Warensendungen aus China: Versandkosten werden massiv steigen

Als "weniger entwickeltes Land" konnte China bislang billiger nach Deutschland versenden als Versandhändler innerhalb Deutschlands. Durch internationale Regeln kann die Deutsche Post nun mehr Porto verlangen, wodurch der Preis für Päckchen massiv steigen könnte.
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Durch die Klassifizierung Chinas als weniger entwickeltes Land, profitiert die Volksrepublik bislang beim Export von den günstigen Versandbedingungen etwa nach Europa oder in die USA, kritisierten die USA in 2018. Das war Auslöser die Postvergütungen neu zu überdenken.Foto: Philipp Schulze/dpa/dpa
Von 4. Februar 2020

Chinesische Versandhändler zahlen Portokosten, von denen Deutsche Versandhändler nur träumen können. Laut Bundesregierung soll sich das 2020 jedoch ändern. Die Gebühren sollen um 27 Prozent steigen. Doch das China-Geschäft ist für die Deutsche Post immer noch ein Verlustgeschäft.

Eine Studie kam in 2016 zu dem Ergebnis, dass die Deutsche Post jährlich einen Verlust von rund 120 Millionen Euro durch chinesische Warensendungen macht, da die Kosten nicht gedeckt werden können.

Versandhändler dürfen Vergütung künftig selbst bestimmen

Auf dem dreitägigen dritten außerordentlichen Kongress des Weltpostvereins Ende September 2019 in Genf beschlossen daher mehr als 130 Länder eine Überarbeitung der Postvergütungssätze.

Durch neue Regeln für Sendungen aus dem Ausland darf die Deutsche Post für Päckchen aus China mehr Geld verlangen. Die Betreiber dürfen ab Januar 2021 die Vergütung selbst bestimmen. Lediglich die USA, bei eingehender Postmenge von über 75.000 Tonnen, darf schon ab 1. Juli 2020 die Preise selbst bestimmen.

Die Bundesregierung sagt dazu:

Die Einführung sog. self-declared rates (freie Setzung von Preisen für die Zustellung eingehender Auslandspost) ist im Grundsatz zu begrüßen, da dadurch die tatsächlichen Zustellkosten im Zielland stärker berücksichtigt werden. Es gelten aber weiterhin „Leitplanken“, innerhalb derer die Preissetzung erfolgen kann. (…) Die Preise dürfen jedoch nicht über die Höchstgrenze von 70 Prozent der Inlandstarife steigen.“

Was war der Auslöser?

Eine Ankündigung der USA vom 17. Oktober 2018, als Gründungsmitglied aus dem Weltpostverein austreten zu wollen, brachte die Überarbeitung der Vergütungsgrundsätze ins Rollen. Von Seiten der USA wurde kritisiert, dass China bevorzugt werde. Denn die Kosten für den Versand aus China sind günstiger als der postalische Versand innerhalb der Empfängerstaaten, kritisierten die USA. Und weiter:

Durch die Klassifizierung Chinas als weniger entwickeltes Land (Gruppe III), profitiert die Volksrepublik bislang beim Export von den günstigen Versandbedingungen etwa nach Europa oder in die Vereinigten Staaten von Amerika. Dies betrifft insbesondere den stark wachsenden E-Commerce-Markt.“

Auch der Bundesrat empfahl der Bundesregierung in der nächsten Weltpostsitzung den Status von China als „weniger entwickeltes Land“ einmal zu überdenken.

Kritik: Deutsche Versandhändler werden benachteiligt

Die bisherigen günstigen Versandkosten benachteiligen Deutsche Versandhändler sagt die FDP in ihrer Kleinen Anfrage. Der Grund:

Die niedrigen Versandkosten ermöglichen es, neben der Produktion auch Vertrieb und Lagerung in China abzuwickeln. Damit findet in diesem Fall kaum Wertschöpfung in Deutschland statt.“

Auch der Bundesrat hat die Bundesregierung mit Beschluss vom 11. Oktober 2019 gebeten, die Fairness im E-Commerce zu verbessern und auf „gravierende Wettbewerbsnachteile“ aufmerksam gemacht.

„Die Nicht-Einhaltung dieser Bestimmungen sowie die präferentiellen Konditionen des Weltpostabkommens erlauben es Händlern aus exportstarken Drittstaaten wie insbesondere China, ihre Waren zu sehr niedrigen Preisen und Versandkosten anzubieten.“

Im Ergebnis ergebe sich eine „massive Wettbewerbsverzerrung“, sagt Andreas Voswinckel, Geschäftsführer von Limal – ein Fulfillment-Unternehmen gegenüber „iBusiness“.

Derzeitig kann ein Brief aus China günstiger zu einem Kunden in Deutschland verschickt werden, als ein Brief innerhalb von Deutschland. Das ist absurd, aber offensichtlich rechtlich vollkommen korrekt.“

Billigpreis Auslaufmodell?

