Wie der Westen Chinas Boom finanziert
Westliche Firmen werden in China immer stärker dazu gezwungen, ihre Technologie kostenlos weiterzugeben und chinesische Partner zu akzeptieren. So subventionieren sie direkt und indirekt Chinas Boom.
Am 7. Juli veröffentlichte die Weltbank den Bericht „Länderübergreifende Investitionen“ für das Jahr 2010. China gilt darin als eines der Länder mit den größten Beschränkungen für ausländische Investoren. Mitte Juli kritisierte eine Anzahl internationaler Unternehmer öffentlich bei einem Treffen mit dem Premierminister Wen Jiabao Chinas Geschäftsklima. Allen voran Siemens-Chef Peter Löscher und BASF-Vorstand Jürgen Hambrecht.
Die Hauptsorge der ausländischen Unternehmen betrifft drei Punkte:
Erstens: Ihr geistiges Eigentum ist nicht geschützt. Neue Vorschriften zwingen ausländische Geschäftspartner, Handelsgeheimnisse und neue Technologien an ihre chinesischen Partner weiterzugeben. Dafür bekommen sie dann einen Anteil am chinesischen Markt.
Zweitens: Ausländische Investmentfirmen werden im Gegensatz zu ihren chinesischen Ansprechpartnern in der Angebotsfrage ungleich behandelt.
Drittens: China hat viele Vorschriften bei Fusionen und Übernahmen. Ausländische Unternehmen müssen eine Partnerschaft mit chinesischen Unternehmen eingehen und die Aufteilung muss 50 zu 50 betragen.
Volle Kraft dagegen
Auf Geheiß Wen Jiabaos haben chinesische Beamte diese Barrieren bestritten. Liu Yajun, Direktor des Ministeriums für ausländische Investitionen des chinesischen Handelsministeriums, wies die Feststellungen der Weltbank auf einer Pressekonferenz zurück.
Der Handelsminister Chen Deming sagte der „Financial Times“, dass China wiederholt die Zugangsbeschränkungen für ausländische Unternehmen gelockert habe, seit China der Welthandelsorganisation beigetreten sei. Außerdem hätten viele internationale Gesellschaften, die von der globalen Finanzkrise betroffen gewesen seien, neue Einkommensquellen in China gefunden.
Obwohl Pekings Position klar ist und ausländische Gesellschaften damit gedroht haben, das Land zu verlassen, sind nur sehr wenige tatsächlich gegangen.
Warum?
Der Hauptgrund dafür liegt darin, dass ausländische Gesellschaften riesige Mengen an Geld ausgegeben haben, um Firmen in China zu entwickeln. Für sie beginnt erst jetzt die Zeit der „Ernte“.
Die Branchengrößen Google, Goldman Sachs und General Electric (GE) gehören zu diesen Unternehmen. Google verließ nach einer heftigen Auseinandersetzung mit dem chinesischen Regime den chinesischen Markt – kehrte aber letztendlich zurück. Zu groß war die Angst, zu verlieren, was man sich aufgebaut hatte. Oder noch aufbauen will.
Goldman Sachs gehört seit vielen Jahren zu den Lieblingen der Kommunistischen Partei Chinas. Im Angesicht des Vorwurfs chinesischer Medien, die Bank würde „Gold und Silber aus dem chinesischen Markt saugen“, blieb Goldman Sachs ungerührt. Und obwohl GE-Chef Jeffrey Immelt Chinas Politik bei ausländischen Gesellschaften kritisierte, gab es kein Anzeichen bei dem Mischkonzern, sich aus China zurückzuziehen. Zurzeit beschäftigt die Gesellschaft ungefähr 13.000 Arbeiter im Reich der Mitte. Zu ihnen gehören mehr als 2.000 Ingenieure, die in der Umweltforschung und auf dem Forschungsgebiet der Medizin arbeiten. Der größte Teil ihrer Forschungen ist auf den chinesischen Markt abgestimmt.
Die Einkünfte der Gesellschaft in China lagen im vergangenen Jahr bei mehr als sechs Milliarden US-Dollar. Um sich als „freundlicher Ausländer“ zu erweisen, sponserte GE mit 70 Millionen US-Dollar die Olympischen Spiele in Peking. GE ist auch einer der größten Sponsoren des US-Pavillons auf der Weltausstellung in Shanghai. Falls GE sich jetzt vom chinesischen Markt zurückzöge, wären alle seine vorherigen Investitionen vergeblich gewesen.
Verkaufte Hoffnungen
Fragen des geistigen Eigentums beschäftigen ausländische Unternehmen in China nicht erst seit dem Spiegel-Cover „Die gelben Spione“. Marktanteile gegen Technologie, das ist seit langem Chinas Devise. Durch Joint Ventures sollen chinesische Firmen etwas über die höherentwickelte ausländische Technologie erfahren. Salopp formuliert nehmen westliche Unternehmen Industriespionage in Kauf in der Hoffnung, in Chinas Markt zu reüssieren. Eine trügerische Hoffnung für viele, vor allem kleinere und mittlere Unternehmen. Denn sie besitzen im Falle eines Falles nicht die nötigen „tiefen Taschen“, ein langwieriges Gerichtsverfahren in China durchzustehen.
