Wirtschaft fühlt sich massiv ausgebremst: Kritik an Habecks Plänen für Öl- und Gasheizungsverbot

20 Wirtschaftsverbände haben sich in einem offenen Brief über die Zusammenarbeit mit der Regierung beschwert. Sie fühlen sich zu wenig und zu spät in Gesetzvorhaben eingebunden.
Titelbild
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) muss sich warm anziehen. 20 Wirtschaftsverbände sind mit der Zusammenarbeit mit der Regierung unzufrieden.Foto: über dts Nachrichtenagentur
Von 30. März 2023


In einem Brief, der der „Bild“ und der „Pioneer“-Redaktion vorliegt, haben sich 20 Wirtschaftsverbände über die Zusammenarbeit mit der Regierung beschwert. Ihrer Ansicht nach werde die Wirtschaft zu wenig und zu spät in Vorhaben eingebunden. Diese Vorgehensweise sei nicht nur undemokratisch, sondern auch verfassungsrechtlich bedenklich, beanstanden unter anderem das Deutsche Baugewerbe und der Außenhandelsverband BGA in dem Brief. Wir kritisieren das „aufs Schärfste, weil sich die Bundesregierung damit von demokratischen Prozessen entfernt“, heißt es im Brief weiter. Die Meinung der Bürger und Firmen – also der sogenannten Zivilgesellschaft – werde „nicht hinreichend berücksichtigt“.

Forderung nach längeren Prüfungsfristen

In dem offenen Brief an die Regierung fordern die Wirtschaftsvertreter eine längere Frist für die Prüfung von Gesetzentwürfen. Die Verbände, darunter der Markenverband, das Bäckerhandwerk und der Handelsverband HDE, beschweren sich darüber, dass Experten aus den Verbänden immer weniger Zeit haben, um Gesetzentwürfe zu bewerten. Teilweise bleibe ihnen nicht mehr als 24 Stunden, heißt es in dem Brief.

Die Verbände verlangen nun eine vierwöchige Frist, um Gesetzentwürfe prüfen zu können. Außerdem fordern sie, den Erfolg von Gesetzen stärker zu überprüfen und neue Gesetze einfacher zu formulieren. Ein spezielles Gremium, ein sogenannter Normenkontrollrat, soll künftig zudem die Qualität von Gesetzen bewerten.

Interessengruppen und Verbände werden bei Gesetzentwürfen im Normalfall vorab konsultiert. Die Pflicht dazu ergibt sich aus der „Gemeinsamen Geschäftsordnung der Ministerien (GGO)“. Nach Ansicht des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages muss ein Gesetzentwurf den „Zentral- und Gesamtverbänden sowie Fachkreisen, die auf Bundesebene bestehen“, zugeleitet werden, noch bevor er von der Bundesregierung behandelt wird.

In welchem Umfang und wann die Bundesministerien die Verbände einbeziehen, liegen bisher im Ermessen der einzelnen Ministerien. In der gemeinsamen Geschäftsordnung heißt es dazu: „Zeitpunkt, Umfang und Auswahl bleiben, soweit keine Sondervorschriften bestehen, dem Ermessen des federführenden Bundesministeriums überlassen“.

Praxis von kurzen Prüfungsfristen nicht neu

Die Praxis, den Verbänden äußerst kurze Fristen für eine Prüfung und Stellungnahme zu gewähren, ist keine Marotte der Ampelregierung. Schon unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war es immer wieder zu knappen Fristsetzungen gekommen.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) beschwerte sich beispielsweise im Jahr 2019 über das „undemokratische Vorgehen“ des Bundesverkehrsministeriums, das damals von Andreas Scheuer (CSU) geleitet wurde. Als die DUH damals einen vielseitigen Entwurf innerhalb von einem Arbeitstag prüfen sollte, erklärte der Verband:

Die DUH kritisiert die mittlerweile zum Standard gewordene faktische Nicht-Beteiligung von Verbänden an Gesetzesvorhaben durch utopische Fristsetzungen auf das Schärfste. Aus Sicht des Umwelt- und Verbraucherschutzverbandes zeigt das Vorgehen, wie sehr sich die amtierende Bundesregierung von demokratischen Prozessen entfernt hat und nicht willens ist, die Meinung der Zivilgesellschaft hinreichend zu berücksichtigen.

Auch der damalige CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmeier hatte ebenfalls 2019 Ländern und Verbänden 24 Stunden Zeit gegeben, um einen 54-seitigen Referentenentwurf für ein „Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen“ zu prüfen.

Wirtschaft fühlt sich massiv ausgebremst

Die Forderungen der Wirtschaftsverbände kommen zu einem Zeitpunkt, an dem Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) Kritik von Bürgern und Teilen der Wirtschaft erntet. Laut Bild würden sich die deutsche Wirtschaft von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und seinen Ministerkollegen massiv ausgebremst fühlen.

Vor allem die Pläne von Habeck zum Verbot von neuen Öl- und Gasheizungen ab 2024 wurden in den letzten Wochen kontrovers diskutiert. Im Koalitionsvertrag war vereinbart, dass alle neu verbauten Heizungsanlagen ab 2025 ihre Heizwärme zu mindestens 65 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen erzeugen müssen. Dies sei Experten zufolge mit Öl- und Gasanlagen nicht machbar. Der Referentenentwurf sorgte für koalitionsinterne Kritik und wurde von einigen Wirtschaftsverbänden als nicht umsetzbar bezeichnet.

Inzwischen ist das Verbot in einem Verhandlungsmarathon der Koalition, der sich über drei Tage erstreckte, auf Druck der FDP gekippt worden. Stattdessen soll die Anschaffung von klimafreundlichen Heizungen, die auch mit Biomasse, Wasserstoff oder „grünen Gasen“ betrieben werden können, massiv gefördert werden.



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion