USA überholen Europa: Der Kampf um Investitionen in grüne Energie

Die EU strebt Klimaneutralität bis 2050 an und setzt unter anderem auf Wasserstoff. Die USA hingegen ziehen mit attraktiven Subventionen für Unternehmen, die in grüne Energie investieren möchten, davon. Das könnte sich zu einem Wirtschaftskrieg ausweiten.
Wasserstoff, insbesondere „grüner“, ist aktuell zu teuer für die Wirtschaft.
Wasserstoff soll ein wichtiger Baustein in der Energiewende werden. Europa und die USA stehen hier in einem harten Wettbewerb.Foto: iStock
Von 8. Juli 2023

Die EU hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis zum Jahr 2050 möchte sie klimaneutral sein und die Abkehr von den sogenannten fossilen Brennstoffen vollzogen haben. Ein wichtiger Baustein auf dem Weg dahin soll Wasserstoff sein.

Wasserstoff hat Zukunftspotential

Im vergangenen Jahr hat deshalb die EU beschlossen, dass sich die Mitgliedstaaten mit bis zu 5,4 Milliarden Euro an der Förderung der dafür nötigen Industrie beteiligen dürfen.

„Wasserstoff hat ein enormes Zukunftspotenzial. Er ist für die Diversifizierung der Energiequellen und den ökologischen Wandel unverzichtbar“, sagte damals die für Wettbewerb zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager. Binnenmarktkommissar Thierry Breton betonte, das Vorhaben könne dazu führen, dass EU-Unternehmen in der Wasserstoffindustrie führend werden.

Von Europa in die USA

Ein gutes Jahr später sieht es nun so aus, dass die mit Milliarden geförderten Wasserstoffarbeitsplätze nicht in Europa, sondern in den USA entstehen könnten. Wie das US-amerikanische Portal „Politico“ schreibt, hängt das mit der Klimaagenda von Präsident Joe Biden zusammen. Mit dieser möchte die USA ebenfalls saubere Energie fördern.

Jüngstes Beispiel ist der norwegische Konzern Nel ASA, der im Mai bekannt gab, eine neue automatisierte Produktionsanlage für Gigawatt-Elektrolyseure in Michigan bauen zu wollen. Fast 500 Millionen Dollar möchte der Konzern dafür in Michigan investieren, um die Geräte zu bauen, mit denen man Wasserstoff aus Wasser gewinnen kann.

Die Entscheidung der Norweger fiel neun Monate, nachdem der US-Kongress Bidens Klimagesetz, den sogenannten „Inflation Reduction Act (IRA)“, verabschiedet hat. 500 Arbeitsplätze wandern so aus Europa in die USA. Zwar betonte der CEO von Nel, Håkon Volldal, gegenüber „Politico“, dass es keinen Druck gegeben habe, das Werk nun in Michigan anzusiedeln.

Allerdings habe man die Vorteile gesehen, dass Kunden und Partner, wie beispielsweise General Motors, beim neuen Standort in der Nähe seien. Entscheidend seien weiterhin auch die von der Biden-Regierung zur Verfügung gestellten Fördermittel gewesen. Volldal verweist hier neben dem IRA auf den sogenannten „CHIPS and Science Act“, der Mittel für die Technologieentwicklung bereitstellt. Weiter habe auch Michigan selber Geld für die Investition in grüne Energie zur Verfügung gestellt.

Am Ende stand dann die Entscheidung gegen Europa und für die USA. „Wenn man die IRA und den CHIPS Act zusammennimmt, sprechen wir von mehr als 400 Milliarden US-Dollar“, sagte Volldal. „Darüber hinaus gibt es Subventionen für erneuerbare Energien und so weiter. Europa wird im Vergleich zu den Zahlen, die wir in den USA sehen, in den Schatten gestellt.“

USA möchte Europa überholen

Der Wettbewerb um die grüne Technologie zwischen den USA und Europa ist also im vollen Gange. Der globale Wasserstoffmarkt wird voraussichtlich bis 2027 einen Umsatz von 155 Milliarden US-Dollar erreichen. Europa plant, bis 2030 insgesamt 20 Millionen Tonnen erneuerbaren Wasserstoff pro Jahr zu produzieren und zu importieren. Die USA haben sich das Ziel gesteckt, Europa sowohl bei der Produktion von Wasserstoff als auch beim Bau von Elektrolyseuren, die den Wasserstoff gewinnen, zu überholen.

