ADAC, Grüne und FDP kritisieren amtliches Schreiben an Diesel-Besitzer
Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) gerät wegen eines Briefs an Besitzer älterer Diesel zu Preisnachlässen für den Kauf sauberer Wagen zunehmend in die Kritik.
Der Autofahrerclub ADAC bemängelte, dies führe „bei vielen Empfängern zu erheblichen Irritationen“, da für weitere Fragen nur Kontaktdaten dreier deutscher Hersteller genannt würden. Eine neutrale Beratung zur Ausgestaltung von Prämien und die Möglichkeit zu Vergleichen seien damit nicht gewährleistet, heißt es in einem ADAC-Schreiben an den Vorsitzenden des Beirats beim KBA, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Auch die Verbraucherzentralen hatten kritisiert, die Hinweise des KBA auf „Umtauschaktionen“ von BMW, Daimler und VW ließen „nötige Distanz zur Industrie vermissen“. Das Bundesverkehrsministerium verteidigte die Briefe dagegen als „reines Informationsschreiben“. Darin heißt es auch: „Es bleibt Ihnen natürlich unbenommen, sich auch bei anderen Herstellern über laufende Umtauschaktionen zu informieren.“
Extra-Rabatte für den Kauf sauberer Wagen gehören zu einem Paket mit neuen Maßnahmen, mit denen die Bundesregierung Diesel-Fahrverbote in 15 Städten mit besonders hoher Luftverschmutzung vermeiden will.
Der ADAC warnte nun, viele Betroffene verstünden die Briefe des KBA als „einseitige Werbeaussage zugunsten der genannten Hersteller“ – einige sogar so, dass man drohende Fahrverbote nur durch Umtausch des Autos bei BMW, Mercedes oder VW vermeiden könne.
Nach Schilderungen von ADAC-Mitgliedern führe es zu einer „Erosion in das Vertrauen staatlicher Einrichtungen“, wenn sie als „Vorfeldeinrichtungen von Automobilherstellern auftreten“. Bei verbleibenden Briefen solle das KBA daher „neutral über Maßnahmen aller Hersteller“ informieren.
Der Beirat beim KBA war erst im Sommer eingerichtet worden, um Verbraucher- und Umweltinteressen stärker zu berücksichtigen.
Grüne und FDP kritisieren Werbung ebenfalls
„Die Autohersteller scheinen einen neuen Vertriebspartner gefunden zu haben“, sagte der Grünen-Verkehrspolitiker Stephan Kühn dem „Handelsblatt“. „Das ist völlig inakzeptabel für eine Behörde, die zur Neutralität verpflichtet ist“, so Kühn weiter.
Diesmal habe die Behörde allerdings vergessen, „mit industriefreundlichen Grüßen“ zu unterschreiben. Der FDP-Verkehrspolitiker Oliver Luksic erklärte, es sei nicht Aufgabe des Staates, Werbung für die Autoindustrie zu machen, zudem nicht einseitig unter Ausgrenzung ausländischer Hersteller.
„Mit diesem Werbebrief macht sich Verkehrsminister Scheuer zum Autohändler“, sagte Luksic. „Das KBA ist eine Genehmigungsbehörde und keine staatliche Werbeagentur, dem Minister ist jegliches Gespür abhandengekommen“, so Luksic weiter.
Die Umtauschprämien seien zudem nichts anderes als normale Rabatte, die es vorher auch schon gegeben habe. Das Problem der Fahrverbote lasse sich damit nicht lösen. Hintergrund ist ein im November versandtes Schreiben des KBA an 1,5 Millionen Diesel-Halter. Darin wirbt die Behörde für Umtauschprämien, Rabatte und Leasingangebote der deutschen Fahrzeughersteller. (dpa/dts)
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