfe „kein Tabu sein - letztlich geht es um die Frage, wie der Staat seine Aufgaben am sinnvollsten finanzieren kann“.
Bayern und die CDU protestieren
„Sollte die SPD tatsächlich vorhaben, alle Unternehmen mit einer Vermögenssteuer zu überziehen, wäre das im Ergebnis ein Konzept, um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu ruinieren“, sagte Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) der „Augsburger Allgemeinen“. Eine Vermögenssteuer werde es mit Bayern nicht geben.
Stattdessen forderte Füracker Steuersenkungen: „Zeiten höchster staatlicher Steuereinnahmen und einer drohenden konjunkturellen Abschwächung erfordern gezielte Steuersenkungen für alle Steuerzahler, insbesondere auch für die Unternehmen.“
Die CDU verweist auf Steuereinnahmen in Rekordhöhe, daher sei eher das Vermögen zu steuern gefragt statt einer Vermögenssteuer, wie der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andreas Jung (CDU), dem „Handelsblatt“ sagte. Den neuen Vorstoß dafür lehne die Union genauso ab wie die Forderung aus der SPD nach neuen Schulden. „Beides ist falsch und widerspricht dem Koalitionsvertrag“, so der CDU-Politiker weiter.
Politischer Unfug – und das auch noch zur Unzeit
Der finanzpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Lothar Binding, und Parteichef Norbert Walter-Borjans warben in der SPD leidenschaftlich für das Projekt. Es sei ungerecht, „dass jemand ohne eigenes Zutun reich ist – so wie es ungerecht ist, wenn ohne eigenes Verschulden jemand arm ist“, sagte er. „Reiche sollen sich am Gemeinwesen so stark beteiligen, wie ihre Schultern tragen können.“ Parteichef Norbert Walter-Borjans findet die Vermögenssteuer „gerecht“.
Im August nannte Wirtschafts-Ressortleiter Olaf Gersemann in der „Welt“ den Vorstoß von SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel „politischen und wirtschaftlichen Unfug“, der auch noch „zur Unzeit“ käme.
Hinter einer Vermögenssteuer steckt der Neid auf Gutverdiener und Vermögende. Diesen das Geld „abzuschöpfen“ und mithilfe dieser abgepresster Mittel Haushaltslöcher zu stopfen, sei für die Partei stets nach hinten losgegangen.
1983, 1987, 1990, 1994, 2005, 2009, 2013, 2017: Vor jeder dieser Bundestagswahlen forderte die SPD Steuererhöhungen für Bessergestellte – alle diese Wahlen gingen für die Sozialdemokraten verloren. Gewonnen hat die SPD 1980, 1998 und 2002 – genau und nur bei den Wahlen, vor denen sie sich Steuererhöhungsfantasien verkniff.“
Möglicherweise, so erklärt sich Gersemann diesen Zusammenhang, „glaubt ein erheblicher Teil der Wahlbevölkerung eben doch daran, dass ein Mindestmaß von Chancengerechtigkeit herrscht im Lande, soll heißen: Selbst die, die es noch nicht geschafft haben, setzen darauf, es irgendwann zu tun – und wenn nicht sie selbst, dann doch ihre Kinder.“
(ks / mit Material der Agenturen)
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