Die Biden-Regierung subventioniert deshalb über den IRA jedes Kilogramm grünen Wasserstoff mit drei Dollar. Wer in Wind- und Solarenergie, in Wasserstoff oder E-Mobilität investiert, wird von der US-Regierung kräftig gefördert. Rund 400 Milliarden Dollar stehen dafür als Fördermittel bereit. Die Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young, eines der vier weltweit führenden Unternehmen in diesem Bereich, schreiben auf ihrem Blog, dass die USA mit ihren Maßnahmen ein Signal an die Welt aussenden möchten: „Die USA bieten nicht nur sichere und günstige, sondern auch saubere Energie.“

Wie das Unternehmen weiter schreibt, sei die „Sogwirkung“ auf Unternehmen in Europa, aber auch dem asiatischen Raum im Moment so groß, dass mehrere Regierungen bereits von unfairen Subventionen sprächen und vor einem Wirtschaftskrieg warnten.

Europa hat das „Gelbe Trikot“ abgegeben

„Vor einem Jahr hatte Europa noch eindeutig das Gelbe Trikot an“, sagt Nel-CEO Volldal gegenüber „Politico“ und bezieht sich hier auf das Trikot der Tour de France, das der schnellste Radrennfahrer tragen darf. „Jetzt haben es die USA.“

Der CEO von Hydrogen Europe, Jorgo Chatzimarkakis, gehört zu den einflussreichsten Lobbyisten in Sachen grüner Energie. Er hat mit dazu beigetragen, die Milliardenförderungen der EU im letzten Jahr durchzusetzen. „Wir haben in der EU einen sehr guten Förderungsrahmen. Aber es gelingt uns nicht, Unternehmen anzulocken, weil alles zu komplex ist“, sagte er. Die EU habe ehrgeizige Ziele. Es fehlten aber die einfachen und effizienten Instrumente, um Unternehmen zu motivieren, befindet Chatzimarkakis. „Auf ihre typische bürokratische Art werden die Europäer dieses Geschäft zerstören.“

Jorgo Chatzimarkakis wählt gegenüber „Politico“ dann einen sehr drastischen Vergleich:

„Mistkäfer verbringen Stunden damit, Dungkugeln zu rollen, um Weibchen anzulocken“, sagte er. „Aber es gibt sehr clevere Mistkäfer, die einfach am Rand sitzen und zuschauen, während andere die harte Arbeit erledigen. Dann schießen sie hinein, nehmen die Dungkugel, nehmen das Mädchen und rennen mit allem davon. Das ist Joe Biden.“

„Wenn der Markt da ist, werden die Leute hier sein“

„Politico“ zitiert weiter einen nicht namentlich genannten hochrangigen Beamten der Europäischen Kommission, der damals maßgeblich an der Entwicklung der Anreize der EU für die Wasserstoffindustrie mitgearbeitet hat. Dieser räumt ein, dass die USA im Moment eine attraktive Perspektive für Unternehmen werden. „Mit dem IRA verfügt die USA über ein Instrument, das wir nicht haben – Steuergutschriften“, so der EU-Beamte.

In Europa hingegen müssen Unternehmen vor Förderung einen „Ausschreibungsprozess“ durchlaufen. Behörden bewerten dann die Vorschläge der Unternehmen und genehmigen dann die Förderung des Projektes oder auch nicht. In den USA ist es viel einfacher. Um gefördert zu werden, muss das Unternehmen nur bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Das geht alles relativ unbürokratisch und ist deshalb für Unternehmen deutlich attraktiver.

Dass Arbeitsplätze nun in größerem Stil von Europa in die USA wandern, sieht der EU-Beamte, der anonym bleiben möchte, nicht. Im Moment investiere die EU viel Geld, um den Markt für Wasserstoff aufzubauen. „Wenn der Markt da ist, werden die Leute hier sein.“

Export von Wasserstoff hat Grenzen

David Hart, Professor für Politik an der George Mason University in den USA, ist der Meinung, dass der Druck, Unternehmen anzuziehen, gut für die gesamte Branche ist. „Es herrscht ein Wettbewerb zwischen den USA und Europa um Investitionen in grüne Energie. Manche sehen diesen Wettlauf kritisch. Ich sehe durchaus positive Aspekte.“

Der Professor erklärt weiter, dass Wasserstoff nicht so einfach zu transportieren ist wie fossiles Gas. Daher gebe es Grenzen für die USA als zukünftiger Exporteur. Das bedeutet, dass es immer auch aus finanzieller Sicht einen guten Grund geben wird, den Brennstoff in Europa herzustellen.

Beschwerden aus Brüssel, dass die USA die Wasserstoffindustrie mit größeren Anreizen als die EU zum Abwandern bewegen möchte, sind laut Pavel Molchanov, Managing Director und Aktienanalyst für die Investmentbank Raymond James in Houston, „leeres Geschwätz“. „Wenn europäische Regierungen mehr grünen Wasserstoff haben wollen, sollten sie einfach mehr Schecks ausstellen“, macht er eine ziemlich deutliche Ansage.



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion