„Der Mensch ist mehr als ein biochemisches Gewitter“

Bernard Jakoby gilt als der Experte der Sterbeforschung im deutschsprachigen Raum. Mit der „Epoch-Times“ führte er ein Gespräch über seine Erkenntnisse über das Leben nach dem Tod, Nahtoderfahrungen und Nachtodkontakte.
Titelbild
Der Tod eines geliebten Menschen hinterlässt seine Spuren. Für Jakoby ist es wichtig, dass die Menschen darüber reden können, was sie selber erlebt haben und was sie beschäftigt.Foto: Josef Jelkic/The Epoch Times

Im Café des Kulturhauses Schwartzsche Villa im Südwesten Berlins, treffe ich mich mit Bernard Jakoby. Das stille Ambiente des als Sozialprojekt geführten Cafés mit Blick auf den zur Villa gehörigen Park mit dem schönen, alten Baumbestand passt an diesem nachdenklich stimmenden Novembertag zu unserem Gesprächsthema.

Bernard Jakoby blickt zurück, darauf wie alles begann. Das Thema hatte ihn stets fasziniert. Jakoby war Abiturient als der heutige Klassiker der Sterbeforschungsliteratur von Dr. Raymund Moody „Leben nach dem Tod“ erschien. Zeitgleich wurden Anfang der Achtzigerjahre drei einstündige Fernsehsendungen der Pionierin der Sterbeforschung in Deutschland, Dr. Elisabeth Kübler-Ross, ausgestrahlt, in denen sie über ihre Forschungen und Erfahrungen mit sterbenden Menschen berichtete. Er fühlte sich in seiner Ahnung bestätigt: Das Leben nach dem Tod, die Weiterexistenz des Geistes, unabhängig vom physischen Körper ist eine Tatsache.

Wenige Jahre später, 1986, erkrankte Jakobys Mutter unheilbar an Krebs. Parallel dazu wurde bei seinem Vater 1988 ebenfalls Krebs diagnostiziert. Die folgenden vier Jahre vor dem Tod der Eltern, die kurz nacheinander starben, beschreibt Jakoby als ungemein festigend und intensiv, insbesondere die letzten zwei Jahre vor dem Tod, die begleitet waren von Notoperationen und Chemotherapien.

Die Nacht vor dem Tod seiner Mutter wachte Jakoby an ihrem Bett. In den frühen Morgenstunden wurde er vom Bruder abgelöst. Als am Vormittag der Tod nahte, rief ihn der Bruder um viertel vor Elf an.

Jakoby fuhr mit dem Wagen zurück zum Krankenhaus. Als er an einer Ampel halten musste traten ihm mit einem Mal die Tränen in die Augen und ihn überkam eine unbeschreibliche Welle der Erleichterung, der Freude und des Glücks. Als er sieben Minuten später das Krankenhaus erreichte, war die Mutter bereits verstorben, exakt zu dem Zeitpunkt, als es an der Ampel zu der intensiven Empfindung kam. Für ihn wurde dieser Moment zum ausschlaggebenden Schlüsselerlebnis. Er wollte genauer wissen, was passiert, wenn der Mensch stirbt.

Es folgte eine Zeit intensiver Trauer. 1994 dann zog er dann nach Berlin, um sich fortan durch die empirische Sammlung von Informationen seinen Forschungen zu widmen. Jakoby begann Menschen zu suchen, die Nahtoderfahrungen hatten und die von Nachtodkontakten berichteten.

„Berlin“, so Jakoby „bietet hierfür ein weites Feld, wenn man offen ist für derartige Sachen.“ Er annoncierte in den Zeitschriften Zitty und Tip und initiierte Gesprächsrunden für Interessierte und Betroffene.

Mit der Zeit fasste er Fuß in Berlin, arbeitete als Sterbebegleiter und bekam Kontakte zur Esoterik-Szene, wo er auf die Menschen stieß, die wie er – ausgelöst durch Erfahrungen, denen wissenschaftlich wegen Vorbehalten und Anschauungen nicht hinreichend nachgegangen wird – auf der Suche nach Antworten waren.

Das neue Buch von Sterbeforscher Bernard Jakoby „Hoffnung auf ein Wiedersehen“, in dem er die Prozesse des Sterbens durchleuchtet und praktische Ratschläge für Hinterbliebende gibt, erscheint im Januar 2010.Das neue Buch von Sterbeforscher Bernard Jakoby „Hoffnung auf ein Wiedersehen“, in dem er die Prozesse des Sterbens durchleuchtet und praktische Ratschläge für Hinterbliebende gibt, erscheint im Januar 2010.Foto: Zur Verfügung gestellt von Bernard Jakoby

Jakobys Renommee nahm zu durch die Ernsthaftigkeit seiner Forschungen. Er gab seine ersten Seminare zu diesem Thema. In seinen Seminaren „Was geschieht, wenn wir sterben?“, brachte Jakoby Menschen, die Erfahrungen mit sterbenden Anverwandten gemacht oder aus eigenen Erfahrungen heraus Interesse an der Thematik hatten, miteinander ins Gespräch. Sie hatten dort die Möglichkeit über das zu sprechen, was ihnen am Herzen lag. Insofern waren die Themen durchaus variabel, es konnte sich um den Sterbeprozess handeln, es konnte um Nachtodkontakte aber auch um Suizid und plötzlichen Tod gehen. „Ich möchte, dass die Leute sich sozusagen erst mal outen, warum sie gekommen sind. Das fügt sich dann erstaunlicherweise immer sehr harmonisch in den Gesamtkontext.“ Ihm war vorrangig wichtig, dass die Menschen selber über das reden konnten, was sie erlebt hatten und was sie beschäftigte. Deswegen, so Jakoby, kamen sie auch. Die in der Gesellschaft fehlende Offenheit, in der das Thema weitgehend tabuisiert behandelt wird, fanden sie hier.

Das Bedürfnis der Menschen, sich über Erfahrungen und Erlebnisse mit dem Jenseits auszutauschen riss nicht ab. Nach einem Artikel auf der Titelseite der Berliner Morgenpost im September 1997 erhielt er über 300 Anrufe. Mehrfach besuchte er Elisabeth Kübler-Ross, mit der er mehrere Interviews führte, die in verschiedenen Fachzeitschriften veröffentlicht wurden. Kübler-Ross diktierte ihm – nachdem sie seit 1995 insgesamt drei Schlaganfälle erlitten hatte – begeistert das Vorwort zu seinem ersten Buch „Auch Du lebst ewig – Ergebnisse der modernen Sterbeforschung“, das im Jahr 2000 veröffentlicht wurde und bald zu einem Bestseller avancierte.

Eines von Jakobys Zielen ist es, das Wissen, das es bereits über den Sterbeprozess, den Tod und die Weiterexistenz des Bewusstseins gibt, zu verbreiten. „Solange das nicht im Massenbewusstsein der Menschen vorhanden ist, solange werde ich weiterhin ähnliche Bücher schreiben, auch wenn mir Kritiker vorwerfen mögen, es würde sich alles nur wiederholen. Es kann sich auch nur wiederholen. Man kann ja diese Grundvorgänge nicht verändern. Das ist ein universales Wissen, da kann man nichts dazu dichten oder weglassen.“

Urgrund religiöser Betätigung

Das Wissen über den Sterbevorgang, den Tod und den Übergang in die jenseitige Welt, führt Jakoby aus, gibt es ja nicht erst seit dreißig Jahren; es ist Bestandteil der menschlichen Kultur, seit allen Zeiten und Urgrund jeglicher schamanischer und religiöser Betätigung. Der Schamane geht in der Meditation über die Todeslinie, um Informationen aus der jenseitigen Welt zu erlangen. Der Übergang wird sowohl in daoistischen Schriften dokumentiert als auch im ägyptischen und im tibetischen Totenbuch. Im babylonischen Gilgamesch-Epos wird der Übergang eines Freundes des Helden in der gleichen Abfolge beschrieben, wie wir sie von den Nahtodesberichten aus Moodys „Leben nach dem Tod“ kennen: nach einem Gang durch einen langen und dunklen Tunnel geht der Verstorbene in ein gleißendes Licht ein und wird paradiesischer Landschaften ansichtig.

Außerkörperliche Erfahrungen, wie wir sie in zeitgenössischen Berichten finden, finden sich auch in der Bibel wieder, zum Beispiel in der außerkörperlichen Erfahrung des Apostels Paulus. Sicherlich sind diese Berichte kulturell und historisch eingebunden und in die jeweilige Religion eingepasst. Entkleidet man sie jedoch, kommen immer die uns bereits bekannten und in der Abfolge gleichen Vorgänge zum Vorschein.

Das grundlegende Problem heutzutage ist jedoch, dass unsere Gesellschaft nicht offen ist für diese Dinge. Laut Jacoby geht es immer um den einen Punkt, dass der Mensch – sobald er einmal die beobachtbaren Vorgänge akzeptiert und den vielfältig vorhandenen Berichten Beachtung schenkt –im Folgeschritt auch die Existenz eines Lebens nach dem Tod sowie die Existenz einer liebenden Gottheit bejahen muss und damit auch seine Verantwortung für das Ganze und sich selbst.

„Das ist genau das, was der Sterbeprozess eigentlich reflektiert: dass wir mit den ganzen unerledigten Dingen unseres Lebens absolut konfrontiert werden. Und das will man dort draußen nicht so gern hören. Im Moment des Todes sind Sie wie ein offenes Buch. Es gibt dann kein Herumlavieren mehr und kein ‚der hat an dem Schuld und die ist daran schuld‘. Nein, sie sind komplett auf sich selbst zurückgeworfen, und das ist auch genau der Grund, weshalb manche Menschen leicht sterben und manche schwer. Je mehr Unerledigtes sich anstaut, desto schwieriger gestaltet sich der Sterbeprozess. Derzeit ist es eines der größten Tabuthemen, dass bei den sterbenden über Achtzigjährigen der unverarbeitete Zweite Weltkrieg an die Oberfläche tritt.“

Kontakte aus dem Jenseits bei unerledigten Dingen

Gravierend empfindet Jakoby vor allen Dingen, dass das Wissen um das Sterben bereits vorhanden und gut dokumentiert ist, jedoch im Leben nicht umgesetzt wird. Zum Beispiel sollte eine gezielte Vorbereitung auf den Tod nicht erst beginnen, wenn der „Ehemann bereits im Krankenhaus liegt“, sondern viel früher. Die meisten seiner Seminarbesucher kommen erst, nachdem sie einen Todesfall miterlebt haben oder von einem Ereignis überwältigt sind und damit nicht mehr umgehen können.

Insbesondere die weite Verbreitung der berichteten Nachtodkontakte – also Kontaktaufnahmen des Verstorbenen mit den noch Lebenden – empfindet Jakoby als alarmierendes Zeichen der Zeit, da es meistens bei diesen Kontakten um noch unerledigte Dinge geht.

„Solange wir Groll hegen gegen einen Verstorbenen, solange wir negative Gedanken über jemanden haben, solange wird er selber nicht frei. Deswegen ist Vergebung auch so wichtig und deswegen sehnen sich so viele Sterbende auch in den letzten Tagen noch nach Aussöhnung. Plötzlich können Menschen ihren Sterbeprozess stoppen; wenn sie zum Beispiel wissen jetzt kommt der Sohn aus Amerika und das dauert eben noch drei Wochen, dann ist es so wichtig, dieses eine Gespräch zu führen, damit der Sterbeprozess aufgehalten wird. Daran kann man sehen, wie wichtig Vergebung ist. Weil die Bilder des Lebens an die Oberfläche des Bewusstseins treten, können die Menschen plötzlich die größeren Zusammenhänge sehen. Das ist ja schon ein geistiges Geschehen. Und die Verhärtungen fallen weg.“

Dies geht einher mit einem als sehr rapide empfundenen Wandel, zum Beispiel einer extrem rascheren Abfolge von Ereignissen und einer Zunahme geistiger Erlebnisse bei den Menschen. „Ich habe das Gefühl, dass derzeit in einer Woche das passiert, was früher nicht in zwei Jahren passiert ist.“ Dementsprechend komprimiert und effektiv geht Jakoby auch seine derzeitigen Themen an, insbesondere seine letzten Arbeiten wie die „Gesetze des Jenseits“, in denen es mehr um die inneren Prozesse des Menschen allgemein, als um die Sterbesituation geht.

„Das sind genau diese Prozesse, in denen der Mensch wieder begreift, dass er eine Seele hat, nicht dass er eine Seele ist. Und dass es sinnvoll ist, den Kontakt zur eigenen Seele, von der wir unsere Impulse bekommen, auch wieder zu suchen. Das ganze Wissen, das ich verbreite, ist grundsätzlich in jedem Menschen vorhanden. Die innere Stimme haben wir alle. Das ist etwas, das man bei vielen Menschen erst wieder herausschälen muss. Sie spüren es dann schon, wenn es wirklich darauf ankommt. Das ist ein Bereich, der meine Arbeit derzeit erweitert – in geistige Themen hinein.

Wir werden das Jenseits mit letzter Sicherheit nie wissenschaftlich nachweisen können. Sterben und Tod werden ab einem bestimmten Punkt mit Sicherheit ein Mysterium bleiben. Aber wenn man diese grundsätzlichen Vorgänge beim Sterben beobachtet, wenn man das selber erlebt hat, dann weiß man einfach, dass es nicht nur den körperlichen Aspekt, sondern auch einen geistigen Aspekt gibt, der viel wichtiger ist. Es gibt quasi das feinstoffliche Geschehen. Und das haben ja im Grunde genommen die Menschen auch zu allen Zeiten sehen können.

Ich denke, dieses Wissen muss in die Schulen hinein. Dieses Wissen muss in die Universitäten und Hospize. Wenn der Mensch den Geist abstreitet oder die Seele, wenn der Mensch nicht begreift, dass er ein geistiges Wesen ist, dann hat alles keinen Sinn.

Was belebt uns denn? Das ist doch der göttliche Funke in uns. Das ist die Liebe und es ist der Geist. Und der Geist steht über dem Verstand. Aber wir haben den Verstand über den Geist gestülpt, sodass wir ihn gar nicht mehr spüren und wie tot nur noch äußeren Dingen nachlaufen. Diese spezifische Verbindung aus Liebe und Geist, diese innere Stimme, das ist doch das, wonach wir uns alle sehnen, was wir hier aber meistens nicht finden.“

Im Januar erscheint das Buch „Hoffnung auf ein Wiedersehen“ für Hinterbliebene, in dem Jakoby aus der Perspektive der Trauernden die Prozesse des Sterbens durchleuchtet und ihnen praktische Hilfestellung an die Hand gibt. Ein weiteres Buch – voraussichtlich mit dem Titel „Energie der Liebe“ – wird ebenfalls 2010 veröffentlicht.

Informationen und Kontaktmöglichkeiten mit Bernard Jakoby finden Interessierte unter

http://sterbeforschung.de/

 

 



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