Strompreis steigt erneut: „Von 100 Euro Stromrechnung sind 53 Euro staatlich verursacht“

Verbraucher müssen im kommenden Jahr erneut mit höheren Strompreisen rechnen: Die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) steigt 2020 auf 6,756 Cent pro Kilowattstunde. Damit ist die EEG-Umlage 5,5 Prozent höher als in diesem Jahr.
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Die Netzentgelte, die rund ein Viertel des Strompreises ausmachen, werden laut Prognose im kommenden Jahr ebenfalls ansteigen.Foto: iStock
Epoch Times15. Oktober 2019

Verbraucher müssen im kommenden Jahr mit höheren Strompreisen rechnen: Die Ökostrom-Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) steigt um 5,5 Prozent auf knapp 6,8 Cent pro Kilowattstunde, wie die Übertragungsnetzbetreiber mitteilten. Für einen vierköpfigen Privathaushalt sind das etwa 18 Euro mehr im Jahr. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) äußerte sich unzufrieden und betonte, die Regierung habe eine schrittweise Absenkung der Umlage ab 2021 beschlossen.

Die seit dem Jahr 2000 erhobene EEG-Umlage finanziert den Ausbau der erneuerbaren Energien. Grundlage für die Berechnung der Umlage ist die Prognose der 2020 zu erwartenden Einspeisung aus Solar-, Windkraft- oder Biogasanlagen sowie des zu erwartenden Stromverbrauchs.

Die vier Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz, Amprion, Tennet und TransnetBW erwarten, dass 2020 mit insgesamt rund 226 Terawattstunden Strom aus Erneuerbaren erzeugt wird, etwa 8,6 Terawattstunden mehr als in diesem Jahr. Die Fördersumme dafür entspricht demnach 26,2 Milliarden Euro. Das meiste Geld davon geht demnach in die Förderung der Fotovoltaik, darauf folgen die Biomasse, die Windenergie an Land und die auf See.

Stromintensive Unternehmen sind weitgehend von EEG-Umlage befreit

Private Haushalte zahlen laut Altmaier gut ein Drittel der gesamten EEG-Umlage. Die Hälfte zahlen demnach Unternehmen – wobei stromintensive Firmen aus Wettbewerbsgründen weitgehend befreit werden können. 2018 waren es knapp 2000, etwa Bahnfirmen, Papierfabriken und Eisengießereien. Den Rest der EEG-Umlage zahlen laut Minister zum größten Teil öffentliche Einrichtungen.

Die EEG-Umlage macht ungefähr ein Viertel des Strompreises aus und finanziert die festen Vergütungen, die Ökostrom-Produzenten für die Einspeisung ihres Stroms bislang unabhängig vom Marktpreis bekommen. Weitere Bestandteile des Strompreises für Privatkunden sind Steuern, andere Abgaben und Umlagen sowie Produktionskosten und die Netzentgelte.

Das Vergleichsportal Verivox geht insgesamt von steigenden Strompreisen aus. Neben dem Anstieg der EEG-Umlage zeichneten sich auch bei den übrigen Strompreisbestandteilen Erhöhungen ab, sagte Energieexperte Valerian Vogel der Deutschen Presse-Agentur.

Die Netzentgelte, die rund ein Viertel des Strompreises ausmachen, werden laut Prognose im kommenden Jahr ebenfalls ansteigen. Auch die Großhandelspreise der Versorger lägen über dem Vorjahresniveau.

Verbraucher in Deutschland müssen sich daher zum kommenden Jahr erneut auf Strompreiserhöhungen einstellen“, so Vogel.

„Von 100 Euro Stromrechnung sind 53 Euro staatlich verursacht“

„Über eine steigende EEG-Umlage kann sich ein Wirtschaftsminister nicht freuen“, erklärte Altmaier am Dienstag. Er betonte, die Umlage sei zuletzt zwei Mal in Folge gesunken – insgesamt habe sie also „stabilisiert“ werden können: Sie liege seit 2014 zwischen 6,2 und 6,9 Cent. Gleichzeitig sei die Stromerzeugung aus Erneuerbaren um 50 Prozent gestiegen.

„Die neue Anlagegeneration braucht immer weniger Förderung“, erklärte Altmaier. 2014 etwa habe eine große Fotovoltaikanlage eine Vergütung von fast 9,5 Cent pro Kilowattstunde erhalten – heute habe sich dieser Wert auf 5,5 Cent fast halbiert. „Das zeigt, dass die Reformen für einen kosteneffizienten Ausbau der erneuerbaren Energien erfolgreich waren.“ Seit zwei Jahren wird statt einer fixen Vergütung die Förderhöhe über Ausschreibungen ermittelt: Das niedrigste Gebot für eine bestimmte Ausbaumenge erhält den Zuschlag.

Dies werde sich in Zukunft dämpfend auf die EEG-Umlage auswirken, erwartet der Bundesverband der Energieunternehmen (BDEW). Er kritisierte, dass die Steuer- und Abgabenlast auf Strom mit 53 Prozent zu hoch sei. „Von 100 Euro Stromrechnung sind 53 Euro staatlich verursacht“, erklärte Hauptgeschäftsführer Stefan Kapferer. Er forderte: „Runter mit der Steuerlast!“ Das verlangte auch der Bundesverband Neue Energiewirtschaft.

Der Vizevorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Theurer, forderte die Abschaffung der EEG-Umlage und eine „drastische“ Senkung der Stromsteuer. Für den Klimaschutz bringe die teure EEG-Umlage „rein gar nichts“, sagte er AFP.

Verursacher zur Kasse bitten, nicht die Verbraucher

Die Vizevorsitzende der Linken-Fraktion, Gesine Lötzsch, kritisierte die „überproportionale Belastung einkommensschwacher Haushalte durch steigende Strompreise“. Große Energiekonzerne seien dagegen weiterhin von der Erneuerbare-Energien-Umlage ausgenommen. „Wir müssen endlich die Verursacher zur Kasse bitten statt die Verbraucher.“

Die energiepolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Julia Verlinden, erklärte, die Regierungskoalition müsse „endlich“ die Abgaben und Umlagen im Stromsektor neu ordnen. Mit einem schnell wirksamen CO2-Preis und der Absenkung der Stromsteuer könne sie Verbraucher und Umwelt gleichermaßen entlasten. „Wir brauchen mehr Kostenwahrheit und mehr Klimagerechtigkeit beim Strompreis.“

FDP-Fraktionsvize Christian Dürr kritisierte:

„Kein anderes Land gibt so viel Geld für Klimamaßnahmen aus und erreicht dabei so wenig. Seit 19 Jahren erkauft das EEG Klimaschutz zu einem viel zu hohen Preis. Zahlen müssen ihn vor allem die Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen.“

Dies sei weder gerecht noch wirtschaftlich. Die FDP fordere daher die Abschaffung des EEG und der EEG-Umlage.

Die Hauptgeschäftsführerin des Kommunalverbandes VKU, Katherina Reiche, sagte, die im Klimaschutzprogramm vereinbarte Reduzierung der EEG-Umlage sei ein Tropfen auf den heißen Stein, der sofort verdampfe.

Um die Stromkunden wirklich zu entlasten, sei dringend eine Überprüfung der Abgaben, Umlagen und Steuern im Energiebereiche notwendig. (dpa)



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