Wer sind die Schuldigen?
Wenn Naturkatastrophen oder von Menschen verursachte Katastrophen auftreten, wird mit Sicherheit viel geklagt und geschimpft. Durch die großen weltweiten Finanzerschütterungen haben die Zentralbanken der USA und Europas schwere Verluste erlitten. Es scheint so, dass das Geld der Steuerzahler dafür eingesetzt wird, um die Katastrophe zu überstehen. Aber da niemand weiß, wer die Krise verursacht hat, kann man auch niemandem Vorwürfe machen. Aber der Kapitalmarkt wird von Menschen gesteuert – jemand muss also verantwortlich sein.
Wirtschaftsprofessor Peter Morici von der Universität Maryland in den USA ist ein ehemaliger Berater der US-Regierung und des US-Kongresses. Morici zufolge sollen die “klugen Ingenieure“ in Finanzkreisen die Anstifter der Finanzkrise sein. Sie haben die Blankogeschäfte erfunden, wobei die Unternehmen zuerst aufgelöst, dann umgebaut und komplett eingekauft werden. Mit diesen Geschäften kassieren sie unter dem Vorwand, Kapital für die Unternehmen zu sammeln, riesige Provisionen.
Die Steuerzahler bezahlen die Rechnung
Laut Morici beteiligen sich die Betreiber der Investmentbanken nicht direkt an der Leistungsproduktion der Industrie und des Dienstleistungssektors, sie bearbeiten nur den Kapitalfluss dieser Unternehmen. In diesem Geldtransfer schieben sie das ganze Risiko zu „den anderen Banken“ oder zu „ihren Kunden“. „Investitionen zwischen den Banken untereinander bringen allen Seiten keine Risiken, sondern nur Gewinn. Das Geld von allen Seiten ist sicher. Wie schön!“, beschrieb Morici die Vorgehensweise.
Die Betreiber der Investmentbanken sahen die Subprime-Hypotheken als lukratives Geschäft an. Sie erzielten dadurch ihren Gewinn, dass die Anleger aufgrund der komplizierten gegenseitigen Kreditgeschäfte zwischen den Banken die Verantwortlichkeit für die Finanzprodukte nicht erkennen konnten. Bei den Kreditgeschäften zwischen den Banken kauft eine Bank von der anderen Bank ihre Kreditderivate, und die andere Bank kauft dagegen ihre „Strukturierten Schulden“. Diese Finanzprodukte werden dann auf den Markt gebracht. Eines Tages wacht man abrupt auf: „Hei, das, womit wir untereinander handeln, ist keinen Cent wert.“
Die ersten Unternehmen gehen Pleite. Kein Problem, das Federal Reserve Board und die Zentralbanken aller Länder werden gemeinsam öffentliches Geld fluten, um „den Markt zu stabilisieren“. Morici fasst dieses Szenario mit wenigen Worten zusammen: „Die Finanzingenieure haben die Papier-Finanzprodukte, die keinen Cent wert sind, in das wahre Geld umgewandelt, und die Steuerzahler bezahlen dann die Rechnung.“
Gier der Betreiber der Investmentbanken
Während Morici die „klugen Finanzingenieure“, die die Kreditderivate erfunden haben, für die Initiatoren der Finanzkrise hält, macht der Wirtschaftsprofessor Rover Reich der University of California in Berkeley die Gier der Betreiber der Investmentbanken für die Finanzkrise verantwortlich. Obwohl sie genau wussten, dass die von ihnen empfohlenen Fonds, die Risiken vorbeugen können, überhaupt keinem Risiko vorbeugen, verkauften sie die Risiken dennoch an die ahnungslosen Investoren.
Nach der Beschreibung Reichs glauben die Investmentbanker, wenn sie einige Investoren dazu überreden können, die wertlosen Finanzprodukte zu kaufen, dass diese etwas wertvoller werden. Und dann kaufen noch mehr Investoren dieses Produkt. Wenn sehr viele Investoren in den Köder gebissen haben, wird das Risiko unter ihnen verteilt und weitergegeben, und dann wäre alles OK!
