Schufa-Daten jetzt kostenlos einsehbar: Mehr Transparenz oder Datenfalle?

Die Berechnungen der Schufa zur Kreditwürdigkeit von Verbrauchern sind ein mächtiges Instrument. Nun will die Auskunftei für mehr Transparenz sorgen. Trotzdem gibt es Kritik.
Mit einer neuen App sollen Verbraucher  Daten zu ihrer Kreditwürdigkeit bei der Schufa einsehen können.
Mit einer neuen App sollen Verbraucher Daten zu ihrer Kreditwürdigkeit bei der Schufa einsehen können.Foto: Peter Kneffel/dpa
Epoch Times18. Juli 2023

Verbraucher können auf Wunsch die von der Schufa gespeicherten Daten zu ihrer Kreditwürdigkeit ab sofort kostenlos jederzeit online einsehen. Notwendig ist dafür die Registrierung bei der App der Tochter Bonify, in die der von der Kreditauskunftei berechnete sogenannte Basisscore, ein Wert, der die Kreditwürdigkeit ausdrückt, integriert wird.

Die Schufa verfolge das Ziel, „die Transparenz zu erhöhen und den Menschen künftig mehr Kontrolle über ihre Daten zu geben“, sagte die Vorstandsvorsitzende der Schufa Holding AG, Tanja Birkholz, am Dienstag in Wiesbaden. Dabei möchte es die Schufa nicht beim Basisscore belassen: „Noch im Laufe des Jahres sollen die bei der Schufa gespeicherten Daten, die zur Ermittlung der Bonität wichtig sind, über die Bonify-App verfügbar sein.“ Ab 2024 soll es auch Push-Benachrichtigungen zu Negativeinträgen bei der Schufa geben.

Kann die Schufa mit der App noch mehr Daten sammeln?

Birkholz betonte, die Bonify-App sei nur ein Angebot. Eine Schufa-eigene App zum kostenlosen Dateneinblick soll 2024 an den Start gehen. Registrieren kann man sich bei Bonify mit dem Personalausweis oder über das eigene Bankkonto. Beim gegenwärtigen Verfahren gewähren Nutzer Bonify mit ihrer Identifizierung 90 Tage Einblick in ihr Konto.

Kritiker befürchten, dass die Schufa auf diesem Wege noch mehr Daten sammeln könnte: „Die Schufa könnte Menschen künftig dank zusätzlicher Kontoinformationen noch intensiver durchleuchten und würde damit mächtiger“, warnte die Bürgerbewegung Finanzwende bereits im Vorfeld. Michael Möller, Referent für Verbraucherschutz bei Finanzwende, bekräftigte am Dienstag: „Aus unserer Sicht ist Bonify ein trojanisches Pferd: Die Schufa versucht, Verbraucherinnen und Verbrauchern mit eventuell sinnvollen Funktionen die App unterzujubeln – um ihnen dann Angebote zur Verbesserung ihres Scores zu machen, etwa durch einen Kontoeinblick.“

Die Schufa versicherte: „Auch bei der Identifikation über das Konto und Einwilligung zum Kontoeinblick durch Bonify gilt: Die Schufa hat keine Zugriffsmöglichkeiten, die Nutzerinnen und Nutzer befinden sich in einem geschützten Raum.“ Schufa-Chefin Birkholz betonte: „Es gilt das ganz klare Versprechen an alle Verbraucher, dass keine Daten ohne explizite Einwilligung weitergegeben werden“.

Fragwürdige Kreditangebote bei Bonify

Die Ende 2022 gekaufte Finanzplattform Bonify bleibe ein eigenes Unternehmen, die Datenräume seien getrennt. 2015 gegründet, hat Bonify seit 2019 eine Zulassung der Finanzaufsicht Bafin als Kontoinformationsdienst. Aktuell hat die Plattform, auf der auch Kredite und andere Finanzprodukte vertrieben werden, den Angaben zufolge 1,1 Millionen registrierte Nutzer.

Für kritische Fragen sorgt auch, dass ausgerechnet die Schufa-Tochter Bonify in ihrem Internetangebot mit „Schufa-freien Krediten“ wirbt. „Spring zu deinem Kredit“ heißt es etwa zu einem „Känguru-Kredit“: „auch bei negativen Schufa-Einträgen“, „auch wenn noch alte Kredite laufen“, „auch wenn andere schon Nein gesagt haben“. Der Preis dafür ist hoch: Bis zu 15,99 Prozent Zinsen im Jahr werden fällig. Zuvor hatten „tagesschau.de“ und „Süddeutsche“ darüber berichtet.

Birkholz sagte, der Schufa sei es wichtig, „dass wir die Menschen nicht in unseriöse Anbieter reinjagen“. Im Zuge der Anbahnung der Zusammenarbeit mit Bonify sei „ein Partner rausgenommen worden“, der auf der Plattform keine Angebote mehr machen dürfe. „Den Leuten eine zweite Chance zu geben und sie gleichzeitig vor Überschuldung zu schützen, das ist ein Spannungsfeld, das wir ausgestalten müssen, der Verantwortung sind wir uns bewusst“, sagte die Schufa-Chefin.

Ines Moers, Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung (BAG-SB), bemängelte, die Schufa nehme „lieber die fragwürdigen Kreditangebote und die berechtigte Kritik zum Kontoeinblick hin“, statt deutlicher darauf hinzuweisen, dass sie parallel an einer eigenen, kostenfreien Schufa-App arbeitet: „Die Schufa stellt die Informationen kostenfrei zur Verfügung. Aber wer das nicht weiß – oder keine Schuldnerberatung hat, die darauf hinweist – wird diese kostenfreien Angebote nur schwer finden.“

Ab 2024 Simulation einer Bonitätsbewertung möglich

Im kommenden Jahr sollen weitere Neuerungen hinzukommen, wie die Schufa ankündigte: „2024 wollen wir den Menschen die Möglichkeit geben, Bonify als persönliches Datencockpit zu nutzen und mit ihren Daten ihren persönlichen Score zu simulieren.“ Verbraucher sollen dann in der App zum Beispiel prüfen können, welchen Einfluss es hätte, wenn sie einen weiteren Ratenkredit in Anspruch nehmen würden oder wie sich ihre Bonitätsbewertung verbessern würde, wenn sie eine Kreditkarte kündigen würden.

Die Schufa-Bewertung ist für Verbraucher wichtig. Banken, Versandhändler, Mobilfunkunternehmen oder Energieversorger erkundigen sich bei privaten Auskunfteien wie der Schufa nach der Kreditwürdigkeit ihrer Kundschaft.

Berechnet wird der Score anhand von Finanzdaten, die die Schufa von ihren etwa 10.000 Vertragspartnern erhält. So erfährt die Auskunftei zum Beispiel von der Eröffnung eines Girokontos, der Ausstellung einer Kreditkarte oder dem Abschluss eines Kreditvertrages. Auf Basis dieser Daten gibt die Schufa eine Einschätzung ab, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Verbraucher Zahlungsverpflichtungen erfüllt. Nach eigenen Angaben verfügt die Schufa aktuell über Daten zu 68 Millionen Menschen in Deutschland. (dpa/red)



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