108 – Göttliche Mathematik im Sonnensystem

Eine markante Zahl hat einen besonders hohen Stellenwert auf astronomischer – aber auch auf körperlicher und geistiger Ebene: 108. Wo kommt sie vor? Welche tiefere Bedeutung wird ihr zugeschrieben? Es ist eine Reise durch den Kosmos, aber auch durch die Kulturen.
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Erde, Sonne und die Planeten unseres Sonnensystems. Dahinter verbirgt sich eine mystische Mathematik.Foto: iStock
Von 24. April 2023

Eine Zahl könnte unser Verständnis des Sonnensystems und des Universums grundlegend verändern – die 108. Diese Zahl, die oft mit Spiritualität und Mystik in Verbindung gebracht wird, spielt auch öfter eine bemerkenswerte Rolle bei der Entfernungsberechnung mancher Himmelskörper.

Betrachten wir zunächst die mittlere Entfernung zwischen unserer Erde und der Sonne, auch Astronomische Einheit genannt. Diese Distanz von rund 149,6 Millionen Kilometern bietet Platz für fast exakt 108 Sonnen. Unsere Sonne hat einen Durchmesser von 1.392.700 Kilometern und würde damit 107,417-Mal zwischen Sonne und Erde passen.

Das gleiche Verhältnis gilt für den mittleren Abstand zwischen Erde und Mond, der 384.400 Kilometer beträgt. Mit seinem Durchmesser von 3.475 Kilometern passt der Mond ebenfalls etwa 108 Mal in diesen Raum. Bei der exakten Rechnung kommt man auf ein Ergebnis von 110,619. Das liegt auch daran, dass sich der Mond langsam, aber ständig von der Erde entfernt.

Anders könnte man es ausdrücken, dass die Erde-Sonne-Entfernung dem 108-Fachen des Sonnendurchmessers und die Erde-Mond-Entfernung dem 108-Fachen des Monddurchmessers entspricht.

Die 108 kommt aber auch an anderen Stellen im Sonnensystem vor: In etwa so viele Erden passen aneinandergereiht in den Durchmesser der Sonne (exakt: 109,3 Erden). Und der Abstand der Venus zur Sonne beträgt 108,2 Millionen Kilometer. Die 108 taucht zudem bei der Geschwindigkeit auf, mit der die Erde durch das All fliegt. Diese beträgt laut „Meteoriten Panorama“ 29,8 Kilometer pro Sekunde oder knapp 108.000 Kilometer pro Stunde (107,28 km/h).

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Die 108 im Sonnensystem (Angaben in Meilen). Foto: Bildschirmfoto YouTube ‚Randall Carlson – Eclipse Mechanics Revealed, 108 & the Sun, Earth, Moon System.‘

Alle Planeten zwischen Erde und Mond

Eine weitere Besonderheit der mittleren Erde-Mond-Distanz ist, dass dort alle anderen Planeten unseres Sonnensystems – bis auf gut 300 Kilometer – passen. Ohne Pluto, den die Internationale Astronomische Union 2006 zum Zwergplaneten eingestuft hatte, ergibt das eine Summe von 384.088 Kilometern.

Diese Entdeckungen sind nicht nur erstaunlich, sondern auch eine bemerkenswerte Übereinstimmung, die kaum zufällig sein kann. Die vielen Übereinstimmungen könnten bedeuten, dass es eine tiefere Ordnung im Universum gibt, die wir bisher nicht verstanden haben. Es könnte auch bedeuten, dass es eine höhere Macht gibt, die diese Zahlen so angeordnet hat, wie wir sie heute sehen. Einige Wissenschaftler sind hingegen skeptisch und meinen, dass diese Ergebnisse eher ein Zufall als eine echte Entdeckung sind.

Die 108 in der traditionellen Astrologie

Dass die Entdeckung der 108 kein neues Phänomen ist, zeigt ein Blick in die traditionelle indische Astrologie. Dort gibt es eine Einteilung der Ekliptik in 27 lunare Sterngruppen – die sogenannte Nakshatra. Die einfache Übersetzung dafür lautet: „Stern, Mondhaus, Planetenkonstellation, die einem der Mondhäuser zugeordnet wird.“ Sie entsprechen ungefähr den Tagen des Mondmonats. Demnach geht der Mond jeden Tag in einem anderen Nakshatra auf.

Ein Nakshatra entspricht dabei einem halben Mondzyklus (Mondumrundung um die Erde). Alle 27 Nakshatras bilden demnach ein volles Jahr mit seinen 13,5 Mondzyklen ab. Jedes Nakshatra ist wiederum in vier Padas aufgeteilt, wobei ein Pada 1/8 Mondzyklus oder 3,5 Erdentagen entspricht. Ein Jahr hat somit 27 mal vier, also 108 Padas.

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Ein Nakshatra. Foto: Bildschirmfoto YouTube ‚The Intriguing Repetition of 108 In Our Lives | Sadhguru‘

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Ein Pada. Foto: Bildschirmfoto YouTube ‚The Intriguing Repetition of 108 In Our Lives | Sadhguru‘

Das System der Nakshatra wurde bereits im Yajurveda (etwa 1.000 vor Christus) vollständig überliefert. Es fand in Asien weite Verbreitung, wobei noch umstritten ist, ob das System von den Indern oder von den Chinesen abstammt. Dagegen ist klar, dass die Araber noch in vorislamischer Zeit das System der Mondhäuser übernommen und mit 28 Mondhäusern umgebildet haben.