Vertrauensverlust
Reich hält dieses Phänomen für vergleichbar mit dem Vorabend der großen Wirtschaftskrise Ende 1920, als die Bankiers alles einsetzten, um Wertpapiere zu verkaufen, wobei der letzte Käufer den schwersten Verlust erlitt. „Damals war der Konzentrationsgrad des Vermögens und die Höhe der Schulden genau so wie heute, auch die Gier der Menschen war genau so wie heute“, sagt Reich. Die Seifenblase ist schließlich am 24. Oktober 1929, dem „Schwarzen Freitag“, geplatzt. Laut Reich war der dadurch verursachte Vertrauensverlust unter den Menschen viel ernsthafter als der Verlust des privaten Geldes.
Adam Smith, der Vater der liberalen Wirtschaftslehre, sagte, dass Vertrauen die Basis für das ordentliche Funktionieren des Kapitalismus ist. Passend zum Ausspruch des amerikanischen Präsidenten Roosevelt „Wir haben nichts anderes zu fürchten als die Furcht“, sieht Reich das gegenwärtige Problem darin, dass man vom Finanzsystem zu sehr enttäuscht ist. Man weiß nicht, wie viele Jahre es dauern wird, um das Vertrauen wieder herzustellen.
Sowohl Wein verkaufen als auch Wein testen
Wenn man Vorwürfe gegen das System machen will, ist der Gründer des amerikanischen Finanzsystems, der ehemaliger Vorsitzende der US-Notenbank Federal Reserve, Alan Greenspan, ein gutes Beispiel. William Fleckenstein, der Autor des Buchs „Greenspan’s Bubbles The Age of Recklessness at the Federal Reserve“ und der renommierte US-amerikanische Investmentbanker George Soros sind zwei bekannte Persönlichkeiten, die Vorwürfe gegen Greenspan erheben.
Fleckenstein hat Greenspan als jemanden bezeichnet, „der sowohl Wein verkauft als auch Wein testet“. Als Greenspan Vorsitzender der US-Federal Reserve war, trat er gegen die Maßnahmen der Zentralbank gegen die spekulativen Geschäfte ein. Er meinte, dass das Wirtschaftswachstum sich dadurch verlangsamte, und das konnte er nicht akzeptieren. Als die Spekulationen der Investmentbanken zu einem starken Verfall des Wertes der Unternehmen führte, sodass dieser unter den Buchwert fiel, senkte Greenspan sofort die Zinsen, um den Wert zu retten.
Fleckenstein meinte, dass Greenspan eine lange Zeit den Zinssatz auf eine absurd niedrige Höhe von 1% gedrückt hat, das war völlig gegen die fachliche Logik des Bankenwesens. Dadurch wurde er zum Verantwortlichen für die Seifenblase bei den Immobilien. Außerdem habe Greenspan die sogenannte Wertpapierpolitik unterstützt und den zukünftigen Bargeldverkehr als sofort verwendbares Geld benutzt. Wenn es in der großen Umgebung der Steigerung der Immobilienkäufe, die Greenspan verursacht hat, keine Makler gegeben hätte, die den Handel von Häusern förderten, hätte es die Blase nicht so schnell gegeben.
Norma Garcia, Direktorin der Consumer Federation of America, weist darauf hin, dass sich viele Immobilienmakler mehr für ihre Provision interessieren als für die Rückzahlungsfähigkeit ihrer Kunden. Solange ein Vertrag abgeschlossen wird und sie ihre Provision kassieren, ist es den Maklern egal wie es um die Kreditwürdigkeit des Käufers steht. In den nächsten fünf Jahren dürften 6,5 Millionen Familien in den USA ihre Bau- und Wohnungskredite nicht mehr zurückzahlen können, sodass ihre Häuser vom Gericht zwangsversteigert werden müssen. Damit dürfte wohl nicht nur der Traum vom Eigenheim für die Amerikaner ausgeträumt sein.
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