In der internationalen Gemeinschaft gilt Konsens darüber, dass geistiges Eigentum das Produkt großer Investitionen in Entwicklung und Forschung ist. Ein daraus folgendes Monopol auf Technologie sollte gesetzlich geschützt werden. Eine solche Politik ermutigt zu Innovationen und schützt neue Entwicklungen. Ein Mangel beim Schutz des geistigen Eigentums führt unweigerlich zu unfairem Wettbewerb.
Das heutige China betrachtet den Schutz geistigen Eigentums von ausländischen Gesellschaften jedoch als eine Art von bösartigem Monopol des Westens. Um den Aufschwung im eigenen Land möglichst rasch voranzutreiben, hat der chinesische Staat seine Handelsbestimmungen systematisch geändert. Er zwingt jetzt ausländische Unternehmen dazu, ihre Geschäftsgeheimnisse und technologischen Geheimnisse offenzulegen. Im Gegenzug dazu erhalten die ausländischen Unternehmen Zutritt zum chinesischen Markt. Wer mit seinem Unternehmen einen Fuß auf chinesischen Boden setzen möchte, darf schon einmal die Baupläne für Maschinen vorab „einreichen“, um die Erlaubnis für den Markteintritt oder den Verbleib in selbigem zu erhalten.
Damit legalisieren Chinas kommunistische Behörden, was in der Vergangenheit als Verstoß gegen das Recht auf geistiges Eigentum galt. Ausländische Unternehmen haben zwei Optionen: Entweder beugen sie sich dem Druck – oder sie verlassen China.
Die letzte Waffe
Die letzte Waffe, die den ausländischen Unternehmen noch bleibt: Keinen weiteren Einfluss auf ihre eigene Regierung auszuüben, um China in einem besseren Licht erscheinen zu lassen. Das würde zu einer Verschlechterung der Beziehungen Chinas sowohl mit den USA wie auch mit der EU zur Folge haben.
Ausländische Unternehmen gelten als wichtiges Bindeglied zwischen dem chinesischen Regime und der internationalen Gemeinschaft. Viele internationale Unternehmen haben Riesensummen ausgegeben, um Einfluss auf das Weiße Haus und den Kongress zu nehmen, um ihre Investitionen in China zu ermöglichen und zu schützen.
Amerikanische Unternehmen haben ihren Einfluss beim Kongress geltend gemacht, sodass der traurige Rekord bei der Verletzung von Menschenrechten und die Politik einer Diktatur ignoriert wurden. Es galt und gilt die unhaltbare Behauptung, dass wirtschaftliche Entwicklung politische Reformen in China auslösen und das Internet Pressefreiheit bringen würde.
Der Einfluss großer westlicher Global Player auf die jeweiligen Regierungen hat das chinesische Regime außerordentlich begünstigt. Am 20. Juli 2010 erschien ein Artikel in der Ausgabe des US-Expertenmagazins „Foreign Policy“ mit dem Titel: „Der Tod der China-Lobby?“ In diesem Artikel wurde die Ansicht vertreten, dass in Washington der Protektionismus beim Handel rapide steigen würde, falls milliardenschwere Unternehmen wie Google, General Electric und Goldman Sachs ihren Einfluss für China nicht mehr geltend machten.
Peking sieht dieser Entwicklung bisher gelassen zu. Die Parteikader sind gerissen, wenn es um den Umgang mit ausländischen Unternehmen geht. Sie kennen die Kunst des „Teilens und Herrschens“ und locken weiter mit dem ach so großen chinesischen Markt. Diese Organisationen werden weder eine Einheit als Gruppe bilden, um mit Peking zu verhandeln noch werden sie sich zurückziehen. Solange sie auf dem chinesischen Markt sind, werden sie aber ihren Einfluss für China in kritischen Zeiten geltend machen.
In China, wo Macht alles bedeutet, muss jedes Unternehmen seinen „Kotau“ vor der Macht machen. Chinesische heimische Unternehmen sind „zerbrechliche Eier vor den Felsbrocken des chinesischen Staates“. Die Hauptkräfte der pandafreundlichen internationalen Unternehmen sind nur wenig stärker als jene Eier und das Ergebnis wird schmerzlich sein, wenn die Dinge nicht so gut für sie laufen. Den Weg dafür haben sie jedoch selbst mit ihrer Glorifizierung des chinesischen Drachens gebahnt.
He Qinglian, geboren 1956 in China, ist eine renommierte Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlerin und arbeitet zurzeit in New York. In ihrem Buch „ China in der Modernisierungsfalle “ (1. Auflage, 2006, Hamburger Edition, ISBN-10 3936096686) räumt die Ökonomin grundlegend mit dem Mythos „vom Wandel durch Handel“ auf.
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