Die Stellung des Mondes in den Nakshatra spielt in der indischen Astrologie eine wichtige Rolle. So ist – anders als in der westlichen Astrologie – nicht die Sonne als bevorzugter Himmelskörper anzusehen, sondern der Mond. Seine Position im Horoskop zeigt in dieser vedischen Wissenschaft den eigentlichen Geburtsstern und seine damit verbundenen Bedeutungen an. Und die Monate im hinduistischen Mond-Sonne-Kalender sind nach den zwölf Stationen des Mondes Monat.

108 wichtige Chakren

Auch bei den Energiebahnen und Chakren des menschlichen Körpers messen laut „Yogawiki“ indische Lehren und Schriften der Zahl 108 eine große Bedeutung bei. Die Schriften sprechen von 72.000 Energiekanälen, welche die Chakren verbinden. Jeder Kreuzungspunkt von Energiebahnen ist ein Chakra. So kommt der Körper in Summe auf mehrere 100.000 Chakren.

Von diesen gelten jedoch 108 als besonders wichtig. Im Ayurveda spricht man von 108 Druckpunkten, die auch Marmas genannt werden. Das sind eben diese 108 Chakren. Diese sind für verschiedene körperliche Wirkungen von Bedeutung. Somit spiegelt die Zahl 108 die Verknüpfung des menschlichen Körpers mit dem Kosmos wider.

Als Symbol dafür entwickelten sich vorrangig im Buddhismus und Hinduismus Gebetsketten. Diese sogenannten Malaketten bestehen traditionell aus 108 Perlen. Auch viele andere Religionen bedienen sich dieser Gebetsketten.

Die 108 in der Architektur

Im 8. Jahrhundert haben die damaligen Inder im Westen ihres Landes diese besondere Zahl auch in der Architektur verewigt. So enthält der Eklingji-Tempelkomplex – ein Hindu-Tempel in Udaipur – Rajasthan, in seinen hohen Mauern 108 einzelne Tempel. Eklingji gilt als der wiedergeborene Gott Shiva, der Schutzgott der Fürsten von Mewar. Der Eklingji-Tempel befindet sich in einer Schlucht etwa 23 Kilometer von Udaipur entfernt.

Darüber hinaus haben viele buddhistische Tempel 108 Stufen, die die 108 Schritte zur Erleuchtung darstellen. In Japan wird in zenbuddhistischen Tempeln am Ende des Jahres eine Glocke 108 Mal geläutet, um einen Zyklus zu beenden, der als Erinnerung an die 108 irdischen Versuchungen dient, die ein Mensch überwinden muss, um das Nirvana zu erreichen.

Auch das berühmte Steinmonument Stonehenge verbirgt diese mystische Zahl. Dessen „Sarsen“-Kreis hat einen Durchmesser von 33 Metern – also 108,268 Fuß. Im mittelamerikanischen Belize wurde der Hohe Tempel von Lamanai in der Zeit der Mayas in einer Höhe von 108 Fuß über dem Meeresspiegel errichtet. Auf derselben Höhe befindet sich auch der Tikal-Tempel in Guatemala. Und im Tempel von Kukulkan in Chichén Itzá in Mexiko soll es laut Archäologen eine zweite Pyramide geben, die 108 Fuß breit ist.

Spirituelle Vollendung

Im Yoga bezieht sich die Zahl 108 laut dem Portal „Wanderlust“ auf die spirituelle Vollendung. Zudem werden die sogenannten Pranayama-Atemübungen oft in 108 Zyklen durchgeführt und die Sonnengrüße enthalten neun Runden der zwölf Körperhaltungen – insgesamt 108. Die alten Yogis glaubten, dass wir uns durch das Praktizieren von Gesang, Atemübungen oder Asanas (überwiegend ruhende Körperstellungen im Yoga) im Vielfachen dieser heiligen Zahl an den Rhythmus der Schöpfung anpassen und letztendlich unseren eigenen Zyklus der Reinkarnation vollenden können.

In nahezu allen spirituellen Lehren jenseits der traditionellen yogischen Texte taucht die Zahl bei der Suche nach der Erlösung ebenfalls auf. So sollen Hindu-Gottheiten 108 Namen und Indien 108 heilige Stätten haben. Des Weiteren soll es im Jainismus – einer indischen transtheistischen Religion – 108 Tugenden geben. Im tibetischen Buddhismus ist die Rede von 108 Versuchungen. Auch im Tai-Chi konnte sich die Zahl verewigen. Bei einigen Formen dieser in China entwickelten Kampfkunst werden 108 Züge durchgeführt.

Diese besondere Zahl soll uns an das Wunder des Lebens und die Verbindung des Menschen mit dem Universum erinnern. Man könnte es auch mit den Worten des italienischen Astronomen und Mathematikers Galileo Galilei ausdrücken: „Mathematik ist das Alphabet, mit dessen Hilfe Gott das Universum beschrieben hat.“



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