„Die oft hanebüchen übersetzten Produktbeschreibungen („Set Pz Schrauben Fahrer“) spotten jeder Usability- oder Conversionrate-Optimierung – und verkaufen trotzdem hervorragend“, sagt Oliver Kling, Digital Business Analyst bei „Dotsource“, eine E-Commerce-Agentur aus Jena, gegenüber „iBusiness“im Februar 2019.

Kunden „wollen einfach den günstigsten Lieferanten“. Sie „kommen bereits vollständig informiert auf die Verkaufsseiten und wissen genau, welche Produkte sie suchen.“ Man benötige keine „Customer-Experience“ und auch kein „Shopping-Erlebnis“, man will nur den „günstigsten Lieferanten“.

Doch „iBusiness“ rechnet damit, dass der unfaire Wettbewerbsvorteil bald verschwindet. „Tatsächlich ist die niedrige Portoeinstufung auch auf ein internationales Abkommen im Weltpostverein zurückzuführen, das noch aus der Vor-ECommerce-Ära stammt. China ist dort als Schwellenland kategorisiert und durfte Erleichterungen genießen. Schrittweise werden diese nun abgebaut.“

Was bedeutet die Neuregelung für Versandhändler und Verbraucher?

Für deutsche Versandhändler, die ins Ausland versenden, könnten die Versandkosten künftig steigen (wenn die Kosten im Ausland steigen), so die Bundesregierung. Gleiches gilt auch für Verbraucher, die ins Ausland versenden wollen.

Für innerdeutsche Versandhändler geht die Bundesregierung von einer verbesserten Situation aus. Doch das sei davon abhängig, ob der Postbetreiber im Absenderland die Portokosten an die Versandhändler weitergibt und jene weiter an die Endkunden.

Wer aus Deutschland im Ausland bestellt, den könnten künftig höhere Versandkosten treffen. Doch nur dann, wenn der Versandhändler die Kosten an den Kunden weitergibt. „Auch dies ist heute nicht bezifferbar“, sagt die Bundesregierung.

Doch den niedrigen Versandkosten stehen höhere Risiken und Nachteile beim Verbraucherschutz gegenüber, heißt es in der Studie „UPU-Endvergütungen und internationaler E-Commerce“, wie die FDP berichtete.

Auch der Bundesrat kritisiert in einem früheren Beschluss aus 2018:

Bei vielen dieser Sendungen werden weder verbraucher- noch gesundheits- noch umweltschützende Regulierungen eingehalten. Auch gewerbliche Schutzrechte werden oft nicht ausreichend beachtet.“

Bundesregierung: noch unklar, wie Vergütungen steigen werden

Ob und inwieweit die Vereinbarungen des Weltpostabkommens überhaupt umgesetzt werden, ist nach Aussagen der Bundesregierung aktuell noch unklar. So heißt es von Seiten der Bundesregierung:

Es ist noch nicht klar, in welcher Höhe die Entgelte für internationale Postdienstleistungen steigen werden. Dies ist auch abhängig von der Wettbewerbsposition der Deutsche Post AG gegenüber den anderen privaten Dienstleistern, denn im Paket- und Päckchenmarkt gibt es in Deutschland einen harten Wettbewerb.“

Die Bundesregierung als mittelbarer Hauptaktionär der Deutschen Post betont, dass sie auf das operative Geschäft keinen Einfluss nehmen könne und somit die Preisentwicklung nicht beeinflussen könne.

Bedeutung des chinesischen E-Commerce-Handels

Laut Schätzungen des Digital Market Outlook könnten die Umsätze im E-Commerce-Markt in China im Jahr 2019 bei 768.351,7 Millionen Euro liegen. Die der USA dagegen bei rund 323.000 und jene von Deutschland bei etwa 66.000.

Wie viel von China nach Deutschland versendet wird, beantwortet die Bundesregierung in einer älteren Kleinen Anfrage aus 2018 in einem mathematischen Rechenexempel. Und zwar heißt es:

„Bis Ende 2018 dürfte sich die Zahl der internationalen Briefsendungen und der Warensendungen gegenüber 2008 aber um ein Vielfaches erhöht haben. Während sich die Zahl der Briefe von 2008 bis 2012 mehr als verdoppelt haben dürfte, wird erwartet, dass sich die Zahl der Sendungen von 2012 bis Ende 2018 voraussichtlich verzehnfachen wird. Von den Sendungen beinhalten geschätzt ca. 98 Prozent Waren.“

Einer PWC-Studie (Stand Februar 2019) sollen 59 Prozent der Online-Käufer schon einmal in China bestellt haben. Doch die Befragung ist nicht repräsentativ. Es wurden 1.200 Personen per Onlinepanelbefragung befragt.

Laut „iBusiness“ hat der europäische Alibaba-Ableger „Aliexpress“ den Online-Handel professionell werden lassen. Und endgültig „zum Durchbruch verholfen“ haben soll  eine Shopping-App aus Californien „wish.com“ . Bis Februar 2019 wurde die App knapp 200 Millionen Mal auf das Handy geladen – mit 34,1 Millionen Nutzern in den USA und 10,1 Millionen Nutzern in Deutschland.



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