Windkraftausbau vor Herausforderungen: EU-Kommission will helfen

Die EU hat ambitionierte Ziele für die Windenergie. Die Kommission will mit verschiedenen Maßnahmen anschieben. Aber kann sie etwas ausrichten, wenn die Probleme eigentlich in den Ländern liegen?
EU-Ziele zum Ausbau erneuerbarer Energien: Bis 2030 müssen deutlich mehr Windräder her.
Die EU will die sogenannten erneuerbaren Energien bis 2030 deutlich ausbauen.Foto: Jan Woitas/dpa
Epoch Times24. Oktober 2023

Lange Genehmigungsverfahren, steigende Rohstoffkosten, billigere Turbinen aus dem Ausland und Inflation: Vieles macht der Windenergieindustrie in Europa derzeit zu schaffen.

Um die EU-Ziele zum Ausbau der sogenannten erneuerbaren Energien bis 2030 zu erreichen, müssen bis zum Ende des Jahrzehnts deutlich mehr Windräder stehen. Dafür legt die EU-Kommission an diesem Dienstag ein sogenanntes Windkraftpaket vor. Mit verschiedenen Maßnahmen auf unterschiedlichen Ebenen und Politikbereichen will die Kommission der Windkraft neuen Schwung verleihen.

Wie steht es mit der Windkraft in der EU?

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nennt die Windindustrie der Staatengemeinschaft „eine europäische Erfolgsgeschichte“, die derzeit aber vor „einer einzigartigen Mischung von Herausforderungen“ stehe.

Auch wenn der Ausbau der Windkraft in diesem Jahr in den EU-Ländern im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 5 Prozent anstieg, spricht der Windindustrieverband WindEurope von einer „massiven Krise“ im Windenergiebereich. Bis 2030 sollen „Erneuerbare“ 42,5 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs in der EU ausmachen. Nach Angaben von WindEurope sind dafür bei der Windkraft 420 Gigawatt installierte Leistung notwendig, sagte Sprecher Christoph Zipf. Derzeit seien etwas mehr als 200 Gigawatt installiert.

Wo hapert es?

WindEurope zufolge machen den Herstellern von Turbinen etwa hohe Rohstoffpreise und die Inflation zu schaffen, sagte Sprecher Zipf. Sorge bereite außerdem, dass immer mehr Produzenten aus dem Ausland, vor allem aus China, auf den europäischen Markt drängten.

Auch die langwierige Genehmigung von Windrädern und Windparks hemme den Ausbau, sagte Linda Kalcher von der Brüsseler Denkfabrik Strategic Perspectives. Von der Beantragung bis zum Bau von Windrädern dauert es europaweit mehrere Jahre. „Durch lange Genehmigungsprozesse kommt es nachher auch mit den kalkulierten Kosten nicht mehr hin“, sagte sie.

Was will die Kommission nun machen?

Die Brüsseler Behörde will an verschiedenen Punkten ansetzen. Um die Genehmigungsprozesse zu beschleunigen, plant sie etwa ein Online-Tool, das die Mitgliedsstaaten bei Genehmigungsverfahren unterstützt. Das geht aus einem Entwurf für den Aktionsplan hervor, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Dem Entwurf zufolge soll das Tool etwa Antworten auf häufig gestellte praktische Fragen der Länder geben, die im Zusammenhang mit der Umsetzung der überarbeiteten Genehmigungsvorschriften bestehen. Generell sollen die Verfahren dem Entwurf zufolge deutlich stärker digitalisiert werden.

Auch die Auktionsverfahren sollen verändert werden. Hier sieht Zipf vom Industrieverband den größten Hebel. Bislang darf in der Regel derjenige Projektentwickler einen Windpark bauen, der bei einer Auktion den niedrigsten Preis bietet. Dem Entwurf der Kommission zufolge sollen künftig auch andere Faktoren berücksichtigt werden – etwa Nachhaltigkeit, der Schutz von Umwelt und Meeresboden und Lieferfähigkeit. Andere Kriterien wie beispielsweise Cybersicherheit will die Kommission verpflichtend machen.

Der Grünen-Europaabgeordnete Michael Bloss sagte mit Blick auf die Pläne der Kommission, Europa müsse nun den Booster einschalten. „Europa darf nicht länger zurückbleiben, während die USA und China den Windenergie-Sektor dominieren.“ Es brauche Vorfahrt für die Windkraft – etwa einfachere Genehmigungen, weniger Bürokratie, europäische Produktion und Ausbau der Offshore-Infrastruktur. Allein auf den Markt zu setzen sei naiv angesichts der mächtigen Wettbewerber.

Wie viel bringt ein Aktionsplan der EU-Kommission?

Das Paket der Kommission ist kein neues Gesetz, daher gibt es auch keine neuen Verpflichtungen für die Länder. Kalcher hält es dennoch für einen richtigen und wichtigen Schritt – die Kommission trete den nationalen Regierungen damit auch zu den schnelleren Genehmigungsverfahren auf die Füße und lasse nicht locker.

Sarah Brown, Energieexpertin vom Thinktank Ember, sieht das ähnlich. Das Problem liege zwar auf Ebene der Mitgliedsstaaten, es sei aber sehr wichtig, dass die Europäische Kommission die Richtung vorgebe und übergreifend einen Plan und ein Ziel habe. Diese Art von Strategien könnten eine „wirklich wertvolle Überbrückung sein, während die Dinge verabschiedet werden“.

Wie läuft der Ausbau der Windkraft in Deutschland?

In Deutschland hat der Ausbau Fahrt aufgenommen. In den ersten neun Monaten dieses Jahres ging mehr als 50 Prozent mehr Leistung durch neue Anlagen in Betrieb als im Vorjahreszeitraum. Bereits Ende September wurde der Wert des Jahreszubaus von 2022 übertroffen, wie aus vorläufigen Zahlen der Fachagentur Windenergie an Land hervorging. Deutlich erhöhte sich auch die Zahl der neu genehmigten Windräder.

Die Bundesregierung hatte vor allem im vergangenen Jahr umfangreiche Maßnahmen beschlossen, um den Ausbau der „erneuerbaren“ Energien aus Wind und Sonne zu beschleunigen. Dies spielt eine Schlüsselrolle für das Erreichen von Klimaschutzzielen und die Entkopplung von fossilen Energien wie Kohle und Gas. Das Ziel: 80 Prozent des verbrauchten Stroms soll 2030 aus „erneuerbaren“ Quellen kommen, derzeit ist es etwas mehr als die Hälfte.

Welche Probleme gibt es in Deutschland?

Die Energiebranche beklagt seit langem ein Nord-Süd-Gefälle beim Ausbau der Windkraft. Während er im Norden deutlich vorankommt, hinken vor allem die großen süddeutschen Flächenländer Bayern und Baden-Württemberg hinterher.

Beschleunigt werden soll nach einem jahrelangen Schneckentempo auch der Bau neuer Stromautobahnen, um den vor allem im Norden erzeugten Windstrom in den Süden zu transportieren. „Staus“ in den Stromnetzen verursachen teure Maßnahmen, damit es nicht zu einer Überlastung der Netze kommt. Außerdem klagt der Bundesverband Windenergie über immer noch lange Planungs- und Genehmigungsverfahren. Nach einem Bund-Länder-Bericht dauern Genehmigungsverfahren im Durchschnitt fast zwei Jahre. (dpa/red)



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