Keine Lieferengpässe in Österreich – Preiserhöhungen aber unvermeidbar

Lieferschwierigkeiten, explodierende Energiekosten, teure Agrarrohstoffe. Diese „drei parallelen Phänomene“ sind nach Aussage des Geschäftsführers des Fachverbands des Lebensmittelhandels in der Wirtschaftskammer Österreich, Christoph Tamandl, Grund für Preissteigerungen im Lebensmittelhandel. Von Engpässen in Österreich kann jedoch – anders als in Deutschland – nicht die Rede sein.
Titelbild
Ein Einkaufswagen mit immer teurer werdenden Lebensmitteln. (Symbolbild).Foto: Hannibal Hanschke/Getty Images
Von 12. April 2022


Mehl? Speiseöl? Fehlanzeige. Wer in Deutschland zu Hause einen Kuchen backen möchte, könnte in diesen Tagen vor Problemen stehen, denn die Regale sind vielerorts gähnend leer. Schaut man jedoch über die Landesgrenze hinaus, gibt es einen solchen Mangel nicht.

In Österreich sind die Regale gut gefüllt. Woran liegt das? Das wollte Epoch Times vom Fachverband des Lebensmittelhandels der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) wissen. Dessen Geschäftsführer Christoph Tamandl (MBA) stand Rede und Antwort.

„Zunächst ist zu betonen, dass die Versorgung der österreichischen Bevölkerung mit Lebensmitteln und Getränken weiterhin jederzeit vollumfänglich und in gewohnter Qualität sichergestellt ist“, erklärte er.

Aktuell habe man es daher nicht mit einer Frage der Versorgungssicherheit, sondern primär mit einer Frage von Preissteigerungen in bestimmten Warengruppen zu tun.

Als Gründe gab er Teuerungen durch „vor allem drei parallele Phänomene“ an, die bereits vor dem Ukraine-Krieg aufgetreten sind und sich durch den Kriegsausbruch weiter verschärft haben.

Lieferschwierigkeiten, explodierende Energiekosten und teure Agrarrohstoffe

Als Erstes verwies Tamandl auf Lieferschwierigkeiten aufgrund der Corona-Pandemie. Diese gebe es beispielsweise bei Verpackungsmaterialien wie Kartonagen, Folien und Glas.

Zweitens würden die Energiekosten förmlich „explodieren“ – und zwar in Bezug auf Gas, Treibstoff und Strom.

Die steigenden Energiekosten schlagen in praktisch allen Warengruppen und auf allen Stufen der Wertschöpfungskette durch: Landwirtschaft, Verarbeitung, Handel“, so Tamandl.

Und schließlich kämen drittens noch Teuerungen bei Agrarrohstoffen hinzu. Bereits 2021 sei es zu teils „historischen Preissteigerungen“, insbesondere in den Bereichen Getreide (z.B. Weizen) und Ölsaaten gekommen, die primär durch qualitativ beziehungsweise quantitativ schlechte Ernten in bedeutenden Anbauländern bedingt waren. Diese Entwicklung habe sich durch den Ausbruch des Ukraine-Krieges weiter verschärft.

„Die Ukraine ist einer der wichtigsten Getreideexporteure der Welt“, so Tamandl. Durch den Wegfall der Exporte aus der Ukraine komme es zu einem Angebotsrückgang und Preissteigerungen bei Getreide, Ölsaaten und Futtermittel. Hinzu trete eine massive Verteuerung bei den Düngemitteln, deren Herstellung energieintensiv ist.

Preiserhöhungen unvermeidbar

Der österreichische Lebensmittelhandel ist laut Tamandl derzeit in praktisch allen Warengruppen und bei allen Lieferanten mit Preiserhöhungsforderungen der Hersteller konfrontiert. Steigende Energiekosten, beispielsweise für Transport und Kühlung, belasten den Handel.

„In der aktuellen Situation ist es daher unvermeidbar, dass der Handel einen Teil der Mehrkosten an die Konsumenten weitergibt“, schildert Tamandl.

Dabei geht der Lebensmittelhandel mit Preissteigerungen nach seinen Aussagen „sehr behutsam“ um, was schon allein dem intensiven Wettbewerb in der Branche geschuldet sei.

„Preisanpassungen der Hersteller werden nur dann an die Konsumenten weitergereicht, wenn der Kostendruck sehr hoch ist“, erklärt Tamandl.

Auch die aktuellen Zahlen der Statistik Austria belegten, dass Lebensmittel nicht zu den Preistreibern zählen. So lag die Inflation in Österreich im Februar bei +5,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Teuerungen bei Nahrungsmitteln und alkoholfreien Getränken lagen im gleichen Zeitraum bei +4,3 Prozent, berichtet Tamandl und fügt hinzu: „Klarer Inflationstreiber sind die explodierenden Energiekosten (Gas, Treibstoff, Heizöl, Strom).“

Politik in Verantwortung

Nach Tamandls Aussage ist damit zu rechnen, dass die Preissituation in der ersten Jahreshälfte 2022 weiter angespannt bleiben wird. Weitere Vorhersagen seien angesichts der großen Unsicherheiten, die mit dem Ukraine-Krieg verbunden sind, schwierig.

Um die Inflationsdynamik in Österreich einzudämmen, sei laut Tamandl die Politik gefordert, die Unternehmen und privaten Haushalte durch weitere gezielte Erleichterungen, insbesondere bei den Energiesteuern und -abgaben, zu entlasten.

[Anm.d.Red.: Der Bericht wurde dahingehend korrigiert, dass Christoph Tamandl Geschäftsführer des Fachverbands des Lebensmittelhandels in der Wirtschaftskammer Österreich ist.]



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